Ein Punkt, der mich von den frühen bis Mitte der Neunziger so für den Black Metal vereinnahmen konnte, war die Faszination vieler Musiker für das Werk J.R.R. Tolkiens, der auch damals schon zu meinen Lieblingsautoren zählte. Wie viele andere Musiker und Fans stellte auch ich mir immer wieder die Frage: Was, wenn das Böse gesiegt hätte und wie sähe Mittelerde dann aus? Auch ging von unheimlichen Kreaturen wie den Grabunholden, den Nazgul oder auch Orten wie dem Alten Wald, Minas Morgul und selbst dem Pfad der Toten eine bis heute nicht zu erklärende Anziehungskraft aus. Zugegeben: Sich in seinem Bandkonzept eher auf den englischen Philologen denn auf okkulte Thematiken zu stützen, war und ist aus heutiger Sicht im Black Metal ganz schön mutig gewesen, hätte dieses Unterfangen jedoch auch ziemlich schief gehen können. Dass eine Band wie die bis heue allmächtigen Summoning so erfolgreich sein konnte, verdankte sie natürlich in erster Linie ihrer absolut eigenständigen Musik (spätestens ab „Dol Guldur“), für die die textliche Untermalung schließlich die Krönung des Ganzen darstellte. Keine andere Band hat es bis heute fertiggebracht, diese Formvollendung zu erreichen (auch wenn es viele versucht haben und immer noch versuchen), weshalb man bei vielen Bands das Thema Tolkien auch eher sporadisch denn allumfassend eingesetzt fand und findet. Denn auch in 2019 finden sich immer wieder Hinweise auf das Schaffen des Begründers der modernen Fantasy selbst bei jungen Bands wie den aus Dortmund stammenden GRABUNHOLD, die 2017 mit ihrer ersten Demo „Auf den Hügelgräberhöhen“ einen recht ordentlichen, wenn auch noch nicht herausragenden Einstand feiern konnten. Doch zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sich das Tolkien-Thema bei einer Band so natürlich integriert an, wie das nur in den allerseltensten Fällen geschieht. „Unter dem Banner der Toten“ ist nun die in Kürze erscheinende EP betitelt und wie stark sich das Quartett entwickelt hat, wollen wir im Folgenden klären.
Als erstes fällt der um einiges bessere Sound auf, der immer noch eine leicht rohe Seite hat, aber dennoch sehr klar aus den Boxen schallt. Dass man seinen Melodic Black Metal viel eher in den frühen Neunzigern verortet, als bei den späteren Vertretern der kommerziell erfolgreichen Spielart, sticht ebenfalls positiv heraus, da man so sehr nahe am ursprünglichen Black Metal haftet, was den Melodieführungen viel Kraft und Wiedererkennungswert verleiht. In der Tat benötigt ein Opener wie „Gespenster“ nur einen bis zwei Durchläufe, bis er sich unwiderruflich in den Hirnwindungen festsetzt. Das Zusammenspiel aus dem melodischen Riffing, den verflucht schnell nach vorne treibenden Drums sowie den für klassischen Black Metal eher tief gehaltenen Vocals funktioniert einfach fantastisch und ist für eine junge Band verdammt beeindruckend. Ebenso ist an der musikalischen Qualität des folgenden „Hexentanz“ nichts auszusetzen, sind doch die Tempiwechsel so gekonnt inszeniert, als würde hier schon seit zwanzig Jahren miteinander musiziert. Atmosphärischere Parts wechseln sich mit rasend schnellen ab, ohne die Melodiosität aus den Augen zu verlieren, was die hohe musikalische Klasse unter Beweis stellt und wie sehr man sich mit dem Stil und vor allem der Musik selbst identifiziert. Das kurze intrumentale Intermezzo „Von gefallenen Helden und vergessenen Grüften“ dient in erster Linie als Bindeglied zwischen dem vorigen Song sowie dem abschließenden Signature-Track „Grabunholde“. Der schließlich beendet diese insgesamt siebzehn Minuten absolut furios und wartet mit einer der prägnantesten Melodieführungen auf, die ich seit mindestens zehn Jahren gehört habe! So und nicht anders fühlt sich Passion für ein Genre an!!!
Was für eine EP! Dass ich gerade für diese Art von Black Metal eine – zugegeben – nicht gerade kleine Schwäche habe, ist ja allseits bekannt. Auch, dass ich die Renaissance dieses Stils zur Zeit sehr begrüße und froh bin, dass die Qualität in diesem Segment langsam wieder unaufhörlich steigt. Dass mich „Unter dem Banner der Toten“ aber dermaßen überrollt und mir eine Gänsehaut nach der anderen verpasst, hätte ich dann doch nicht gedacht. Die Melodien sind erhaben und majestätisch, das Drumming abwechslungsreich und dennoch straight, die Vocals gehören mit zum Besten im Subgenre und auch den Bass spürt man jederzeit unaufdringlich im Hintergrund. Ich für meinen Teil kann GRABUNHOLD nur eine verdammt starke Zukunft im (Melodic) Black Metal attestieren und bin mir sicher, dass man dieses Niveau auch in Zukunft halten wird. PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten
Die EP erhaltet ihr ab dem Releasetag sowohl im Webshop als auch im Bandcamp-Shop des Labels. Wie nicht anders gewohnt, wird es alle Infos dazu natürlich auch auf der Facebook-Seite von Black Salvation geben.
GRABUNHOLD – Unter dem Banner der Toten
Black Metal from Germany
Iron Bonehead Productions
Running time: 17:02 minutes
Release date: September 20th, 2019
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Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation