Review: SILENT LEGES INTER ARMA – Ad plures ire

SILENT LEGES INTER ARMA – Ad plures ire // © 2022 Silent Leges Inter Arma

Es gibt Momente im Dasein als Metal-Fan, in denen man sich immer wieder mal vor Frust vor den Kopf schlägt, weil einem trotz der Passion für den Underground tolle Bands und Alben entgehen. Das jüngste Beispiel dieser unbeabsichtigten Betriebsblindheit sind die Rostocker SILENT LEGES INTER ARMA, die 2012 mit ihrem gleichnamigen Debüt bereits einen spannenden Release veröffentlichten und nun ihr zweites Album „Ad plures ire“ nachlegen.

War bereits das Debüt (das ich mir in den letzten Wochen ebenfalls ziemlich oft angehört habe) kein purer Black Metal, so hat man sich in den neuen Songs noch mal ein ganzes Stück weiter davon entfernt. Zwar schimmert der schwarzmetallische Kern immer noch deutlich durch, jedoch gleichen die sieben Tracks eher einer Reise in die düstersten musikalischen Gefilde des extremen Metal und weniger einem komplett genrezentrierten Exkurs. Aber werfen wir zunächst einen Blick auf das offensichtlichste Merkmal des Albums: Die klare, sehr organisch wirkende und dabei doch modern rüberkommende Produktion. Die Gitarren perlen sauber durch die Boxen, egal ob sie nur leicht angezerrt oder mit ordentlich Gain versehen sind. Selbst den Bass spürt man unterschwellig (Danke dafür!), wogegen besonders die Snare im Schlagzeugsound relativ trocken daherkommt. Dominiert werden die Songs allerdings jederzeit durch die kraftvollen Growls und wenn ich einen Kritikpunkt finden sollte, dann wäre das lediglich die für meinen Geschmack zu modern klickernde Bassdrum. Das ist jedoch Geschmackssache und Meckern auf hohem Niveau, weshalb dieser Punkt nicht mit in die weiter unten folgende Wertung einfließen wird.

Schaut man sich nun die Entwicklung des Songwritings seit dem Debüt an, so ist hier ein regelrechter Quantensprung zu verzeichnen. Schon das Erstlingswerk bot starke Songs, die jedoch hin und wieder noch etwas unstrukturiert wirkten, was die Verarbeitung verschiedendster Einflüsse und Ideen anbelangte. Dieses Manko wurde auf „Ad plures ire“ nun völlig ad acta gelegt: Vielleicht auch bedingt durch das textliche Konzept, dass sich dem Gilgamesch-Epos annähert, haben wir es diesmal mit einem schlüssigen und von vorne bis hinten durchdachten Album zu tun, dass sich grundsätzlich keinerlei Blöße gibt. Und im Gegensatz zu so vielen anderen Veröffentlichungen im extremen Metal herrscht hier keine sinnentleerte Brutalität vor, sondern es wird mit bedachtsamer und zielgerichteter Aggression ein Spannungsbogen aufgebaut und statt blutarmer Raserei wird dem Riff der Vorzug gegeben. Was im Zusammenspiel mit der eben erwähnten klaren Produktion ein Herausstellungsmerkmal ist, dem man als Hörer die verdiente Achtung zollen sollte. So changieren die klagenden Leads zwischen Melodie und Wehmut, die Drums drücken die Songs unaufhaltsam nach vorne und trotz des durchaus aggressiven Grundtons über weite Strecken des Albums versprüht dieses einen eher nachdenklichen Ton. Wer anhand dieser Beschreibung Vergleiche zu einer Band wie Mgla ziehen will, liegt allerdings nur bedingt richtig. Sicherlich ist die Stimmung der Songs eine ähnliche; jedoch sind die Rostocker im Gegensatz zu den Polen stilistisch etwas offener, so dass hier keine Verwechslungsgefahr aufkommt und man sich schon gar nicht Plagiatsvorwürfen stellen muss. Das Album ist somit kein Easy Listening für Zwischendurch, sondern ein anspruchsvolles Erlebnis, dem man die nötige Zeit geben muss, um komplett einzutauchen. Und dennoch – dennoch wohnt diesen Songs an vielen Stellen auch eine gewisse Leichtigkeit inne, für die ich persönlich zutiefst dankbar bin. Denn eben dieses Freiheraus-Musiziern, dabei anspruchsvoll und locker zugleich zu wirken, ist eine Kunst, der im extremen Metal leider immer weniger Beachtung geschenkt wird. Ich bin schwer begeistert!

Ehrlicherweise muss ich an dieser Stelle zugeben, dass ich nicht damit gerechnet habe, dass „Ad plures ire“ ein solch starkes Album sein würde. Sei es der Nachwirkungen der in den letzten Monaten überstandenen Depression wegen oder auch, weil sich deutsche (Black) Metal-Bands immer noch zu oft in altbekannten Genregewässern befinden und daher austauschbar klingen: Die Überraschung war verständlicherweise groß, als die CD das erste Mal in der Anlage ihre Runden drehte. Der positive Eindruck hat sich nach gut zwei Dutzend Durchläufen mit jedem weiteren verfestigt und einen sehr positiven Effekt bei mir hinterlassen. Doch auch abseits dieser persönlichen Wertung kann ich so objektiv wie möglich behaupten, das SILENT LEGES INTER ARMA einen hochwertigen und spannenden Release vorgelegt haben, der hoffentlich nicht nur Freunde extremen Metals anspricht, sondern auch alle, die ihren Blick konsequent über den Tellerrand schweifen lassen.
PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten

Erschienen ist „Ad plures ire“ im Eigenverlag als hochwertiges Digipack, von dem sich so manch andere Labelveröffentlichung eine dicke Scheibe abschneiden kann, sowie digital und ist erhältlich via BigCartel und Bandcamp.

SILENT LEGES INTER ARMA // © 2022 Silent Leges Inter Arma

SILENT LEGES INTER ARMA – Ad plures ire
Black Metal from Germany
Independent
Running time: 45:34 minutes
Release date: January 14th, 2022 (all formats)

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Review © 2022 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation

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