Review: HRAST – Beyond the ethereal horizon

HRAST – Beyond the ethereal horizon // © 2021 HRAST

Deutsche Black Metal-Bands und kein Ende: Dieses Review ist nun bereits das sechste (fast) in Folge, in dem eine heimische Gruppe gefeatured wird. Was ich in dieser Kontinuität nicht einmal bei den deutlich kürzeren Plattenvorstellungen auf Facebook verzeichnen kann. Black Salvation selbst feiert dieser Tage sein bereits fünfjähriges Bestehen und daher ist es nur konsequent, wenn wie schon beim allerersten Review (Stygian Temple) dieses kleine Jubiläum ebenfalls mit einheimischen Musikern gefüllt wird. Was witzigerweise purer Zufall ist, denn eigentlich sollte das Review einer schwedischen Band kommen – mit dem war ich qualitativ jedoch noch nicht zufrieden, so dass nun die Bayern HRAST eine Woche nach vorne gezogen wurden. Die haben bereits im September vergangenes Jahr zunächst rein digital ein bombenstarkes Debüt veröffentlicht, das nun endlich auch ein physisches Format bekommen hat. Was „Beyond the ethereal horizon“ so herausstellt, das erläutere ich euch nun wie gewohnt ausführlich in den folgenden Absätzen.

In der Vergangenheit dürfte sich bei dem einen oder anderen Leser bestimmt der Gedanke gefestigt haben, dass ich in meiner Meinung hinsichtlich Atmospheric Black Metal ziemlich picky bin. Sprich streng in der Auslegung von dessen Genregrenzen. Und da kommen nun HRAST daher, ich lese in der Stilbezeichnung den Begriff „Atmospheric“ und ich muss zunächst tief Luft holen, geräuschvoll und genervt ausatmen und mich erstmal über die Empfehlung dieses Albums wundern. Dann der erste Blick aufs Cover, das jedoch schnell das Interesse weckt. Fragt mich nicht wieso, aber irgendwie hatte ich des Artworks wegen plötzlich Assoziationen zu Limbonic Art im Kopf. Die wurden allerdings auch recht schnell wieder dahingefegt – und das hängt mit einem unfassbar epischen Einstieg in das Album zusammen. So baut das zunächst nur von einem Klavier begleitete Intro „Echoes“ eine wunderbar melancholische Stimmung auf, die durch das nach und nach einsetzende, flirrende Riffing noch verstärkt wird. Der anschließende Opener „These woods crush omnipresence“ nimmt das vorherige Thema auf und verwandelt die folgenden Minuten in ein Wechselspiel aus epischer Schwärze, wehmutsvollem Schimmern eines einzelnen Lichtstrahls in weiter Ferne sowie kraftvoller Musikalität. Generell trifft dies auf jeden einzelnen Song des Albums zu; doch gerade dieser unerwartet starke, emotionale Einstieg ist überraschend.

Hier zeigt sich auch, dass eine Stärke des Songwritings in der kitsch- und pathosbefreiten Verwendung emotional gefärbter Gitarrenläufe liegt; ein Punkt, dessen Gegenteil mir bei den meisten „Atmospheric“-Bands seit langem sauer aufstößt und mich nur noch mit äußerster Vorsicht dem Subgenre nähern lässt. Hier passt jedoch alles: Die Band nimmt sich Zeit, ihre Songs aufzubauen und lässt gefühlt für den Großteil der Songs den Instrumenten den Vorrang. Die angegrowlten Vocals haben durchaus Kraft und passen definitiv besser ins Konzept als das sonst übliche Kreischen. Und obwohl ich damit vielleicht komplett falsch liegen könnte, so empfinde ich sie doch eher als zusätzliches Instrument denn als dominierendes Element. Die Varianz innerhalb der einzelnen Tracks ist dabei eine weitere Stärke: Obwohl man selten die melancholische Grundstimmung verlässt (am offensichtlichsten im Mittelpart in „The winds which may haunt thee“), bleibt jeder Part spannend und nur bis zu einem gewissen Grade vorhersehbar. Ich nenne dies jetzt einfach mal „musikalisches Worldbuilding in engen Subgenre-Grenzen“…

Bevor ich abschließend zum Fazit komme, stelle ich drei Dinge noch gesondert heraus: Zum einen die nur spärlich eingesetzten Keyboards. Im Gesamtkontexts des Albums betrachtet, fallen diese ob ihres nur dezenten Einsatzes kaum auf, so dass die Atmosphäre alleine durch das Zusammenspiel aller Komponenten aufgebaut wird. Des Weiteren die Pianoarbeit im Intro, im Interludium „Nav“ sowie im Outro „Elysium“, die zu den wundervollsten gehört, die ich je in Verbindung mit extremem Metal vernommen habe. Drittens noch den Abschlusstrack „La mort de l’hiver“: Der zeigt nicht nur, wie gut sich die französische Sprache für Black Metal eignet (und hier spricht einmal nicht die Französin aus mir, sondern einfach ein sprachbegeisterter Mensch), sondern vor allen Dingen, wie perfekt man alle ein Album ausmachende Elemente in einen Track packen kann. Ich bin restlos begeistert!

Zugegeben, ich bin auf meine anfängliche Voreingenommenheit nur der Genrebezeichnnung wegen nicht sonderlich stolz. Zum Glück ist meine Neugier hinsichtlich Musik immer größer als permanente Ablehnung nur eines Vorurteils wegen, sonst wäre mir wahrscheinlich ein verflucht spannender Release entgangen. HRAST haben mit „Beyond the ethereal horizon“ ein wahrlich bemerkenswertes Debüt veröffentlicht, das atmosphärischen Black Metal so abwechslungsreich wie episch und so kraftvoll wie musikalisch spannend darbietet, wie man es nur in Ausnahmefällen erlebt. Eine Band also, die man unbedingt im Blick behalten und ein Album, dem man definitiv seine volle Aufmerksamkeit schenken sollte! PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten

Erschienen ist „Beyond the ethereal horizon“ zunächst am 02.09.2021 digital im Eigenvertrieb und ist seit 28.01.2022 auch als hochwertiges Digipack via Wolfsgrimm Records erhältlich.

HRAST // © 2021 Hrast

HRAST – Beyond the ethereal horizon
Atmospheric Black Metal from Germany
Independent / Wolfsgrimm Records
Running time: 61:41 minutes
Release date: September 2nd, 2021 (digital) / January 28th, 2022 (CD)

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Review © 2022 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation

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