Ein Grund für die Implosion der zweiten Black-Metal-Welle in der zweiten Hälfte der Neunziger-Jahre war neben der Kommerzialisierung und der damit einhergehenden stets austauschbarer werdenden Qualität der Releases auch der Inzest innerhalb der Bands, da sich die immer gleichen Musiker in Myriaden von Bands verloren und diese somit noch austauschbarer und belangloser werden ließen. Auch heute gibt es immer noch Künstler, die in unzähligen Solo-Projekten und Bands ihre Kreativität ausleben, diese jedoch meistens mal mehr, mal weniger scharf voneinander abgrenzen. So auch ein extremst umtriebiger Maurice de Jong, der neben Gnaw their Tongues noch unzählige andere Projekte führt, die sich stilistisch zwar oft in sehr noisigem Black Metal bewegen, dafür jedoch immer andere Ansätze innehaben. Auch W. Damiaen, den meisten wohl von Laster bekannt, ist noch in einer Handvoll weiterer Bands aktiv, die sich ebenfalls deutlich voneinander unterscheiden. Die Zusammenarbeit dieser beiden Künstler unter dem MYSTAGOGUE-Banner war im Vorfeld also schon eine spannende Sache, und so durfte man mit doch recht hohen Erwartungen auf das erste gemeinsame Album „And the darkness was cast out into the wilderness“ warten. Und diese Wartezeit hat sich durchaus gelohnt, wie man im Folgenden nachlesen darf.
Acht Songs in nicht einmal 28 Minuten sind bereits die ersten Eckdaten, mit denen man bei oberflächlicher Betrachtung konfrontiert wird, was schon mal auf ein sehr kompaktes Songwriting schließen lässt. Dieser erste Eindruck bewahrheitet sich auch direkt mit dem Opener: „Bereaved of light“, das mit seiner einführenden Keyboard-Melodie sowie dem kurz darauf einsetzenden Riff-Gewitter an die besten Momente im Melodic Black Metal der Mittneunziger anzuknüpfen wagt, ist ein straight nach vorne treibender Track, dessen Break zum letzten Drittel diese Kompaktheit sehr deutlich unterstreicht, was den fast fließenden Übergang und das folgende „The gift of grief upon the black earth“ für wohlige Schauer (und ein zugegebenermaßen ziemlich fettes Grinsen) prädestiniert. Noch kürzer als der Eröffnungstrack gehalten, prescht man hier drauflos, als ob es kein Morgen gäbe. Diese Unbekümmertheit, die sich durch den kompletten Release zieht, macht den großen Charme aus, der sich jederzeit finden lässt. So auch im Titeltrack „And the darkness was cast out into the wilderness“, der ein wenig gezügelter nur im oberen Midtempo angesiedelt ist und für gehörig Atmosphäre sorgen kann. „Here in the white silence of the dawn“ setzt da noch ein gehöriges Maß drauf und holt sich hierfür Anleihen aus dem Atmospheric Black Metal, ohne diesen Stil komplett zu bedienen. Überhaupt erinnert man eher an die Vorreiter des Genres, als an aktuelle Vertreter – und bleibt trotz dieser gewissen Retro-Attitüde auch für die heutige Szene hörenswert. Denn Riffs wie in „And shrieking winds lash the oceans into madness“ oder „A nacreous-tinted halo of bright sorrow“ sind und bleiben absolut zeitlos. Das trifft im Übrigen auch für die Produktion zu, die sehr basisch gehalten wurde und ebenso wie beim Songwriting die Inspiration eher bei den Alben der zweiten Welle sucht. Das erzeugt nicht einen solch gewaltigen Druck wie bei aktuellen Releases, doch dafür sind Produktion und Mix sehr ausgewogen, was dem Album zusätzlich eine gewisse Zugänglichkeit gibt, die für das Genre ebenso unverzichtbar ist, wie spannende Songs. Die bietet man auch zum Abschluss in Form des wieder sehr atmosphärischen „Nothing but the night-black mantle“ sowie dem Albumcloser „The splendour of our demise“, der das Sahnehäubchen dieser acht Tracks ist und durch sein eher getragenes Tempo den perfekten Abschluss für ein richtig gutes Album findet.
Innovation sieht sicherlich anders aus, doch dem Fehlen dieser steht dafür eine ungeheure Spielfreude entgegen, die sich in wirklich starken Songs ausdrückt und ein (Melodic-) Black-Metal-Album hervorgebracht hat, das man guten Gewissens zu den sehr starken Releases dieses Jahr zählen darf. Eine rundum gelungene Atmosphäre, tolle Melodieführungen und ehrliche Passion sind weitere positive Aspekte von „And the darkness was cast out into the wilderness“, das MYSTAGOGUE einen beeindruckenden Einstand verschafft, den man sich nicht entgehen lassen sollte! KAUFEMPFEHLUNG!!! +++ 8,5 / 10 Punkten
Erhältlich ist das Album entweder über den Label-Webshop oder auf Bandcamp, und zwar als reguläre CD, digital sowie als 12″-LP auf schwarzem Vinyl (ohne Limitierung) und auf rotem Vinyl (limitiert auf 100 Stück).
MYSTAGOGUE – And the darkness was cast out into the wilderness
Black Metal from the Netherlands
Vendetta Records
Running time: 27:35 minutes
Release date: June 21st, 2019 (digital) / August 30th, 2019 (CD & LP)
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Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation