TOTENWACHE – Der schwarze Hort

TOTENWACHE – Der schwarze Hort // © 2019 Totenwache

Tod den gläubigen Schafen, Sieg den Antichristen!

Ich kann sie förmlich spüren: Die hochgezogenen Augenbrauen so mancher Leser (und Leserinnen), die sich denken: Och nö, nicht schon wieder ein Review einer deutschen Black-Metal-Band mit einer ewig langen, moralischen Einführung. Jauchzet und frohlocket, ihr Skeptiker! Denn mittlerweile hat es sich wohl wirklich herumgesprochen, was im deutschsprachigen Black Metal überhaupt nicht von mir toleriert wird bzw. erst gar nicht auf Black Salvation stattfindet und welche Gründe das hat. Nein, vielmehr steigen wir diesmal direkt in das Review zum Debütalbum der Hamburger TOTENWACHE ein: „Der schwarze Hort“ ist wenige Wochen alt und bietet – soviel sei vorab gesagt – feinstes Geballer von der ersten bis zur letzten Minute. Was mich im Vorfeld jedoch ein wenig irritierte, ist die Tatsache, das die Band von vielen anderen Magazinen oder Blogs gepflegt ignoriert wird. Sicher, textlich ist man kompromisslos antichristlich und drückt dies oftmals auch ohne Umschweife bzw. ohne den Einsatz von Metaphern aus, was hier und da sicherlich für eine sehr plakative Sprache sorgt. Doch übersetzt man so manche Songs aus dem englischen oder norwegischen Sprachschatz ins Deutsche (gerade aus der Phase der ersten und zweiten Welle), dann lesen sich diese genauso einfach strukturiert. Daran sollte man sich also nicht aufhängen; nicht jeder Künstler soll und muss extrem hohe lyrische Ansprüche an sein Werk stellen, wenn die Einfachheit der Texte doch auch ein Spiegelbild der Musik an sich sein sollte.

Doch es sei zunächst einmal Entwarnung gegeben, falls jemand denken sollte, die Musik an sich wäre ebenso einfach aufgebaut wie die Texte. Dies ist nicht der Fall, obwohl es auf den ersten Höreindruck durchaus so wirken könnte, ballert man sich doch 56 Minuten lang durch wirklich erstklassigen Highspeed-Black-Metal. Wie immer liegt der Teufel (haha!) im Detail; und dass man sich mit dem Songwriting viel Mühe gegeben hat, das pflücke ich euch in den folgenden Zeilen Track für Track auseinander. Nach einem kurzen Akkustikintro folgt mit „Urteil:Niedergang“ der sehr energetische Opener, der die Marschrichtung dieses Albums wunderbar in acht kompakten Minuten präsentiert. Highspeed mit Midtempo-Einschlägen; abwechslungsreiches Riffing; solides, aber nicht langweiliges Drumming; fies keifende Vocals und eine ordentliche, wenn vielleicht auch ein wenig leise Produktion. Gerade die eiskalten Riffs skandinavischer Prägung, die mittlerweile jedoch durchaus zu den Trademarks im heimischen Black Metal zählen, haben einen großen Anteil am Reiz des Albums, wobei besonders die melodischen und etwas cleaneren Spuren absolut überzeugen können. Ein großartiger Einstieg, soviel ist sicher! „Galgenvögel“ ist da im Grunde die logische Fortsetzung, stellt man hier doch erst so richtig fest, wie gut die etwas rauere Produktion dem Material tut. Stellenweise ein klein wenig gemäßigter als der Opener ist die musikalische Nähe zu einer Band wie Nornír nicht ganz von der Hand zu weisen, sind die großen Erkennungsmerkmale beider Bands doch die abwechslungsreiche melodische Riff- und Leadführung sowie das sehr nach vorne treibende Songwriting. Die Hamburger sind in dieser Konsequenz jedoch noch eine Ecke kompromissloser unterwegs, was kleine Breaks wie in „Des Königs stolze Acht“ umso aufregender macht und die Spannung aufrecht erhält. Der Song an sich gehört zu den stärksten auf dem Album, alleine schon die vielen kleinen Nuancen im Drumming laden zum Immer-wieder-Anhören ein. So auch der Titeltrack „Der schwarze Hort“, dessen Grundstimmung (passend zum Thema) etwas düsterer gehalten ist und dadurch so manchen Bezug zu ganz alten Setherial aufkommen lässt, deren „A hail to the faceless angels“-Demo eine ganz ähnliche Stimmung transportierte (ja, ich bin wirklich so alt, dass ich mich daran noch erinnern kann). Der nahtlose Übergang aus dem Highspeed ins Midtempo ist dabei extrem gut gelungen, so dass sich die Tempiwechsel beinahe übergangslos präsentieren und der Nackenmuskulatur einiges abverlangen. Ein weiterer Höhepunkt des Albums, an denen es nun wahrlich nicht arm ist, ist „Der Heiler“, dessen wieder straight nach vorne treibender Rhythmus ein weiteres Mal das Potential unterstreicht, das dem Trio innewohnt. Hervorzuheben sind auch hier wieder die vielen spannenden Drumpatterns, die den einen oder anderen Hörer durchaus mit den Ohren schlackern lassen, ist man diese Vielfalt doch ansonsten eher nicht gewohnt in dieser Sparte des Black Metal. Mit „Die alte Legion“ findet sich im Anschluss ein Track, der wohl auf dem einen oder anderen Album den Closer markiert hätte, verbreitet er doch diese finale Stimmung, mit der andere Bands ihre Alben gerne beenden, indem sie noch einmal sämtliche Trademarks in einen Song packen. Nicht so TOTENWACHE: Denn mit „Todbringer“ folgt der zweitstärkste Track dieser knappen Stunde Spielzeit, dessen Mischung aus bösen und hymnischen, aber stets melodischen Riffs wie eine brutale und eiskalte Naturgewalt über den Hörer hereinbricht. Getoppt werden kann dies nur noch vom Albumcloser „Gloria Antichristi“, das in neun Minuten ein Feuerwerk an Riffs abbrennt, unterlegt von geschickt gesetzten Tempiwechseln, einer gleichermaßen epischen wie hymnischen Atmosphäre, die die Aussage des Reviewtitels mehr als nur würdig umsetzt. Soviel Intensität bekommen manche Bands nicht mal auf einem Album hin – ich bin extremst begeistert!

Eines steht unverbrüchlich fest: Ich bin ziemlich beeindruckt von dem, was TOTENWACHE auf „Der schwarze Hort“ da abgeliefert haben: Straighter, melodischer Black Metal mit jeder Menge Abwechslung, vielen interessanten Ideen und tollen Texten, die einfach Spaß machen. Neben Nornír und Magoth ist das Trio die wohl hoffnungsvollste Band im deutschen Underground, die hoffentlich bald die ihr gerecht werdende Reputation erhält. Denn genau das ist es, was die Szene braucht: Kompromisslose Künstler, die sich auf den ursprünglichen Spirit im Black Metal berufen und nicht irgendwelchen zweifelhaften Scheiß-Ideologien anhängen, die die Szene immer wieder in Verruf bringen. Ich für meinen Teil kann dieses Album all jenen empfehlen, die genau diese Art von Musik lieben und allen anderen sei zumindest ein offenes Ohr geraten. PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten

Erhältlich ist das richtig schicke und hochwertig aufgemachte Digibook (limitiert auf 500 Exemplare) via Bandcamp, wo es auch die digitale Version des Albums zu kaufen gibt. Ob es noch Exemplare des Tapes gibt, solltet ihr am besten direkt bei Worship Tapes anfragen, deren Edition auf 100 Exemplare limitiert ist und mit einem differierenden Artwork erschienen ist.

TOTENWACHE // © 2019 Totenwache

TOTENWACHE – Der schwarze Hort
Black Metal from Germany
Independent (CD & digital) / Worship Tapes (Tape)
Running time: 56:08 minutes
Release date: August 11th, 2019 (all formats)

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Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation

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