Mein lieber Herr Gesangsverein! Da erscheint quasi aus dem Nichts dieses Debüt einer bisher völlig unbekannten US-amerikanischen Band und liefert aus dem Stand eine der besten Leistungen im Genre ab, die man sich nur vorstellen kann. Bei Termini wie US-Black Metal denkt man vielleicht immer noch an typische Vertreter wie Judas Iscariot und Konsorten, die einen ganz eigenen Sound im Black Metal etabliert und USBM als Label definiert haben. Damit haben AORATOS allerdings nicht das Geringste zu tun. Was natürlich auch damit zusammenhängt, dass dies ein Sideprojekt von Naas Alcameth ist, dessen Arbeit vor allen Dingen in Bands wie Nightbringer oder Akhlys zu wahrer Größe gereift ist. AORATOS‘ Debüt „Gods without name“ nun erinnert zwar zuweilen im Riffing an die US-Herkunft, aber generell ist man eher im okkulten Black Metal zuhause, dessen Einflüsse sich quer durch die komplette europäische Landschaft ziehen.
Bereits mit dem Intro „Parallax I“ stellt man unmissverständlich klar, dass das Kreieren einer dunklen Atmosphäre, die den Hörer tief in sein Selbst ziehen soll, oberste Priorität hat. Hilfreich dabei ist auch, dass offensichtlich großer Wert auf eine sowohl dynamische als auch sehr druckvolle Produktion gelegt wurde, wie man dem Opener „Holy mother of terror“ sofort anhört. Die sowohl im Intro als auch hier verwendeten, wie aus einem Horrofilm entsprungen wirkenden Gitarreneffekte lassen wohlige Schauer über den Rücken laufen und das schon allzu bald einsetzende Riffgewitter ist nur ein weiteres Puzzlestück in dem großen Bild, das hier gezeichnet wird. Der nahtlose Übergang in „Of harvest, scythe and sickle moon“ ist ein weiteres Element, dass sich durch das gesamte Album zieht. Gerade die zahlreichen Gitarrenspuren samt verschiedener Effekte bauen zudem eine gewaltige Soundwand auf, wie man sie selten genug hört und von der man schon bald nicht mehr genug bekommen kann. Die Drums sind angenehm trocken in den Sound eingefügt, so dass man jeden Hit auf die Snare, jeden Kontakt der Pedale mit der Kickdrum nicht nur hört, sondern regelrecht spürt. Schade nur, dass die Becken so gut wie ohne Hall aufgenommen wurden, was ich im Endeffekt dann als doch zu trocken empfinde, auch wenn das beim ansonsten rundum gelungenen Sound Meckern auf hohem Niveau ist. Der fast nicht zu bemerkende Wechsel von einem Song zum nächsten bringt es mit sich, dass man sich fast ohne es zu bemerken im Titeltrack „Gods without name“ befindet. Und dieser ist eine konsequente Fortsetzung des bisher Gehörten. Im Grunde ist es auch völlig unerheblich, welchen Track man aus dem Album herauspickt, denn jeder einzelne ist ein Kunstwerk für sich. Hervorheben möchte ich allenfalls „Thresher“, dass in seiner Intensität der womöglich stärkste Song auf „Gods without name“ ist, was schon eine gewagte Aussage ist. Ich möchte sie allerdings dennoch vorbringen, denn um das Album kurz vorzustellen, wäre er perfekt. Ebenso gewaltig, wenn auch etwas atmosphärischer im Grundton, rollt „The watcher on the threshold“ über den Hörer hinweg. Das Tempo wird stellenweise um eine Winzigkeit herausgenommen, was für eine spürbare Dynamik sorgt, die dem Release generell innewohnt. Da kommt ein Instrumental wie „Prayer of abjection“ gerade recht, um sich ein wenig Luft zu verschaffen. Die sehr düstere Soundcollage, die auch so manchem Soundtrack gut zu Gesicht stehen würde, ist eine willkommene Abwechslung inmitten der brachialen Soundwand, auch wenn sie in keinster Weise auf den Albumcloser „Dread spirit of the place“ vorbereitet, der abschließend noch einmal alles niederwalzt, was eventuell noch an Widerstand im Wege stehen sollte. Bemerkenswert dabei ist, dass man in der ersten Hälfte die Geschwindigkeit auf ein Minimum reduziert, diese nach einem Break kurzfristig anzieht, nur um sich schließlich erneut wieder in ein zähes Monster zu verwandeln, das alles in Finsternis zurücklässt, was es berührt. „Parallax II“ als Outro schließlich schließt den Kreis zum Intro und lässt den Hörer leergesaugt und völlig empathielos zurück.
Selten kam mir ein stilistisch so homogenes Album unter, wie mit „Gods without name“. Die undefinierbare Verschmelzung vieler verschiedener Subgenres gibt dem Black Metal wieder ein Stück mehr seiner allumfassenden Dunkelheit zurück, in der die Herkunft der Bands oder das genaue Austarieren eines Stils weder notwendig noch gewünscht ist. AORATOS spielen daher Black Metal, wie er einst gedacht war und wie er auch heute wieder sein sollte: Aggressiv, voller Finsternis und abseits jeglicher Klischees. Eines der stärksten Alben des Jahres liegt somit vor und da bleibt nur noch zu sagen: PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten
Wie stets bei Debemur Morti Productions ist auch „Gods without name“ wieder sehr schick aufgemacht; sei es nun als 12″-LP im Gatefold-Cover oder als Digipack-CD – die Anschaffung lohnt sich definitiv. Digital ist das Album natürlich auch zu haben, doch meiner Meinung nach kommt der Sound von einem physischen Datenträger viel organischer aus den Boxen.
AORATOS – Gods without name
Black Metal from the USA
Debemur Morti Productions
Running time: 44:46 minutes
Release date: March 22nd, 2019
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Debemur Morti Bandcamp
Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation