Einer der Nachteile des Vollzeitberufes neben dem Leben als Schreiberknecht (so wie in meinem Falle im Steuerbereich) ist es, dass einem pro Tag ca. zehn Stunden Zeit fehlen, in der man sich nicht mit Musik beschäftigen kann. Meine Güte, es tauchen in den letzten paar Jahren so viele neue Bands auf, dass man da kaum noch hinterherkommt! Von daher bin ich auch immer ganz froh, wenn mir ein klitzekleines bisschen die Sucherei erspart wird und Bands direkt an mich herantreten (Danke, J.R.!). Momentan ist in den allerseltensten Fällen wirklich Ausschuß dabei, eher ist das Gegenteil der Fall. Denn selbst wenn ich Reviews ablehne, liegt das in den allermeisten Fällen am fehlenden Zugang zur Musik oder auch schon mal an Zeitproblemen. Neben dem Anspruch, nur Bands und Alben zu besprechen, die ich persönlich wirklich gut finde, nehme ich mir zudem für jede dieser Veröffentlichungen die nötige Zeit, so dass ich meistens sieben, acht Durchläufe benötige, bevor ich auch nur das erste Wort schreibe. Ich bin davon überzeugt, dass jeder, der sich ernsthaft mit Musik beschäftigt – und zwar genreunabhängig, sei es als Fan, Musiker oder auch als Teil der schreibenden Zunft – nur dadurch diese tiefe Verbundenheit entwickeln kann, wenn man dem, was man tut oder liebt, die nötige Zeit zur Entfaltung gibt. Dies bringt mich nun zu GARDEN OF SINNERS aus Bielefeld (und nein, ich mache jetzt keine Scherze über „die Stadt, die nicht existiert“), die im vergangenen Jahr mit „The Promethean act“ ihr Debüt veröffentlichten.
Denn das ist jede einzelne Minute eines jeden Hördurchlaufs wert! Nach dem kurzen „Intro“ steigt man in einen tiefschwarzen Bastard aus Black und Death Metal namens „Invocation“ ein, das seinen Namen zu Recht trägt: Aggressives, mahlendes Riffing trifft auf hochenergetisches Drumming und sehr variables Tempo, was schon diesen Opener spannend und abwechslungsreich macht. Die rauen, recht gut verständlichen Vokills tragen ihren Teil dazu bei, ebenso der knallige, aber nicht überproduzierte Sound. Speziell die alles zermalmenden Midtempo-Momente wie im folgenden „Obsidian mountains“ sind die große Stärke im Songwriting, die böse und unheilvoll daherkommen, aber niemals diese überbordende Negativität aufweisen wie gewisse Bands unseres allseits geliebten Tom Warrior. Im Gegenteil: Eher wirkt es so, als hätte der Schweizer eine Allianz mit Bands vom Schlage Behemoths begründet und herausgekommen wären GARDEN OF SINNERS. Man höre dazu einfach in „March through ashes“ hinein. Dunkel, getragen von interessanten Riffs, drückt sich der Track aus den Boxen heraus und erschafft dabei eine alles verschlingende Atmosphäre, bevor man in „House of God“ (nein, keine King-Diamond-Reverenz, zum Glück) das Tempo anzieht und beweist, das man eigenständig genug agiert, um dem Hörer gespitzte Lauscher zu verpassen. Denn eines merkt man spätestens an dieser Stelle. Die Songs wirken an sich sehr kompakt und aufs Nötigste reduziert, dennoch benötigt man einige Zeit, bis man sich vollends in sie hineingehört hat. Einen Downtempo-Brecher wie „Sulphur“ muss man erst einmal verdauen, der tiefschwarz und sehr ansprechend instrumentiert die Hölle über dem Hörer hineinbrechen lässt und langsam aber sicher seinen Willen zermalmt. Großartig! Ganz anders dagegen der Titeltrack „The Promethean act“, das ein pures Death-Metal-Manifest darstellt und dem Nacken über kurz oder lang tierische Schmerzen bereiten wird. Der Albumcloser „Mantra“ ist dann der große Höhepunkt: Schleppende Riffs und Drums, orientalisch anmutende Leads, wahnsinnig intensive Vocals und ein langsames Ausfaden am Ende beschließen ein starkes Album, dem Dauerrotation in der Anlage gewiss ist.
Was für ein großartiges Debüt! Schon wieder, ist man versucht zu sagen, aber was will man machen. Die „jungen Wilden“ gibt es eben nicht nur im klassichen Metal, sondern auch und gerade im Death Metal – ob nun mit schwarzer Schlagkante oder nicht. GARDEN OF SINNERS gehören schon jetzt zu der Sorte Bands, denen man das große Potential anmerkt, das in den Songs auf „The Promethean act“ aus jeder Note schimmert. Die 38 Minuten machen einfach großen Spaß und für die Zukunft würde ich mir persönlich wünschen, dass man lieber einen oder zwei Songs weniger aufnimmt, die übrigen dafür etwas mehr ausbaut. Das Songwriting schreit danach! Doch ob nun epische Länge oder wie hier kompakt und auf den Punkt kommend: Hier könnte etwas ganz Großes entstehen!! Daher: KAUFEMPFEHLUNG!!! +++ 8,5 / 10 Punkten
Erhältlich ist das Album digital via Bandcamp und als schickes Digipack über die Band.
GARDEN OF SINNERS – The Promethean act
Black / Death Metal from Germany
Independent
Running time: 38:11 minutes
Release date: September 7th, 2019 (all formats)
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Review © 2020 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation