Es gibt Black-Metal-Bands, auf deren Alben-Qualität man einfach bauen kann. Die international besetzten THE COMMITTEE haben mit ihren ersten beiden Full-length-Veröffentlichungen verdammt solide Kost abgeliefert, die zwar nicht den Underground bedient, sondern eher die breitere Hörerschaft; aber das tun Bands wie Watain oder Mgła ja auch, woraus ihnen schließlich keiner einen Strick dreht. Die Polen sind dabei der wohl offensichtlichste Einfluss, den man an allen Ecken und Enden heraushört. Im Gegensatz zu den handwerklich sehr soliden, aber auf Albumdistanz eher ermüdenden Groza ist das Niveau hier jedoch ein ganz anderes. Und ob man dieses auf dem Ende Mai erscheinenden Longplayer Nummer drei, „Utopian deception“, hält, das schauen wir uns jetzt mal im Detail an.
Um den Mgła-Vergleich nicht misszuverstehen: Beide Bands arbeiten zwar mit einem atmosphärisch ähnlichen Grundgerüst und stellen sogar ihre Lyrics je Album in einen umfassenden Kontext; wo die Polen jedoch um einiges pessimistischer zu Werke gehen, findet man bei THE COMMITTEE einen eher aggressiv-intellektuellen Unterton. Und der ist auch musikalisch spürbar, wie der im Midtempo startende und sich rasch ins Geballer steigernde Opener „Awakening – Unimaginable“ aufzeigt: Schnelle Doublebass-Passagen, der bekannte Mix aus verzerrtem und nur angezerrtem Riffing und alles von einer eher unterschwelligen Melodik unterlegt, die sich nie aufdringlich in den Vordergrund spielt. Dazu das moderate Keifen des Vocalisten, dem man die Wut und das Engagement jederzeit abnimmt – und fertig ist die Black-Metal-Ursuppe, die sich neben den polnischen Einflüssen vor allen Dingen ziemlich vieler schwedischer bedient. Besonders Bathory schimmern immer mal wieder hervor, so der Anfang von „Lexi-Con – Radical“, das relativ schnell wieder das Tempo steigert, den Nachklang dieser ersten Sekunden jedoch über die komplette Tracklänge beibehält. Sicher, stilistisch hat man im Grunde nichts miteinander gemein – und doch ist es beeindruckend, wie gut man diese alten Vibes in den eigenen Sound integriert und sie zu einem Part von vielen macht. Auch Dissection haben ihren Fußabdruck hinterlassen (allem Anschein nach vor allem das Debüt), was für eine weitere Ebene im Soundgebilde sorgt. Und überhaupt ist die Verquickung dieser typisch polnischen Atmosphäre mit den schwedischen Melodic-Black-Wurzeln eine verdammt gute Idee, da sich beide Stile perfekt ergänzen, was den sechs Tracks in ihren 46 Minuten natürlich zugute kommt. Egal, ob es der wütende Hassklumpen „Infection – Sensible“ oder das getragene, beinahe epische „Harrowing the sane – Popularization“ mit seinen deutlichen Bathory-Anklängen ist: Jeder Track öffnet sich auf seine ganz eigene Weise und bleibt dennoch Teil eines großen Ganzen. So sind die Übergange zwischen den Songs zwar deutlich, fühlen sich aber nicht immer als solche an, was mir als Album-Fan natürlich immens zusagt. Mit dem atmosphärisch dichten und gut nach vorne drückenden „Ossification – Law“ geht man langsam das Albumfinale an, bis dieses mit dem mächtigen Bathory-Tribut „Ashes – Norm“ seinen Höhepunkt erreicht und einen Release beschließt, der für die Zukunft große Hoffnungen weckt: Hoffnung darauf, dass sich in Zukunft mehr Bands darauf besinnen, dass eine ausgewogene Produktion auch im Black Metal nichts mit Weicheierei zu tun hat; Hoffnung darauf, dass bei allen spürbaren Einflüssen immer wieder etwas so Großartiges wie vorliegendes Album hervorbricht und Hoffnung darauf, dass sich die Band mit dieser Veröffentlichung nun endgültig zur Speerspitze zu zählen vermag.
Ich muss zugeben, dass es einige Zeit dauerte, bis ich mit THE COMMITTEE warm geworden bin. Trotz der Zugänglichkeit muss man sich die Band durchaus erarbeiten, denn so simpel, wie es auf den ersten Blick erscheint, ist die Musik dann doch nicht. Man legt Schicht um Schicht aufeinander, bis am Ende ein wahnsinnig starkes Album wie „Utopian deception“ entsteht, dem man schon bald sehr gerne seine volle Aufmerksamkeit schenkt. Und nur den wenigsten Bands gelingt es so überzeugend, aus den offensichtlichen Einflüssen etwas Eigenständiges zu kreieren, dass vollkommen für sich selbst zu stehen vermag. Der rasend wie getragen äußerst gut funktionierende Black Metal ist daher nicht nur für diejenigen zu empfehlen, die die Band sowieso abfeiern, sondern sei auch allen ans Herz gelegt, die guter Musik per se nicht abgeneigt sind. Ich für meinen Teil fühle mich mal wieder in meinem Glauben an druckvolle Produktionen bestätigt, ohne die richtiger Metal nun mal nicht auskommen kann. PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten
Als Pre-order ist das Album schon jetzt im Webshop des Labels verfügbar – und zwar als CD + Patch, als Digipack-CD sowie als 12″-LP im Gatefold in einer schnieken Holzbox. Am Releasetag gibt es alle Infos dazu wie gewohnt auch auf der Facbook-Seite von Black Salvation nachzulesen.
THE COMMITTEE – Utopian deception
Atmospheric Black Metal from an International Entity
Folter Records
Running time: 45:58 minutes
Release date: May 29th, 2020 (all formats)
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Review © 2020 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation