Denkt man an Griechenland, so hat man in den seltensten Fällen ein Schlagwort wie Pagan Metal auf den Lippen. Und doch gibt es einige wenige Bands, die ihre Inspiration in Sagen und Legenden suchen und diese schließlich zu packenden Songs verarbeiten. Neben Macabre Omen sind dies vor allen Dingen KAWIR, die bereits seit 1993 existieren und ein gutes bis sehr gutes Album nach dem anderen veröffentlichten und doch immer noch eine Art Exotenbonus besitzen. Irgendwie unverständlich, bedeutet Pagan Metal doch nicht zwangsweise, dass es nur um nordische Götter und Sagen gehen muss. Es wird also Zeit, auch hier auf Black Salvation ein Zeichen zu setzen und einer Band den mehr als verdienten Support zukommen zu lassen, die Anfang Januar ihr mittlerweile achtes Studioalbum veröffentlichen: „Adrasteia“.
Und das gehört zu den wohl stärksten Releases, das die Griechen je aufgenommen haben: Schon der Opener „Tydeus“ macht deutlich, dass trotz seiner zahlreichen Chöre jede Menge Aggression den Ton angibt. Die Produktion ist rau und dennoch klar, Snare- und Beckensound haben einen ordentlichen Punch, die typischen Black-Metal-Vocals sind ein wunderbar stimmiger Kontrast zum melodischen Midtempo-Riffing. In Zeiten, in denen die meisten Bands entweder mit unspannenden Intros oder von Null auf Hundert in ihre Alben einsteigen, ist dieser langsame Aufbau eine wahre Wohltat! „Atalanti“ zieht das Tempo dann merklich an, begleitet von einem wunderbar melodischen Hauptriff. Auch den Gitarrensound sollte man an dieser Stelle hervorheben, ist dieser doch so klar und so passend in den Gesamtsound integriert, dass man jeden einzelnen Anschlag der Saiten spürt und die einzelnen Spuren jederzeit unterscheiden kann. Dass man daher das Gitarrensolo von Melechesh’s Ashmedi im folgenden „Danaides“ zu den Höhepunkten auf dem Album zählen darf, versteht sich dabei von selbst, fügt sich dieses doch so prägnant ein, als ob man nie etwas anderes getan hätte, als zusammen Songs zu schreiben. Großartig! Mit „Limniades“ legt man ordentlich nach und beim Hörer dürfte sich spätestens hier der Gedanke festigen, dass die Tracks trotz ihrer Länge von knapp unter sechs bis knapp neun Minuten allesamt sehr schlüssig ausgearbeitet sind und jeder einzelne auf seine ganz eigene Art mitzureißen vermag. „Colchis“ ist dabei das am herausragendsten Beispiel: Rein akkustisch instrumentiert, aber mit einer wahren Urgewalt versehen, die so manch reine Folk-Kapelle vor Neid erblassen lassen dürfte, lässt man den Song einfach treiben und entwickelt so einen Sog, dem man sich nur allzu gern hingibt. Dazu tragen auch die ausgezeichneten Gast-Vocals von Lindy-Fey Hella bei, die vor einigen Monaten schon mit ihrem auf Ván Records erschienenen Debüt begeistern konnte. Der Album-Closer „Medea“ verpackt diese Urgewalt schließlich in ein deutlich vom Black Metal inspiriertes Soundgwand, dass gerade der Vocals wegen sowieso immer einen leichten Hauch davon verspüren lässt. Die Energie, die in diesen annähernd neun Minuten steckt, ist atemberaubend intensiv umgesetzt und setzt einen würdigen Schlusspunkt unter ein verdammt starkes Album!
Was mir an „Adrasteia“ so unglaublich gut gefällt, ist die pure Energie, die durch die sechs Tracks strömt. Wie im Fluge vergehen diese 41 Minuten und ehe man es sich versieht, darf man erneut auf den Play-Button drücken. Und das wird man, ist wirklich guter Pagan / Black Metal, der sich nicht in irgendwelchen Humpaa-Klischees verliert, heutzutage doch mit der Lupe zu suchen. KAWIR sind eine echte Bereicherung für die Szene und es bleibt zu hoffen, dass der Band endlich die ihr gebührende Aufmerksamkeit zuteil wird. Ich für meinen Teil bin extrem begeistert und werde in den kommenden Monaten sehr viel Zeit in das Album versenken. So viel steht fest. PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten
Ab dem Releasetag wird das Album im Webshop des Labels als CD, 12″-LP sowie als Tape verfügbar sein und auch auf Bandcamp im digitalen Format seinen Platz finden. Alle Infos dazu gibt es dann wie gewohnt auf der Facebook-Seite von Black Salvation.
KAWIR – Adrasteia
Pagan / Black Metal from Greece
Iron Bonehead Productions
Running time: 41:02 minutes
Release date: January 10th, 2020 (all formats)
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Review © 2020 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation