Schwarzmetall aus der Türkei ist etwas, was einem auch nicht jeden Tag über den Weg läuft. Zu den ältesten derzeit aktiven Bands gehören dabei die aus Istanbul stammenden PAGAN, die sich 1995 gründeten und sich 2007 nach zwei Demos und einem Album vorerst auflösten. Vergangenes Jahr fand man schließlich wieder zusammen und spielte eine Auswahl alter Tracks von den ersten beiden Demos sowie dem Album neu ein. „Rehearsal Tape ’19“ weist dabei zwar Albumlänge auf, so dass es schon eher einer Compilation denn einer Demo nahekommt, aber halten wir uns eben an die gewünschte Definition. Mir selbst waren diese PAGAN dabei bisher unbekannt, was ich im Nachhinein schon schade finde, denn die Qualität der Tracks kann sich durchaus sehen lassen.
Dass sich dieser Querschnitt dabei sehr an der skandinavischen Frühneunziger-Szene orientiert, ist dabei gar nicht mal von Nachteil, auch wenn man anno 2020 selbstverständlich darüber streiten darf – und sollte! -, ob diese ständige Rückbesinnung noch das repräsentiert, was die Protagonisten der zweiten Welle dazu anspornte, sich von allem abzugrenzen und dadurch etwas komplett Neues schufen. PAGAN weben in ihr Songwriting allerdings so viel unbekümmerten Charme ein, dass man in puncto fehlender Originalität gerne Abstriche macht. Schon das Eröffnungsdoppel „The longing and the ancient ones“ / „Marching of the hordes“ prescht so völlig ohne Zwang nach vorne los, dass man dem Quartett zu jeder Sekunde die Spielfreude abnimmt, die hier produziert wird. Natürlich ist auch von Vorteil, dass man die Tracks live im Probraum aufgenommen hat und somit viel natürliche Atmosphäre generiert wird, was sich im streckenweise etwas gezügelteren „The quest of the chronomancer“ sehr gut niederschlägt. „Shamanic flames“ wartet mit eingewebten Doom-Elementen auf, „The wyrmweaver“ bricht die bisher gesponnene Soundkulisse gekonnt durch und fügt alles zu einer neuen Mixtur aus doomigem Melodic Black Metal zusammen, während man mit „Elenyr“ einen kurzen, sowohl atmosphärisch dichten als auch ziemlich wütenden Hassklumpen hinterherschiebt und das abschließende „The ascending“ all die genannten Trademarks zu einem großen Finale zusammenfügt. Großartig! Noch ein Wort zum Sound: Der ist Proberaum-typisch zwar einigermaßen rau belassen worden, aber dennoch knallt das Rehearsal an allen Ecken und Enden und könnte in dieser Form auch gut in so manchem etablierten Underground-Tempel entstanden sein. Womit sich auch mal wieder meine Vorbehalte gegenüber vielen Raw-Black-Metal-Rumpelpumpel-„Produktionen“ bestätigen… Lebt damit, Gatekeeper…
Natürlich ist es schwierig, Neueinspielungen wirklich objektiv zu betrachten, da immer ein wenig die Ursprünglichkeit verloren geht. Da die türkischen PAGAN jedoch eine Neuentdeckung für mich darstellen, kann ich in diesem Falle einigermaßen losgelöst von Vorbehalten die Musik an sich genießen. Wem die Jungs bisher ebenfalls noch kein Begriff waren und Black Metal in all seiner ursprünglichen Pracht liebt, der wird auch hier mit großer Wahrscheinlichkeit eine weitere Band für sich entdecken können. Mich jedenfalls überzeugt das Material auf dem „Rehearsal Tape ’19“ durchgehend, da vom Mid- zum Uptempo eine recht breite Palette an Schattierungen abgedeckt wird und man sich somit auf das wahrscheinlich im kommenden Jahr erscheinende zweite Album freuen darf. KAUFEMPFEHLUNG!!! +++ 8 / 10 Punkten
Ab dem Releasetag wird das „Demo“ im Webshop des Labels als CD und wohl auch via Bandcamp als digitaler Release zu haben sein. Alle Infos dazu gibt es dann wie gewohnt auch wieder auf der Facebook-Seite von Black Salvation.
PAGAN (Turkey) – Rehearsal Tape ’19
Black Metal from Turkey
Saturnal Records
Running time: 39:33 minutes
Release date: May 29th, 2020 (all formats)
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Review © Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation