Das Jahr 2019 liegt langsam in den letzten Zügen, der Winter bricht herein und ich bin mir nicht sicher, ob ich das Ende dieses Jahres begrüßen soll oder nicht. Denn ehrlich gesagt: Es macht mir Angst! In den über 30 Jahren, die ich nun schon Metal höre und liebe, kann ich mich an kein einziges anderes Jahr erinnern, in dem so viele hochklassige Alben erschienen sind, die einem nicht nur als Kritikerin sondern auch als Fan so ziemlich alles abverlangt haben, was man an Energie und Fassungsvermögen aufbringen konnte. Dummerweise bleibt nicht einmal genügend Zeit, um wirklich darüber reflektieren zu können, steht doch schon die nächste Band in den Startlöchern, die verführerisch flüstert: Komm schon, eine weitere geht doch noch! Und damit haben die Québecer TRÉPAS sogar Recht, denn deren Debüt „L’héritage du monde“ ist ein großartiges Stück Atmospheric Black Metal geworden.
Zunächst mag etwas überraschen, dass sich das Line-Up aus Mitgliedern bzw Ex-Mitgliedern der Québecer Kollegen Outre-Tombe sowie Morgue rekrutiert. Beide Bands fahren ja einen doch sehr anderen Stil im Gegensatz zu TRÉPAS, nämlich Death bzw. Black/Death Metal. Allerdings sollte man sich davon nicht täuschen lassen, sind deren Einflüsse auf das vorliegende Album in keinster Weise auszumachen. Ab dem ersten Riff im Opener „Rivages sombres“ knallt einem der Sound ordentlich um die Ohren und baut dennoch die für den Stil notwendige Atmosphäre auf, was sich besonders im relativ zurückgenommenen Mittelteil bemerkbar macht. Auch vermeidet man weitestgehend die im Québecois Black Metal typischen Riffs, auch wenn man sie natürlich nicht vollständig eliminieren oder umgehen kann. So sind diese Anklänge zwar deutlich in „L’aube“ erkennbar, jedoch bei weitem nicht so dominant, wie beispielsweise bei Délétère oder Ossuaire. Wesentlich dominanter ist da der französische Atmospheric Black Metal herauszuhören, bevor sich dessen Protagonisten in Richtung Post-Black Metal aufmachten. Diese Mischung ergibt einen sehr dichten Sound, dem man sich kaum entziehen kann. Spätestens mit dem Titeltrack „L’héritage du monde“, dessen furioser Einstieg schon nach kürzester Zeit wieder relativiert wird, sollte auch den skeptischsten Hörern klar sein, dass bei aller Erfahrung der Musiker nach wie vor die pure Passion für die Musik im Vordergrund steht. Aggression und wehmütige Stimmung gehen Hand in Hand und entladen sich in einem regelrechten Gefühlssturm, der so schnell abflaut, wie er erschienen ist, um der folgenden Melancholie ihren Platz einzuräumen. Mit dem sehr treibenden „Charognes“ setzt man einen gelungen Kontrapunkt, während man mit dem Signature-Track „Trépas“ der Liebe zum Black Metal der Neunziger freien Lauf lässt. Mit diesem Track sollte dann auch endgültig die Frage geklärt sein, wie damalige stilistisch offene Bands mit den technischen Möglichkeiten von heute geklungen hätten. Und auch die Tempiwechsel und kleineren Breaks sind so fließend ineinander arrangiert, dass es eine wahre Freude ist. In den Albumcloser „Errance“ steigt man akkustisch und sehr spärlich instrumentiert ein, nur um den nächsten, den letzten Sturm loszubrechen. Und der ist schließlich die absolute Krönung des Albums, geht man hier doch so abwechslungsreich zu Werke, dass diese acht Minuten wie ein Rausch wirken. Es ist, als würde das gesamte Album noch einmal im Schnelldurchlauf durch die Gehörgänge rauschen, so intensiv wirkt der Track auf den Hörer. Das abschließende Ausfaden weckt dann auch nur noch einen Wunsch: Sofort wieder auf Play zu drücken… Ich bin schwer begeistert!
Bei all den vielen Alben in diesem Jahr sind nur die allerwenigsten so kurzweilig wie „L’héritage du monde“ ausgefallen. Will heißen: Kaum ein anderes Album schafft es, seine Spielzeit so zu füllen, dass sie wie im Fluge vergeht. Kaum startet das Album, ist es auch schon wieder zu Ende – und das will bei gut 39 Minuten erst einmal erreicht werden! Meine Liebe für den Québecouis Black Metal hin oder her: Selbst gestandene Musiker wie im Line-Up von TRÉPAS schaffen so etwas nicht am laufenden Band. Die Verquickung der Einflüsse aus der heimischen Szene mit atmosphärischem Black Metal der französischen Schule und ganz viel songwriterischer Klasse machen aus diesem Album eines der relevantesten der kanadischen Szene in diesem Jahr, das man sich nicht entgehen lassen sollte. PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten
Schon jetzt kann man sich das Album im Webshop des Labels als Pre-order sichern. Möglicherweise wird es auch digital erscheinen, das erfahren wir spätestens am Releasetag selbst. Dann gibt es alle Infos dazu auch nochmals gebündelt auf der Facebook-Seite von Black Salvation zu lesen.
TRÉPAS – L’héritage du monde
Atmospheric Black Metal from Québec / Canada
Sepulchral Productions
Runnng time: 38:48 minutes
Release date: December 5th, 2019 (all formats)
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Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation