Was haben Bands wie Primordial und Borknagar gemeinsam? Beide kommen aus dem Black Metal, beide haben einen sehr natur- und geschichtsbezogenen Hintergrund und beide gehören zu den Genrevertretern, die zwar musikalisch unterschiedliche Wege eingeschlagen haben, aber dennoch in ihrer Intensität beinahe unerreicht geblieben sind. Es gibt zudem wenige andere Bands, die in diesen Stilregionen wildern und dabei auch noch überzeugen können. Wie man es richtig macht, zeigt das Ein-Mann-Projekt WINDTHROW aus Schweden, das neben den genannten Einflüssen auch eine gehörige Portion Heavy Metal und Folk verarbeitet und mit „Treacherous beckonings“ gerade das erste Album als Eigenrelease herausgebracht hat. Und das macht richtig viel Spaß!
Zwei Punkte müssen an dieser Stelle zuerst genannt werden: Zum einen die sehr gute und differenziert wirkende Produktion, der man im Mix dennoch eine gewisse Unbekümmertheit gelassen hat, so dass das Album professionell und gleichzeitig wie für den Underground gemacht klingt. Zum anderen die kurze Spielzeit von gerade einmal knapp 33 Minuten, die schon alleine dafür sorgt, dass der Release einen Stein bei mir im Brett hat. Und bereits das Eröffnungsriff zum Opener „Jag for“ zieht den Hörer dermaßen immersiv in die Soundwand hinein, dass man sich förmlich von Naturschauspielen umgeben fühlt. Das sehr an alten Pagan Black Metal angelehnte Riffing spielt hierbei die wohl größte Rolle, ebenso die tiefen, heiseren Vocals und die immer wieder eingestreuten, klaren Leads, die man eher aus dem Epic Doom kennt. Die Messlatte liegt also schon nach diesen ersten fünfeinhalb Minuten sehr hoch, die auch das folgende Instrumental „Rimfrost“ ohne weiteres überspringt. Das auf einer traditionellen Nyckelharpa (Schlüsselfiedel, Schlüsselgeige oder Tastengeige) dargebrachte Stück fügt sich harmonisch in das Klangbild des Albums ein, was in dieser Form auch nicht jeder Band gelingt, die Folk-Elemente im extremen Metal verwendet. Mit „Rushing blood“ folgt ein Midtempo-Brecher, der die Atmosphäre des Instrumentals mühelos weiterführt und mit zum Besten gehört, was das Subgenre zu bieten hat. Auch das im Tempo stellenweise sehr reduzierte „Alea iacta est“ kann mit seinem doch sehr am klassischen Pagan Black Metal orientierten Riffing überzeugen, bevor der absolute Höhepunkt in Form des Albumclosers „Morrowless“ folgt. Dessen akustisches Intro führt so harmonisch in den eigentlichen Song hinein, dass man den Elfminüter von der ersten Sekunde an nur lieben kann. Das Zusammenspiel aller genannten Elemente funktioniert fantastisch, der Albumflow wird absolut natürlich zum Finale geführt, so als ob man in den vorherigen Tracks genau darauf zugesteuert hätte. Das ist einfach nur großartig und ich kann es kaum erwarten, endlich das Vinyl auf meinem Plattenteller drehen zu lassen, um dem hymnischen Riffing den gebührenden Respekt zollen zu können!
Ich muss wieder einmal zugeben, dass ich verdammt beeindruckt bin, wieviel musikalische Klasse ein einzelner Mensch auf einem Album bieten kann. Vom Songwriting bis hin zur Instrumentierung stimmt hier einfach alles – und macht „Treacherous beckonings“ somit zu einem der stimmigsten und besten Debüts in diesem Jahr. Die verschiedenen Stilelemente aus Pagan Black Metal, Epic Metal und Folk sind so wunderbar ineinander verwoben, wobei gerade die Leads hierbei der große Pluspunkt sind, die WINDTHROW aus der Masse herausstechen lassen. Diesen Release sollte sich niemand entgehen lassen, dem musikalische Klasse wichtiger ist als schnödes Genreworshippen. KAUFEMPFEHLUNG!!! +++ 8,5 von 10 Punkten
Der einfachste Weg, sich dieses schick aufgemachte Album zu besorgen, führt über den Bandcamp-Shop von WINDTHROW, wo ihr euch sowohl das Vinyl als auch die digitale Version zulegen könnt. Die ausschließlich schwarze 12″-LP ist auf 300 Exemplare limitiert.
WINDTHROW – Treacherous beckonings
Black Metal from Sweden
Independent
Running time: 32:44 minutes
Release date: May 7th, 2019 (all formats)
Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation