Wenn man eine Band über die Jahre verfolgt, ist es gar nicht immer so einfach, wirklich relevante Unterschiede in den jeweiligen Alben festzustellen, sobald man sich ernsthaft auf die Band selbst einlässt und deren Musik nicht nur mal so nebenbei hört. Als vor kurzem das neue AEGRUS-Album angekündigt wurde, verspürte ich eben diesen Zwiespalt, gehören die Finnen doch zu meinen liebsten Bands aus dem Land der tausend Seen, die sich schon seit ihrem zweiten Album nicht mehr hinter Stilbegründern wie Horna oder Sargeist verstecken müssen. Im Gegenteil: Über weite Strecken war (und ist) die mittlerweile zum Quartett angewachsene Truppe wesentlich stärker und energetischer unterwegs. Somit war die Marschrichtung des neuen Releases „In manus Satanas“ klar – und ich hatte im Vorfeld dieses Reviews ernsthaft Sorge, durch die vielen tollen Veröffentlichungen aus Finnland selbst in den letzten acht Monaten nicht mehr ganz so objektiv sein zu können, wie man das von mir gewohnt ist. Doch war die Sorge unbegründet: Denn der wesentliche Unterschied zum Vorgänger ist die Boshaftigkeit, mit der man hier zu Werke geht.
Das fängt bereits mit den ersten Riffs in „Hymn to the firewinged one“ an, die gnadenlos nach vorne preschen und Dunkelheit und Pestilenz verbreiten. Interessant dabei ist der Gitarrensound, dessen Mischung aus ordentlich angezerrter Spur in Verbindung mit einer weiteren, etwas cleaneren für einen schönen Kontrast sorgt und den Hörer direkt die Ohren spitzen lässt. Überhaupt ist die Produktion sehr gelungen: Ein ziemlich roher, aber dennoch extrem drückender Sound sorgt für viel Atmosphäre, was besonders in den Highspeed-Passagen für enorme Wucht sorgt. Etwas schade ist es da, dass cleanere Spuren wie in „Nightspirit theosis“ da etwas untergehen – ja, das ist Kritik auf hohem Niveau, macht doch dieses chaotisch wirkende Klangbild einen großen Reiz aus. Nichtsdestotrotz wäre ein etwas sauberer Sound ein interessantes Experiment, denn das man sich songwriterisch weit entwickelt hat, machen die Leads in ebenjenem Track klar, die sich weit vom üblichen Black Metal entfernen und das Ganze ordentlich auflockern. „Gestalt of perdition“ ist anschließend wieder ein Brecher allererster Kajüte, der kompromisslos nach vorne treibt und Gelegenheit gibt, auch dem Drumming ein genaues Hinhören zu schenken. Denn auch hier wird nicht einfach straight nach vorne geballert, sondern es finden sich immer wieder kleine Patterns, die das Beschäftigen mit den Tracks zu einer angenehmen Angelegenheit werden lassen und für mich die größte Überraschung ist, war das technische Niveau auf den Vorgängern noch nicht ganz so ausgereift. Mit „At the altar of twilight“ hat man ein ziemlich kurzes Intermezzo eingespielt, das man allerdings auch gut und gerne als Intro direkt in „Ascending shadows“ hätte verwenden können. Tut keinem weh, aber dafür einen separaten Song – nun ja… Besagtes „Ascending shadows“ sorgt dann erstmals für richtig hochgezogene Augenbrauen, ist dieses doch ein langsam mahlendes Monster, das sich unbarmherzig seinen Weg durch die Gehörgänge frisst. Generell darf man behaupten, dass die letzten beiden Drittel des Albums verdammt stark ausgefallen sind und den Auftakt ohne weiteres toppen, folgt mit „Nemesis“ doch ein weiterer Song, dessen Riffing zwischen Düsternis, Bosheit und schierer Aggression pendelt und schlicht und ergreifend mächtig ist! Wer sich mit finnischem Black Metal auskennt, weiß (selbst wenn man es niemals zugeben würde), dass vielen Bands an dieser Stelle bereits die Puste ausgehen würde, bedingt durch den so typischen finnischen Sound. AEGRUS gehören da zu dem guten Dutzend Ausnahmen, deren Songs so toll arrangiert sind, dass eine Dreiviertelstunde diesen Stils verfliegt wie im Fluge. So hat man mit „The black wings upon me“ eine schwarze Hymne auf Band gebrannt, deren Wechsel vom langsamen ins treibendere Midtempo mit zum Besten gehört, was die Mannen bisher veröffentlicht haben. Die Krönung ist jedoch der Albumcloser und Titeltrack „In manus Satanas“, dessen Atmosphäre in Verbindung mit den Riffs und Leads so stimmig ist, dass sich Aggression, Melodien, eine gewisse Epik sowie ein beinahe melancholischer Unterton zu etwas ganz Großem verbinden. Wer ein Album auf diese Art und Weise beenden kann, zählt definitiv zur Oberliga im Black Metal. Ich bin schwer begeistert!
Manche Dinge sind einfach am Besten so, wie man sie gewohnt ist: So darf man von „In manus Satanas“ keine großen Veränderungen im Stil erwarten, stehen AEGRUS doch nach wie vor für aggressiven und melodischen Black Metal aus dem Land der tausend Seen. Dass es den Mannen dennoch gelingt, sich in die Oberklasse zu spielen, liegt schlicht und ergreifend an der Boshaftigkeit, mit der man das Songwriting unterlegt, das sich in den letzten beiden Jahren durchaus verbessert hat. Somit legt man keinen neuen Black-Metal-Meilenstein vor, aber ein beachtliches und mehr als nur solides Album, das man sich nicht nur als beinharter Genrefan zu Gemüte führen sollte. KAUFEMPFEHLUNG!!! +++ 8,5 / 10 Punkten
Wer möchte, kann sich das Album schon jetzt im Webshop des Labels auf CD sowie digital via Bandcamp vorbestellen. Am Releasetag gibt es alle Infos zu den Formaten auch noch einmal auf der Facebook-Seite von Black Salvation.
AEGRUS – In manus Satanas
Black Metal from Finland
Saturnal Records
Running time: 44:27 minutes
Release date: October 11th, 2019 (all formats)
Saturnal Records Webshop
Saturnal Records Bandcamp
Saturnal Records Facebook
Aegrus Facebook
Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation