Review: GRABUNHOLD – Heldentod

GRABUNHOLD – Heldentod // © 2021 Iron Bonehead Productions / Grabunhold

Es sind wahrlich seltsame Zeiten: Eine Pandemie zwingt die Menschen dazu, ihre sozialen Kontakte auf ein Minimum zu beschränken, was die Differenzen und Spannungen zwischen uns Menschen selbst im Bekanntenkreis wachsen lässt, da macht sich eine Black Metal-Band mit ihrem Debüt auf, die Herzen der Fans im Sturm zu erobern und sie in bessere Zeiten zurückzuführen. Was GRABUNHOLD bereits mit ihrem Demo und der folgenden EP andeuteten, führen sie auf „Heldentod“, ihrem diesen Freitag erscheinendem ersten Album, zu voller Blüte. Ich habe mich in der Vergangenheit ja schon des öfteren sehr positiv und euphorisch über das eine oder andere Erstlingsalbum ausgelassen (wozu ich auch heute noch stehe), was auch immer seine Berechtigung hatte. Doch was diese Dortmunder hier abliefern, ist nicht einfach nur ein exzellentes Album, sondern auch der ultimative Beweis, dass es eben DOCH möglich ist, hundertprozentig nach 1996 zu klingen, dabei jedoch keine Retro-Assoziationen zu wecken. Authentisch, das ist in diesem Zusammenhang das wohl beste Schlagwort. Und genau diese Authentizität ist es, die man aus jeder Note heraushört. Nein, man spürt sie regelrecht – und zwar ziemlich intensiv!

Schon das Akustikintro zum Opener „Wolkenbruch über Amon Sul“ hat exakt den gleichen Vibe, wie er auch vor 25 Jahren schon so manchem Album seine einleitende Stimmung verlieh. Sobald sich der Track jedoch entlädt und Riffs und Drumming im ordentlich angezogenen Tempo dem Songtitel Gestalt geben, brechen sämtliche Dämme. Die Truppe entwickelt einen Wirbelsturm an Energie, die vor Unbekümmertheit und Spielfreude nur so strotzt. Das variantenreiche Songwriting ist dabei natürlich das i-Tüpfelchen: Tempiwechsel, melodische Leads, der Wechsel von Black Metal-Vocals zur cleanen (und charmant unperfekten) Stimme: All das zeugt davon, dass die Musiker ganz genau wissen, was sie da tun. Zumal man diesem abwechslungsreichen Opener das sehr straighte und nach vorne ballernde „Hügelgräberhöhen“ folgen lässt. Auch hier sind es wieder in erster Linie die ausgezeichnet ausgearbeiteten Gitarrenläufe, die vor allen Dingen begeistern und die den Hörer fast schon wehmütig machen, da das Stück nur drei Minuten andauert.

Die erste Überraschung folgt auf dem Fuße: Mit „Trommeln in der Tiefe“ stellt man einen Track an eine sehr prominente Position, dessen Mischung aus mittelalterlichem Akustikflair, unterlegt von Dugeon Synth-artigen Keyboards im Hintergrund eine Ausnahmeerscheinung auf dem Album bildet, quasi den Ruhepol nach dem aggressiven Eröffnungsdoppel, und sich so harmonisch zwischen die restlichen Black Metal-Tracks einbettet, dass man dabei von Kunst an sich sprechen muss. Denn das eingängige und den ersten großen Höhepunkt bildende „Flammen und Schatten“ ist nicht nur ein Paradebeispiel für melodischen, rasenden Black Metal, sondern vollbringt das eigentlich nicht mehr mögliche Kunststück, den Hörer mit einem dicken Grinsen im Gesicht zurückzulassen – so als ob man zum ersten Mal mit Black Metal in Berührung kommt und von der ersten Sekunde an weiß, „das ist genau meins“!

Heldentum und Epik – das sind die wohl passensten Schlagwörter zum ebenfalls akustisch eingeleiteten „Morgenröte am Pelennor“. Es ist einfach großartig, wie man hier einen dichten Teppich aus epischer Atmosphäre mittels der Gitarrenarbeit und der Vocals webt und zusammen mit den Songtitel eine unverbrüchliche Einheit schafft. „Fangorns Erwachen“ ist anschließend wieder ein kurzer und kompakt nach vorne treibender Song, vielleicht ein wenig unscheinbar, aber dennoch auf einem Niveau, das andere vergleichbare Bands in dieser Intensität schwerlich toppen würden.

Ein ganz anderes Kaliber stellt „In tiefen Verliesen“ dar, dessen wütender und aggressiver Ton sich mit einer Hoffnungslosigkeit vermischt, die man beinahe schon beängstigend nennen darf. Wo man sich wenige Minuten zuvor noch auf lichtdurchflutenden Ebenen wähnte, wird man nun in ein lichtloses Loch geworfen, von Abscheulichkeiten bewacht, ohne Hoffnung auf ein Entrinnen. So geht Atmosphäre! Und genau so muss Abwechslungsreichtum auf einem Album aussehen. Wenn zu Beginn des Albumclosers „Der Einsamkeit letzter Streiter“ Stahl blankgezogen wird und man mit einem langsamen Riff einsteigt, sich das erste melodische Lead dazugesellt und die Drums im Marschrhytmus dazu spielen, weiß man als erfahrener Hörer gleich: Nun ist das Album zu Ende. Weit gefehlt, denn was man durchaus auch als Outro hätte verwenden können, ist hier nur der Auftakt für das große Finale, dass sich atmosphärisch am ersten Song des Albums orientiert (auch was die lange Spielzeit von fast neun Minuten angeht). Man changiert hier zwischen so ziemlich jedem Aspekt des Albums, räumt schnellen, melodischen, epischen und düsteren Momenten gleichviel Platz ein und lässt den Track schließlich mit dem gleichen einleitenden Marschrythmus und Lead ausfaden… Ein toller Ausklang für ein großartiges Album!

Nicht viele Bands schaffen es, den Hörer in bessere, weil unbekümmertere Zeiten, zurückzuschicken, als alles noch neu, aufregend und authentisch war, als es noch kein Schubladendenken gab und man auch im Black Metal „einfach sein“ konnte. Diese Unbekümmertheit und Wildheit, epische und auch hochmelodiöse Momente in ein Album einzuweben, ohne dabei an Aggressivität zu verlieren – die ist irgendwann verloren gegangen, erstickt vom Kommerz und im Underground später abgelöst durch eine okkultere, bösere und damit unangepasste Form. Seit einiger Zeit jedoch besinnt man sich wieder vermehrt auf die Ursprünge und besagte Vielfältigkeit im Genre, so dass auch Melodien im Black Metal endlich wieder den ihr angestammten Platz einnehmen dürfen, ohne dass man dies als „untrue“ bezeichnen würde. GRABUNHOLD setzen sich mit „Heldentod“ nun an die Spitze dieser Bewegung: Spannendes und mitreißendes Songwriting, pure Authentizität und Leidenschaft, eine großartige Produktion (rau, aber durchaus differenziert) und vor allen Dingen Songs, die dich vom ersten Hören an packen und nie wieder loslassen werden. Ich für meinen Teil bin hochgradig begeistert!!! PFLICHTKAUF!!! +++ 9/10 Punkten

Erscheinen wird „Heldentod“ diesen Freitag bei Iron Bonehead Productions als CD, 12″-LP sowie digital. Alle Infos zum Release gibt es wie gewohnt dann auch noch einmal auf der Facebook-Seite von Black Salvation.

GRABUNHOLD // © 2021 Grabunhold

GRABUNHOLD – Heldentod
Black Metal from Germany
Iron Bonehead Productions
Running time: 46:40 minutes
Release date: January 22nd, 2021 (all formats)

Iron Bonehead Productions Webshop
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Review © 2021 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation

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