Es gibt im Occult Black Metal wenige andere Bands, die sich über die Jahre so stark entwickelt haben, wie die Schweden MEPHORASH. Waren die ersten beiden Alben eher noch so lala, steigerte man sich in der folgenden Zeit relativ stark und veröffentlichte 2015 mit „1557 – Rites of nullification“ ein sehr bemerkenswertes Album. Man durfte daher gespannt sein, ob man diesen Kurs auch mit dem im April erscheinenden „Shem Ha Mephorash“ halten würde. Die Antwort auf diese Frage ist definitiv „ja“.
Schon das sakrale Intro im Opener „King of kings, lord of lords“ sowie des einfadenden eigentlichen Songs zeugen von dieser Weiterentwicklung. Die Atmosphäre, die dadurch aufgebaut wird, begeistert unweigerlich; vor allem, da man sich nicht davor scheut, bereits nach dem ersten Geschwindigkeitsausbruch innerhalb der ersten vier Minuten ein Break hin zu einem fast schon zeremoniellen Part zu setzen, der schließlich im gewohnten, okkulten Black Metal aufgeht. Die Neugierde auf die folgenden Tracks ist also geweckt. Und die wird mehr als nur zufriedengestellt. Denn die nahtlosen Übergange von einem Song zum nächsten lassen das Album wie eine große Einheit erscheinen, so dass die vielen Tempiwechsel, die ständig eingestreuten, rituellen Breaks, Teil einer einzigen, großen Zeremonie sind. Und gerade tempimäßig eher zurückgenommene Tracks wie „Chant of Golgotha“ (eines meiner Höhepunkte) oder „Relics of Elohim“ machen dabei einen großen Reiz aus. Dadurch kommen auch die puren Black Metal-Anteile verdammt stark zur Geltung und verleihen dem Gesamtsound etwas fast schon Hymnisches. Dazu hört man sich am besten „Epitome I: Bottomless infinite“ an. Natürlich bringen es alle diese Elemente mit sich, dass man für das Album vor allem viel Zeit mitbringen sollte. Denn weder beim ersten oder zweiten Hören wird man wirklich warm mit dieser Vielschichtigkeit. Dazu braucht es mindestenes eine Handvoll Durchläufe, wenn nicht sogar mehr. Mit jedem weiteren Durchlauf öffnen sich die Tracks jedoch immer ein Stück mehr, so dass sich mehr und mehr Genuss beim Hören einstellt. Hilfreich dabei ist auch die Produktion, die klar und nuanciert jeden Ton aus den Boxen klingen lässt. Gerade die in den Leads relativ unverzerrten Gitarren sind dabei ein großer Pluspunkt, wozu man einfach mal das auch als Video veröffentlichte „Sanguinem“ antesten sollte. „Epitome II: The amrita of vile shapes“ sowie das schon im vergangenen Jahr als 7″-EP veröffentlichte „777: Third woe“ sind Beispiele dafür, wie alle diese Elemente zusammengenommen klingen. Der fünfzehnminütige Schluss- und Titeltrack „Shem Ha Mephorash“ allerdings ist der absolute Höhepunkt des Albums. Nicht nur seiner Länge wegen, seiner intensiv miteinander verwobenen Stilelemente – sondern durch das Überschreiten jeglicher Stilelemente. So ist es im Grunde völlig unerheblich, welches Etikett man der Band verpassen möchte – sie würden alle passen: Occult Black Metal, Epic Doom Metal, Blackened Doom Metal – alles trifft zu und ist dennoch nur eine grobe Umreißung dieses Soundkosmos, der ein zunächst schwieriges, nach einiger investierter Zeit allerdings umso intensiveres Album abschließt.
Wenn ich abschließend etwas an diesem Album auszusetzen hätte, dann müsste das die lange Spielzeit von 74 Minuten sein, da ich im Allgemeinen eher die Hälfte dieser Zeit als optimale Länge eines Albums empfinde. Im Kontext des Genres gesehen sowie der grandiosen Atmosphäre, die „Shem Ha Mephorash“ aufbaut, fällt dieser Kritikpunkt allerdings eher halbherzig aus. Sicher: Nicht jeder wird die Geduld haben, sich so intensiv mit diesem Release auseinanderzusetzen, wie er es verdient hätte. Und nicht jeder wird das beinahe hymnische Element, das vielen Songs innewohnt zu schätzen wissen. Doch sollte man sich vergegenwärtigen, dass auch ein Subgenre wie Occult Black Metal von verschiedenen Ausdrucksformen lebt und mir persönlich gefällt das Album gerade deshalb so gut, weil es eben nicht der x-te Aufguss von Ofermod und Konsorten ist. Jeder, der willens ist, über den Tellerrand zu schauen und dem intensive Musik an sich wichtiger ist als irgendwelches Genredenken, der sollte sich MEPHORASH ganz groß auf seinen Zettel schreiben. PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten
Nicht nur des hübschen Covers wegen sollte man sich das Album in die Sammlung stellen, sondern in erster Linie natürlich der Musik wegen. „Shem Ha Mephorash“ erscheint zudem als Doppel-LP im Gatefold-Cover (limitiert auf 500 Exemplare). als Digipack-CD, als auf 100 Stück limitiertes Tape sowie digital, so dass die Entscheidung nicht leicht ist.
MEPHORASH – Shem Ha Mephorash
Black Metal from Sweden
Shadow Records / Helter Skelter Productions
Running time: 74:02 minutes
Release date: April 18th, 2019 (all formats)
Helter Skelter Productions Bandcamp
Mephorash Bandcamp
Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation