Zu den Bands, denen man in nächster Zukunft das Wiederinstallieren des Symphonic Black Metals zuschreiben wird, werden definitiv VARGRAV gehören, die im letzten Jahr mit ihrem Debüt „Netherstorm“ quasi aus dem Nichts kamen und aus dem Stand viele Fans gewinnen konnten. Trotz oder gerade wegen der soundtechnischen Nähe zum Emperor-Debüt gelang dem finnischen Ein-Mann-Projekt ein starkes Album, auf dessen Nachfolger man gespannt wartete. Mit „Reign in supreme darkness“ erscheint dieses nun Ende April und bereits nach dem ersten Höreindruck durfte man erfreut feststellen, dass man sich durchaus weiterentwickelt hatte, ohne am ursprünglichen Konzept zu rütteln. Insbesondere am Sound hat man gefeilt: So klingt das zweite Album etwas druckvoller als das Debüt, auch wenn immer noch Luft nach oben bleibt; soviel Kritik muss schon sein dürfen, da eine Band wie Highland gezeigt hatte, dass auch eine fette Produktion nichts am Underground-Gedanken ändert.
Wie dem auch sei – fokussieren wir uns lieber auf das Wichtigste: die Songs! In die steigt man bereits wieder sehr eindrucksvoll mit dem verdammt symphonischen „Intro – Et in profundis mysteriis“ ein, das beinahe Soundtrack-Qualitäten aufweist und zeigt, über wieviel Gespür für ausgefeilte Songstrukturen Alleinkämpfer V-Khaoz verfügt. Denn das Soundgerüst ist nun noch ausgefeilter als auf dem Debüt: Schiebt man hier die genannten Vergleiche mit den Norwegern beiseite und konzentriert sich alleine auf den symphonischen Anteil, so ist das Niveau auf dem gesamten Album extrem hoch. So wohnt dem Opener „The glory of eternal night“ ein schwarzer Hymnus inne, der auch ohne Vocals fantastisch funktionieren würde. Das setzt sich in den folgenden „Dark space dominion“ und „In the streams from great mysteries“ in dieser Form fort, wobei gerade letzteres ein sehr vielschichtiges Soundgerüst erschafft, für das man den einen oder anderen Durchlauf brauchen wird, um dahinterzusteigen. Doch auch „As the shadows grow silent“ fährt eine gewaltige Soundwand auf, die man hier allerdings nur partiell einsetzt, was dem Album viel Atmosphäre verschafft und es vor Eintönigkeit bewahrt. Generell wirkt das komplette Songwriting viel durchdachter als noch auf dem Debüt, was ihm einerseits das chaotische Element nimmt, dies jedoch durch aufeinander aufbauende Schichten in den Songs wieder wettmacht. So ist „Crowned by demonstorms“ ein in weiten Teilen eher langsamer Song, dem man die ihm innewohnende Ruhe auch ohne weiteres abnimmt, bevor er sich tempomäßig wieder steigert. Mit die schönsten Melodieführungen hat „Godless pandemonium“, dass für mich der perfekte Song zum Einstieg wäre, müsste man die Band jemandem vorstellen. Punkt. Gut, nehmen wir als zweiten Anspieltipp noch das abschließende „Arcane stargazer“ hinzu, dessen Melodien und ruhige Parts dem Hörer einfach ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Hört sich für Black Metal komisch an? Ja, aber schöne Musik bleibt schöne Musik, trotzt Aggression und Dunkelheit, die natürlich auch über dem Album schweben, was man nicht vergessen sollte, zu erwähnen. Und dennoch lässt einen „Reign in supreme darkness“ mit dem Gedanken zurück, ein wundervoll gestaltetes Album genossen zu haben, von dessen Art man in den nächsten Jahren hoffentlich noch einiges mehr wird erwarten dürfen.
Zugegeben: Ich bin extrem froh, dass sich in den letzten ein, zwei Jahren doch auch wieder Bands bzw. Einzelkünstler auf die Stärken der 90er Jahre berufen, ohne dem Fehler zu verfallen, alles restlos ausschlachten zu müssen. Sicher: Einige von diesen sind von einem starken Underground-Gedanken beherrscht und das hört man den Releases auch an. Aber seien wir mal ehrlich an dieser Stelle: Durch die Digitalisierung wird es zunehmend schwieriger, an diesem Gedanken festhalten zu können. Seien wir doch lieber froh, dass Releases wie „Reign in supreme darkness“ das Licht der Welt erblicken und Künstler wie VARGRAV atemberaubend intensive Alben erschaffen, die trotz aller Reverenz vor den 1990ern vor allem eines sind: Fantastische Alben, die sich wirklich jeder anhören sollte, für den Black Metal nicht ausschließlich Ideologie darstellt, sondern in erster Linie durch das Songwriting definiert wird. Symphonic Black Metal, sei wieder herzlich willkommen! PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten
„Reign in supreme darkness“ wird sowohl auf CD, als 12″-LP auf schwarzem sowie königsblauem Vinyl und einer Glow-in-the-dark-Edition auf blauem Vinyl erscheinen und natürlich auch digital erhältlich sein.
VARGRAV – Reign in supreme darkness
Symphonic Black Metal from Finland
Werewolf Records / Hells Headbangers Records
Running time: 41:47 minutes
Release date: April 26th, 2019 (all formats)
Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation