„Anticapitalist – Antireligious – Antifascist„
Ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, wann bzw. ob ich überhaupt schon mal solch schöne Worte in einem Booklet einer Black-Metal-Band gelesen habe. Jedenfalls nicht in diesem unmittelbaren Zusammenhang. Und ich gebe ganz ehrlich zu, dass mir beim ersten Drüberlesen ein dickes Grinsen im Gesicht stand, kann ich mich doch zumindest mit dem ersten und dem dritten Begriff voll identifizieren (beim zweiten wird es bei mir als Jüdin schwerer). Auch die Texte schlagen in dieselbe Kerbe, davon jedoch später. Zunächst das wesentliche über UPRISING: Ein-Mann-Projekt aus München von Winterherz (kennt man ja von Waldgeflüster), bisher ein Album sowie eine 7″-EP. Im Gegensatz zu seiner Hauptband geht W hier deutlich straighter zu Werke, wie man aktuell auf dem in wenigen Tagen erscheinenden zweiten Album, schlicht „II“ betitelt, hören kann und dem wir uns im folgenden ausführlich widmen werden.
„Introduction“ ist ein typisches Black-Metal-Intro: Spoken Words, extrem verzerrte Gitarrenakkorde und ein nahtloser, brutaler Übergang in den Opener „There’s no such thing as hope“. Ein treibender Midtempo-Rhythmus, raue, geifernde Vocals und immer wieder klar hervorbrechende Riffs und Leads, die ab und an einen Hauch der atmosphärischen Klasse von Waldgeflüster aufweisen (über die Albumdistanz jedoch nie allzu präsent sind, jedoch viel eher an eine Mischung aus skandinavischem Black Metal und frühen Primordial erinnern, bevor die Iren ihre epischere Seite entdeckten. Dass man es dabei schafft, genügend Eigenständigkeit zu bewahren und auch dank des einigermaßen rohen Sounds überzeugen kann, spricht für die Erfahrung und das Talent, aussagekräftige Songs zu schreiben. Das trifft auch auf „Uprise Part II“ zu, dessen Aufruf zu Revolution und Klassenkampf geprägt ist von einer zutiefst melancholischen Note im Riffing und sich rein atmosphärisch schon vom Opener abgrenzt. Abwechslung wird hier also groß geschrieben, was man mit dem anschließenden, straight nach vorne prügelnden „A lesson in basic human empathy“ unter Beweis stellt, das sich auch schon auf der 7″ befand, aber nach wie vor ein brutaler Aufschrei für mehr Humanität und Empathie darstellt. Das muss man sich im Black Metal auch erst mal trauen… „Monuments“ knüpft stilistisch eher an den Opener an; die Einflüsse der Hauptband sich hier auch am deutlichsten herauszuhören, wenn diese auch stets durch ein höheres Aggressionslevel überlagert werden. Wobei, „Aggression“ ist in diesem Zusammenhang das falsche Wort – „Wut“ würde es vielleicht viel eher treffen. Denn die ist in den extrem sozialkrititischen Texten reichlich vorhanden, die mal wieder für die Diskussion sorgen werden, ob das dann überhaupt noch Black Metal an sich ist, so ohne Tod und Teufel und so… Drauf geschissen: Wer genügend Eier in der Hose hat, um sich in diesem Genre mit den Abstürzen von zwei Boeing-Maschinen in 2019 mit 346 Toten zu beschäftigen, hat meinen aufrichtigen Respekt. „The iron eagles still fly“ ist dabei ein schönes Paradebeispiel, wie sinnig man Tempiwechsel einarbeitet, die den Track vom stürmischen Beginn bis zum melancholischen Schluss spannend halten können. Mit dem Albumcloser „Radical decency“ führt man abschließend noch einmal alle Stärken des Songwritings sowie alle Schattierungen im Bandsound zu einem großen, neunminütigen Track zusammen, in dem sich Melancholie und Wut genauso finden, wie der unbändige Wunsch, das Album direkt noch einmal rotieren zu lassen. Ich bin begeistert!
Während der ersten halben Dutzend Durchläufe saß ich eigentlich nur debil grinsend vor der Anlage mit dem Textblatt in der Hand und freute mich, dass es anscheinend doch noch genügend linken Idealismus auch im extremen Metal gibt, der dem braunen Sumpf ein fettes „Fuck off!!!“ entgegenschleudert. Doch auch abseits davon können UPRISING auf „II“ vollkommen überzeugen, sei es nun wegen des rauen melancholischen Sounds oder des abwechslungsreichen Songwritings wegen. Dass eine gewisse Rohheit nach wie vor vorhanden ist, spricht auch dafür, dass man sich das Album ohne Weiteres zulegen sollte, wenn einen die genannten Trademarks ansprechen – selbst wenn man kein linker Idealist ist. KAUFEMPFEHLUNG!!! +++ 8,5 / 10 Punkten
Erhältlich sein wird das Album als CD, digital sowie als 12″-LP auf schwarzem Vinyl. Schon jetzt sind Pre-orders möglich und wie immer gibt es alle Infos rund um die Versionen wie gewohnt am Releasetag noch einmal auf der Facebook-Seite von Black Salvation.
UPRISING – II
Black Metal from Germany
Wolfsgrimm Records
Running time: 42:49 minutes
Release date: May 15th, 2020 (all formats)
Wolfsgrimm Records Webshop
Wolfsgrimm Records Facebook
Uprising Bandcamp
Uprising Facebook
Review © 2020 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation