Wenn es hochkommt, sind es vielleicht eine Handvoll Debüts, auf die ich in den letzten Jahren so sehnsüchtig gewartet habe, dass die Ungeduld auf das Erscheinen nach Bekanntgabe des jeweiligen Releasedatums von Woche zu Woche immer mehr wuchs. Auf kein anderes Debüt war ich jedoch so sehr gespannt wie auf das der Schweden MALAKHIM. „Theion“ ist nun endlich erhältlich, so dass sich zwei Fragen gleich klären lassen. Zum einen, ob sich die Warterei denn gelohnt hat und zum anderen, warum diese Erwartungshaltung denn so groß war. Die erste Frage lässt sich unmöglich ohne die zweite beantworten, weshalb zunächst einmal geklärt werden soll, was diesen selbst ausgelösten Druck denn verursachte. Dazu müssen wir ins Jahr 2017 zurückgehen, als „Demo I“ wie eine Bombe in der Szene einschlug. So frisch, so authentisch und so überzeugend hatte schon lange keine Band mehr im traditionellen okkulten Black Metal agiert. Oberflächlich betrachtet hätte man auch sagen können, dass die schon lange von Watain verwaiste Spielwiese neu begrünt wurde. Jedoch trifft diese Betrachtungsweise zu kurz. Sicher, man haut musikalisch in die gleiche Kerbe, die genannte Vorreiter besonders mit „Sworn to the dark“ und „Lawless darkness“ geschlagen haben und sich spätestens damit unsterblich in der Szene machten. Allerdings zeichnete MALAKHIM etwas anderes aus, was deren Relevanz von Beginn an festigte: Das Songwriting schlug den Hörer von der ersten Sekunde an in den Bann, ohne groß auf ein Image zu setzen, was ja bei Watain stets eine wichtige Komponente war und ist. Und diese Authentizität führte nicht nur dazu, dass das Demo rasend schnell vergriffen war, sondern auch, dass Iron Bonehead Productions sich der Band annahmen und keine drei Monate später das Demo auf CD und etwas später auch als Vinyl nachschob. Mit der 2019 folgenden EP konnte man diesen Status noch festigen und sich als einer der hoffnungsvollsten Newcomer etablieren. Eine solide Grundlage war damit gelegt, was die Spannung auf ein vollständiges Album natürlich immer weiter antrieb. Spätestens ab dem Sommer 2020 war ich persönlich dann so ungeduldig, dass ich bei jedem neuen Promopäckchen des Labels stets die Finger kreuzte und hoffte, dass es endlich Neuigkeiten hinsichtlich dieses Debüts geben würde. Als es dann endlich so weit war und die Promo zu „Theion“ das erste Mal durch die Boxen schallte, war von der ersten Sekunde an klar: Ja, die Warterei hat sich gelohnt und die große Erwartungshaltung wurde vollständig befriedigt.
Denn sobald der Opener „There is a beacon“ seine ersten Takte ertönen lässt, wird der Hörer unwiderruflich in einen schwarzen Abgrund gezogen und verharrt dort die nächsten 41 Minuten. Rasendes, aber jederzeit nachvollziehbares und strukturiertes Riffing paart sich mit ebensolchem Drumming und setzt an genau den richtigen Stellen Breaks ein, um die okkulte Gewaltorgie spannend zu halten. Es ist bemerkenswert, mit wie viel Verve und Überzeugung man das Songwriting angegangen ist. Wo in einem Moment tiefste Schwärze herrscht, öffnet sich im nächsten das Firmament über dem Abgrund und man blickt in die Unendlichkeit des Kosmos und vergegenwärtigt die Vergänglichkeit allen Seins. Und das ist beileibe keine kleine Leistung in diesen ersten sieben Minuten. „Merciless angel of pestilence“ legt anschließend eine ordentliche Schippe Aggression obendrauf. In kompakten vier Minuten reißt dieses Monster sämtliche Eingeweide heraus, zerkaut sie und spuckt sie unverdaut wieder vor die Füße. Genauso muss man ein Album ansprechend eröffnen. Sein Pulver verschießt man allerdings beileibe nicht komplett, sondern fügt Track für Track weitere Nuancen hinzu. So ist „Slither o serpent“ eine pechschwarze Hymne auf die Weisheit der alten Schlange, die die Menschheit seit Beginn zu verführen trachtet und deren Gift Befreiung von den Ketten göttlicher Dogmen verspricht. Musik wie Text bilden eine unverbrüchliche Einheit, so dass sich die entsprechenden Bilder vor dem geistigen Auge verfestigen und mit in „Chalice of ruin“ hinübergezogen werden. Tempomäßig steht auch dieser Track den vorigen in nichts nach, so dass wir uns kurz auf die Vocals konzentrieren können: Die sind ausnahmslos grandios und verfügen neben einem ordentlichen Growl-Einschlag auch über Resonanzen, wie sie ein Attila Csihar nicht besser hinbekommen kann. Ich erwähnte ja schon in einigen früheren Reviews, dass mir im Black Metal die tieferen Vocals wesentlich mehr zusagen als das Gekeife und Geschreie früherer Zeiten (aka der Neunziger) so dass die Stimmlage von E genau ins Schwarze trifft. „His voiceless whisper“ startet mit einer Erhabenheit im Riffing, dass nur noch vom Übersong des Albums schlechthin, „The splendour of stillborn stars“, überboten wird. Dazwischen jedoch wird dem geneigten Hörer nochmals der Kopf abgeriss: „Hammer of Satan“ ist der kompromissloseste Track des Albums und dient somit der Vorbereitung und auch als Gegenpol zum Abschlussdoppel. „The splendour…“ dürfte vielen Lesern eventuell schon durch die Vorabauskopplung bekannt sein. Hymnische Riffs treffen auf aggressive Drumpatterns, ein Break baut zusätzlich Spannung auf, die sich im Zerbersten sämtlicher Atome entlädt. Flirrende Bilder entstehen vor dem inneren Auge, das Firmament scheint regelrecht zu atmen und einen Sog zu entwickeln, der dich aus dem Abgrund in höchste Sphären führen möchte. Der Albumcloser und Titeltrack „Theion“ macht dieses Gefühl jedoch gleich wieder zunichte. Das Firmament und die Schöpfung selbst stürzen in sich zusammen, was musikalisch im angezogenen Midtempo sein Finale findet und nichts als Asche zurücklässt. Beinahe jedenfalls, denn eines hat sich nicht geändert: der unwiderstehliche Drang, im Hier und Jetzt erneut auf diese musikalische Ausnahmereise zu gehen!
Je öfter ich das Album höre, umso tiefer tauche ich in dieses hinein. Jeder weitere Durchlauf (bisher dürften es etwa zwei Dutzend davon gewesen sein) offenbart immer mehr, wie groß die Relevanz und die Notwendigkeit einer Band wie MALAKHIM für die ganze Szene ist. Natürlich, okkulte Black Metal-Bands gibt es zuhauf – doch nur ein sehr geringer Prozentsatz davon versteht es wirklich, die pure Essenz dessen ans Tageslicht zu fördern, die uns als Fans restlos ausrasten lässt und der Band damit ein festes Standing verschafft. „Theion“ ist dafür der beste Beweis: Es lädt gleichermaßen dazu ein, „nur“ ein fantastisches Album abzufeiern und vollbringt gleichzeitig das Kunststück, den Hörer tief in das Geschehen hineinzuziehen. Dass man dabei weit ab von jeglichem Kommerzgedanken agiert, macht das Ganze nur noch sympathischer. Dank ausgefeiltem Songwriting, einer rohen, aber durchaus differenzierten Produktion und einer kompakten sowie stimmigen Atmosphäre schrammt „Theion“ nur ganz knapp an vollendeter Perfektion vorbei. Doch die werden wir auch noch erleben; soviel steht unverbrüchlich fest! PFLICHTKAUF!!! +++ 9,5 / 10 Punkten
Erschienen ist „Theion“ als CD (limitiert auf 500 Exemplare), digital sowie als 12″-LP auf schwarzem (400 Exemplare) und auf rot/schwarzem Vinyl (100 Exemplare) bei Iron Bonehead Productions.
MALAKHIM – Theion
Black Metal from Sweden
Iron Bonehead Productions
Running time: 41:01 minutes
Release date: 08.01.2021 (all formats)
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Review © 2021 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation