TOTALITARIAN – Bloodlands

TOTALITARIAN – Bloodlands // © 2019 Shadow Records / Totalitarian

Es gibt wohl wenige andere Themen, die im Black Metal so kontrovers behandelt werden, wie Kriegsthematiken. Gerade, wenn sie die beiden Weltkriege betreffen, ist der Grat zwischen Verherrlichung und kompromissloser Auseinandersetzung mit diesen größten aller Schrecken nur sehr schmal. Extreme Musik bietet sich zwar ohne Zweifel auch für extreme Ansichten an, allerdings ist dies moralisch oftmals sehr fragwürdig, wenn man sich manche Releases oder gar so manche Aussagen von Musikern einmal genauer betrachtet. TOTALITARIAN sind sich dieses Umstandes wohl bewusst, weswegen man im Promomaterial ausdrücklich darauf hinweist, dass die Band zu Gesprächen bereitsteht. Von meiner Warte aus betrachtet ein Pluspunkt, da dies nicht viele ähnlich gelagerte Bands tun. Und warum auch nicht? Denn hinter „Bloodlands“, der in Kürze erscheinenden neuen EP, steht ein äußerst interessantes Konzept: 2010 erschien von einem Historiker der Yale University, Timothy Snyder, ein Buch mit dem Titel „Bloodlands – Europe between Hitler and Stalin“. In diesem behandelt der Autor, kurz gesagt, die von beiden Diktatoren zwischen 1930 und 1945 verübten Morde an unschuldigen Menschen, wobei er auf eine Zahl von 14 Millionen kommt, einschließlich der während der Schoa vernichteten Juden. Dieses Werk wird bereits jetzt als definitive Summierung des Terrors angesehen, der während dieser Zeit Europa heimsuchte und dient als grundlegende Lektüre für alle Interessierten, die sich mit dieser Phase europäischer Geschichte auseinandersetzen, zumal es keinerlei Wertung für oder gegen die eine oder andere Seite enthält sondern rein auf den vorliegenden Fakten aufbaut.

Auf diesem Konzept baut nun die EP auf, um die es ja eigentlich gehen soll. In kurzen und knackigen 26 Minuten bieten die Italiener einen starken Mix aus Black und Death Metal, der irgendwo zwischen Marduk, alten 1349 oder zuweilen auch Angelcorpse angesiedelt ist. Gerade der Opener „1933“, der das Tempo von „Panzer Division Marduk“ mit den irrwitzigen Riffs von Alben wie „Libertion“ oder „Beyond the apocalypse“ verbindet, ist dafür das beste Beispiel, während man in „On the wings of the great terror“ die genannten Death Metal-Heroen zitiert. Das klingt nicht nur nach brutaler Musik, das ist sie auch; denn allzu oft hintereinander kann man sich dieses Geballer nicht um die Ohren hauen lassen. Denn auch „Defeated, destroyed and divided“ schlägt dem Hörer mit solcher Wucht in den Magen, dass eine Kapitulation unmöglich ist. Besonders gut gefällt mir hier das Drumming mit der ausgiebigen Nutzung der Becken. Das bringt viel Farbe in den Bandsound und hebt ihn von anderen, stumpf vor sich hin trümmernden Gruppen ab. Auch „Liberators“ und „Of bullets and gas“ bilden da keine Ausnahme. Gerade letzteres beeindruckt; nicht nur der partiell eingestreuten Zitate von Adolf Eichmann wegens, die den Wahnsinn und Irrwitz der „Bloodlands“ weiter unterstreichen, sondern vor allem des kurz vor Schluss eingefügten männlichen Tenors, der dem Gesamtbild noch den letzten Tupfer Atmosphäre verleiht. Das Outro „Deathcult eternal“ schließlich lässt vermutlich jeden Hörer ziemlich nachdenklich zurück, dessen Fokus nicht nur auf guter, brutaler Musik liegt.

Was für ein Höllenritt! Die relativ kurze Spielzeit wird perfekt genutzt, um eine unfassbar intensive Atmosphäre zu kreieren. Das musikalische Niveau ist verdammt hoch und die Songs selbst sind in ihrer Machart alle recht unterschiedlich, obwohl man tempomäßig eine klare Linie verfolgt. Jeder, der mit den erwähnten Bands etwas anfangen kann und dem TOTALITARIAN bisher noch kein Begriff sind, sollte sich „Bloodlands“ groß auf den Einkaufszettel schreiben. KAUFEMPFEHLUNG!!! +++ 8 / 10 Punkten

„Bloodlands“ wird auf CD sowie digital erscheinen und ist zu beziehen über den Webshop von Lavadome (CD) bzw. der Bandcamp-Page der Band.

Und wer sich für das Buch selbst interessieren sollte (das ich persönlich auch jedem ans Herzen legen möchte), hier noch der Link zu Amazon:
https://www.amazon.de/Bloodlands-Europa-zwischen-Hitler-Stalin/dp/3406621848/ref=tmm_hrd_swatch_0?_encoding=UTF8&qid=1552814887&sr=1-3

Wer nicht diesen Mega-Konzern noch weiter unterstützen will, für den habe ich hier noch den Link zu Thalia, die zwar auch groß sind, aber immerhin noch Buchhandlungen im eigentlichen Sinne sind:
https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/ID28089221.html

Zum Abschluss noch für alle diejenigen, die klassich in die kleinen Buchhandlungen gehen (so wie ich), noch die Details zur Bestellung:
Timothy Snyder: Bloodlands – Europa zwischen Hitler und Stalin
Verlag C.H. Beck
ISBN: 978-3-406-62184-0

TOTALITARIAN // © 2019 Totalitarian

TOTALITARIAN – Bloodlands
Black / Death Metal from Italy
Barren Void Records
Running time: 26:01 minutes
Release date: April 12th, 2019 (all formats)

Barren Void Records Homepage
Lavadome Webshop
Totalitarian Bandcamp

Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation

Ein Gedanke zu „TOTALITARIAN – Bloodlands

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