Es gibt Bands, die hat man im Grunde immer auf dem Schirm, obwohl sie weder oft auf Tour sind oder regelmäßig Alben veröffentlichen. Diese zieht man meistens dann aus dem Regal, wenn man gerade richtig Bock darauf hat und jedes Mal stellt sich das Gefühl ein, dass man dieses oder jenes Album viel öfter hören muss, selbst wenn die Releases regelmäßig in der Anlage rotieren. Das norwegische Blackthrash-Kommando NOCTURNAL BREED ist genau solch ein Fall: Deren Debüt „Aggressor“ schlug 1997 eine tiefe Schneise der Zerstörung durch die Szene und bis heute sind Songs wie „Rape the angels“, „Frantic aggressor“ oder „Maggot master“ eine Garantie für schweißtreibende Parties. Mit dem in Kürze erscheinenden sechsten Album „We only came for the violence“ will man erneut unter Beweis stellen, dass man auch nach 22 Jahren nichts von der Aggressivität der Anfangszeit verloren hat und immer noch genügend Potential und Relevanz aufweisen kann.
Bevor wir jedoch richtig ins Album einsteigen können, wird dieses noch von einem ziemlich apokalyptischen Intro eingeleitet. „Iron winter“ stellt dabei einen harten Kontrast zum blackthrashenden Opener „Choke on blood“ dar, das vom ersten Moment an wie ein wütender Orkan über den Hörer hinwegfegt und nicht den Hauch eines Zweifels daran aufkommen lässt, dass man nach wie vor zur Speerspitze des Genres zählt. Das wüste Riffing, die wie immer absolut manischen Vocals sowie das nach vorne treibende Drumming haben nichts von der Faszination verloren, die man das erste Mal vor über 20 Jahren verspürte. Das folgende „Nekrohagel“ knüpft nahtlos daran an und bietet einige der besten Riffs auf dem Album, was bei der Fülle an hochklassigem Material etwas heißen will. Denn sowohl der etwas rockigere Titeltrack „We only came for the violence“, das etwas mehr am Black als am Thrash aggierende „Frozen to the cross“ sowie das an die ersten Releases angelehnte „Desecrator“ prügeln unbarmherzig aus den Boxen und lassen einem kaum genug Luft zum atmen. Da ist das Interludium „Cannibalized by fear“ ein wohltuender Ruhepol – wenn auch nur ein kurzer. Mit „Sharks of the Wehrmacht“ haben NOCTURNAL BREED einen Midtempo-Stampfer vorgelegt, der mit zum Besten gehört, was die Norweger je auf Platte gebannt haben. Besonders die Dynamik hinsichtlich der Lautstärke ist geschickt gelöst: Hat man zunächst noch den Eindruck, der Track wäre eine Spur zu leise, reißt man die Regler zum Chorus hin ordentlich auf, nur um im folgenden diesen Wechsel für den Rest des Songs beizubehalten. Wer das unter Kopfhörern nicht gerade moderat hört, sondern lauter, dem werden definitiv die Ohren bluten. So muss das! Danach wird mit „Limbs of Gehenna“, dem eine Spur zu harmlosen „War Metal engine“, sowie dem wieder etwas rockigeren „Can’t hold back the night“ langsam zum letzten Angriff geblasen. Gerade letzterer Track hat einen so dreckigen Drive, dass er geradezu dazu einlädt, ihn beim Autofahren in voller Lautstärke aus der Anlage dröhnen zu lassen und dabei ohne Rücksicht auf Verluste das Gaspedal durchzudrücken. Den Abschluss schließlich läuten das kurz und knackig gehaltende „Bless the whore“ sowie das hymnische, im oberen Midtempo angesiedelte „A million mile of trench“ ein. Und gerade dieser Albumcloser zeigt, wieviel Erfahrung die Band sowohl als Individuen als auch in den jeweilgen Bandgefügen hat. Denn sieht man von den Vocals ab, hätte der Track auch im Death Metal oder im etwas epischeren Black Metal seinen Platz gehabt, je nach Stimmung der Instrumente. Das ist nicht nur absolut großartig und outstanding, sondern auch ein grandioser Schlusspunkt unter ein verdammt starkes Album!
Ich muss zugeben, dass ich nach dem etwas durchwachsenen Vorgänger „Napalm nights“ (2014) etwas skeptisch war: Nicht, dass das Album schlecht gewesen wäre – es hatte lediglich nicht den Impact der Vorgänger. Umso erfreulicher ist es, dass man mit „We only came for the violence“ wieder in die richtige Spur gefunden hat und ein wahres Fest an Black/Thrash-Hymnen vorlegt, die sämtliche Boxen zum Glühen bringen werden. Eine knallharte und klare Produktion, abwechslungsreiche Songs und wie der berühmte Arsch auf den Eimer passende, absolut wahnsinnige Vocals ergeben ein Album, das für das Genre aktuell verdammt relevant ist. Ein wenig Kritik muss aber dennoch sein: Mit gut 50 Minuten ist es zehn bis fünfzehn Minuten zu lang. Da wäre eine vorbereitende oder später veröffentlichte EP sinnvoller gewesen, auf die man zwei oder drei Tracks hätte auslagern können. Denn da das Energielevel so brutal hoch ist, ist man im letzten Drittel doch ein wenig ermüdet – unabhängig vom hochklassigen Songwriting. Da dies jedoch Kritik auf hohem Niveau ist, gebe ich dem Album die ihm gebührende Wertung. NOCTURNAL BREED sind diesen Sommer auf jeden Fall eines: PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten
Das Album befindet sich bereits im Vorverkauf und kann über den Webshop des Labels in den folgenden Formaten bestellt werden: Als reguläre CD im Jewelcase, als A5-Digipack-CD, als 12″-Doppel-LP, als 12″-Picture-Doppel-LP sowie als 12″-Doppel-LP in einer Holzbox. Digital wird das Album über den Bandcamp-Shop erhältlich sein. Alle Infos gibt es natürlich wie immer am Releasetag auf der Facebook-Seite von Black Salvation.
NOCTURNAL BREED – We only came for the violence
Black / Thrash Metal from Norway
Folter Records
Running time: 49:06 minutes
Release date: June 28th, 2019 (all formats)
Folter Records Webshop
Folter Records Bandcamp
Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation