Wenn es eines gibt, was ich wirklich nicht mag beim Schreiben von Reviews, dann ist das Phrasendrescherei. Sicher verwende auch ich hin und wieder Ausdrücke, die man auch bei anderen Schreiberknechten findet oder die sich in diesem Bereich des Journalismus irgendwie etabliert haben – doch im Großen und Ganzen denke ich, dass ich weit ab davon bin, bei aller Begeisterung ständig fünf Euro ins Phrasenschwein einzahlen zu dürfen. Na gut, jetzt wären die nächsten fällig gewesen und gleich darauf noch einmal: Denn, meine Fresse, ist das ein geiles Jahr für Québecois Black Metal! Délétère, Ossuaire, Monarque… Alles Bands, die mit ihren jeweiligen Outputs für Begeisterung sorgen konnten. Und jetzt noch SANCTUS: Das Ein-Mann-Projekt (!) legt ein dermaßen intensives Einstandswerk vor, dass einem wohlige Schauer über den Rücken laufen. „Mors aeterna“ ist, soviel sei vorab schon mal gesagt, eine gleichzeitig okkulte wie eiskalte Reise durch die Untiefen des Black Metal der frühen Neunziger.
Schon das sakrale Intro „Sanctvs dominvs“ sorgt dafür, dass man sich in eine Zeit zurückversetzt fühlt, als Black Metal noch geprägt war von einer gleichsam kalten und okkulten Atmosphäre, als sich roheste Raserei mit melodischen Riffs verband und auch die Untermalung mit Keyboards und Synths fest zum Genre gehörte und bei richtigem Einsatz einen zusätzlichen Layer an Atmosphäre bot, dessen dichtes Wabern oder kunstvolle Arrangements nur absoluten Maniacs etwas gaben. Und ebendieses Gefühl erzeugt letztlich der Opener „Roi omnipotent, Sainteté maléfique“, was den Fakt, dass dieses Soundkonstrukt von einer einzigen Person verantwortet wird, noch beeindruckender macht. Von den primitiven und oftmals sehr monotonen und repetitiven Sounds der Solo-Projekte aus den Neunzigern (speziell aus Norwegen) ist dieser Künstler so weit entfernt wie nur möglich. Alleine, dass er es schafft, trotz der massigen Bezüge zu dieser Zeit immer die typische Atmosphäre des QCBM in die Tracks einzuflechten, verdient großes Lob. So sind die fünf Songs (plus In- und Outro) relativ ausladend gestaltet, was für gehörig viel Immersion sorgt, zumal sich trotz der Länge keine Passagen einschleichen, die man guten Gewissens gleich wieder vergessen kann. Bei aller Zielstrebigkeit im Songwriting ist dieses ein einziger Klimax, es gibt schlichtweg keine Passagen, die konkret aufeinander aufbauen. So wird man in Tracks wie „Dans la pleine obscurité l’on te devine“ oder „Descends sur l’Homme tel une épée flamboyante“ regelrecht hineinkatapultiert und auch die recht häufig eingesetzten Tempiwechsel hin ins obere Midtempo oder etwas ruhigere Momente erzeugen keinen Bruch in dieser Energie. So ist gerade der langsame, mahlende Einstieg in letztgenannten Track ein Beispiel dafür; auch dürfte an spätestens dieser Stelle klar sein, wieviel Einfluss die okkult gelagerten Bands der dritten Welle auf SANCTVS haben könnten: Denn speziell deren Unerbittlichkeit und Boshaftigkeit ist es, die einen doch maßgeblichen Unterschied zu den Bands der frühen Neunziger ausmachen. So ist der Albumcloser „Et scinde les chaines qui le lient à Yahweh“ die logische Kulmination aus all den Elementen, die man in den vorigen Songs nach und nach eingeführt hat und baut daraus einen epischen Elfeinhalb-Minuten-Brecher, der nicht nur einer der stärksten Longtracks ist, die mir je untergekommen sind, sondern die Essenz dessen, was das Projekt ausmacht. Und das ist nicht mehr und nicht weniger als eine der aufregendsten Erfahrungen im Black Metal der letzten Jahre. Das Outro und gleichzeitig der Titeltrack „Mors aeterna“ ist abschließend ein energetisch-instrumentales Stück, das sehr gefällig aus dem Album leitet und direkt wieder Lust darauf macht, erneut den Play-Button zu drücken.
Würde ich „Mors aeterna“ und damit SANCTVS mit wenigen Schlagworten beschreiben müssen, würde das vermutlich wie folgt klingen: Die Rohheit und Unbekümmertheit der frühen Neunziger und die unerbittliche Bosheit der frühen Zweitausender plus die Atmosphäre des QCBM. Alle diese Punkte ergeben einen Sound, der sicherlich nicht innovativ ist, den Hörer allerdings mit so viel Energie, mit so viel Leidenschaft und Passion packt, dass man sich dem nicht mehr entziehen kann. Egal, welchen Part man sich aus dem Album herauspickt, man kann sicher sein, dass es eine großartige Erfahrung sein wird. Ich für meinen Teil bin nicht nur extremst begeistert, sondern zutiefst ergriffen. Wer sich Black Metaller nennt und sich diesen Release entgehen lässt, dem ist wahrlich nicht mehr zu helfen! PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten
Bereits jetzt könnt ihr euch das Album im Webshop des Labels als Pre-order sichern: Erhältlich ist es dort als CD sowie im digitalen Format auf Bandcamp. Am Releasetag gibt es alle Infos dazu noch einmal auf der Facebook-Seite von Black Salvation.
SANCTVS – Mors aeterna
Black Metal from Québec / Canada
Sepulchral Productions
Running time: 40:28 minutes
Release date: October 15th, 2019 (all formats)
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Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation