Es begab sich zu einer Zeit, als ein Teenager sich aufmachte, die extreme Musikwelt jenseits des allgemein bekannten, aber nicht sonderlich „gefährlichen“ Heavy Metals zu ergründen. In dieser Finsternis wurde Ihm gehuldigt, es wurden Blutrituale durchgeführt, nächtliche Sonnenfinsternisse wurden in grausamen und frostigen Königreichen vom Schattenthron aus beobachtet, während der Wald meinen Namen flüsterte. Es war aufregend, diesen Umbruch in so vielem mitzuerleben, was das Denken von Musik bis heute beeinflusst – positiv wie negativ. Einer der positiven Aspekte ist sicherlich die Allgemeingültigkeit von so vielen unterschiedlichen Stilen unter dem Banner „Black Metal“ gewesen: Eiskalt und rasend, symphonisch und episch, doomig und finster – alles firmierte unter diesem Genre, bis die schleichende Kommerzialisierung, der damit einhergehende Ausverkauf und die „Vergothisierung“ die ursprüngliche Finsternis und auch Gefährlichkeit zunichte machte. 25 Jahre später zeigt sich nicht nur durch die Myriaden von an die Neunziger zugewandten Bands, dass die damalige Aufbruchstimmung wieder sehr präsent ist; sie bringt nach wie vor extrem spannende Bands hervor, die alleine schon ihrer musikalischen Klasse wegen überzeugen können. Ein perfektes und sehr aktuelles Beispiel sind SUMERIAN TOMBS aus Köln, die Ende des letzten Jahres eine spannende Demo vorlegten und nun mit ihrem selbstbetitelten Debüt den nächsten Schritt vollziehen.
Zugegeben: Beim ersten Lesen der Stilbezeichnung „Epic Vampyric Black Metal“ haben sich mir direkt die Fußnägel hochgerollt, assoziiere ich damit doch in erster Linie entweder völlig verwaschenes „Trve-Underground“-Zeugs oder noch schlimmere, völlig überdrehte und bis zur Fremdscham peinliche, romantisierte Scheiße. (Sorry für diesen Ausbruch!) Doch die Kölner catchen mich alleine schon mit der druckvollen, voluminösen Produktion. Die hat immer noch viele Ecken und Kanten, versprüht in erster Linie totales Underground-Feeling und klingt dennoch absolut professionell. Ja, das ist heutzutage kein Novum mehr; doch es freut mich immer wieder aufs Neue, wenn Bands diesen Mittelweg finden.Dieses Soundgewand passt denn auch hervorragend zum Songwriting, das episch, finster und wahrlich blutdürstig daherkommt.
So zieht einen bereits das kurze Intro „Enter the Netherrealm“ neugierig in den Bann: Was erwartet uns? Was bedeuten die unheilvollen Tonfolgen? „Bloodspell of the Ancients“ gibt uns direkt die Antwort darauf: Rasende, mit finsterer Melodik unterlegte Schwärze, die gleich auf den Punkt zu kommen scheint. Doch SUMERIAN TOMBS lassen sich bei all dieser Direktheit nicht gleich in die Karten schauen, so offensichtlich die Herangehensweise auch sein mag. Denn die Band macht bei genauem Hinhören exakt das richtig, was die meisten anderen „trven“ Bands falsch machen und was mich persönlich jedesmal aufs Neue aufregt: Sie gibt ihren Songs durch die ausgereifte Produktion eine enorme Tiefe und lässt die epische Schwärze dadurch erst wirken. So kann zum Beispiel der ausufernde rituelle Part in „Light of death“, der in erster Linie durch seine schweren Drums lebt, gerade dadurch seine volle Kraft entfalten. Als Hörer wird man somit in eine Welt gezogen, in denen Zikkurate der Sitz der Götter waren, dunkle Legenden ihren Anfang nahmen (ein Versäumnis, das man im dritten Blade leider nur angedeutet hat und aus dem man so viel mehr hätte machen können) und jenseitige Wesen noch als Teil des Lebensalltags betrachtet wurden. Auch „Tomb lurker“ versprüht diese ganz bestimmte Atmosphäre, die man als Band eben beherrscht oder nicht. Die wird auch mit dem Einsatz von Keyboards erzeugt; jedoch passiert dies auf einem so unbewussten Level, dass man gar nicht darüber nachdenkt. Außerdem: Wenn ein Monster wie „Altars of the past“ über dich hinwegfegt, dann spielt die Verwendung von Stilmitteln keine große Rolle mehr. So wichtig die pasende Atmosphäre auch sein mag: Können die Songs nicht die nötige Energie entwickeln, nützt die beste Stimmung nicht mehr, um sich als Hörer mitreißen zu lassen. Noch deutlicher wird dies im Midtempo-Brecher „The key – Bloodmeditation“, der durch das etwas zurückgenommene Tempo eine enorme Power entfaltet. Hier sind die Keyboard-Layer zwar im Gesamtbild wichtig, der Track würde jedoch auch ohne sie funktionieren. Das kurze Interludium „Envoke the old“ rauscht etwas unspektakulär durch die Boxen, der Closer „Vampyric dominance“ macht dies jedoch sofort wieder vergessen. Der beschließt das Album wirklich würdig und punktet vor allem mit den klaren Vocals, die sich harmonisch einfügen und einer bitteren Sehnsucht nach ewigem Leben Ausdruck verleihen. Wer hier nicht direkt den nächsten Durchlauf anschließt, dem ist wahrlich nicht mehr zu helfen…
Ich muss zugeben, dass mich die Band mit diesem Album kalt erwischt hat. Durch meine eigene Herangehensweise an ihre Demo habe ich beim ersten Durchlauf immer wieder auf nahöstliche Melodiebögen gewartet, um wieder die im Hinterkopf wartenden Melechesh-Vergleiche zücken zu können. Und ich bin im Endergebnis sehr froh, dass diese nicht angebracht waren. SUMERIAN TOMBS überzeugen auch so mit ihrem düsteren Klangbild, dass vielleicht nicht innovativ ist, aber durch das verflucht starke Songwriting einen sehr starken Release hervorgebracht hat. Epic Vampyric Black Metal hat in all seiner epischen Pracht noch nie so vollständig geklungen und die Band hat mit ihrem selbstbetitelten Debüt somit einen Release vorgelegt, der ein fantastisches Fundament für hoffentlich noch viele weitere Veröffentlichungen bildet. PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten
Erschienen ist „Sumerian Tombs“ am 18.03.2022 via Ván Records als Doppel-CD im Digipack (500x), digital sowie als 12″-LP im Gatefold auf schwarzem (119x) und auf gold-farbenem Vinyl (433x). Die Tape-Version wird sich ein klein wenig verzögern und kommt in einem speziellen 8-Spur-Mix, der auch auf der zweiten CD zu hören ist.
SUMERIAN TOMBS – Sumerian Tombs
Epic Vampyric Black Metal from Germany
Ván Records
Running time: 42:04 minutes
Release date: 18.03.2022 (CD, Vinyl, digital) / Tape (t.b.a.)
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Review © 2022 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation