Osmose Productions haben in den Neunzigern zu den Labels gehört, deren Releases man blind kaufen konnte, selbst wenn man absolut neu in der Szene war. Mit Bands wie Marduk, Impaled Nazarene, Immortal, Absu, Angelcorpse oder Vital Remains hatte man ein extrem starkes Roster aufzufahren, dass zudem eine hochklassige Veröffentlichtung nach der anderen auf die willige Meute losließ. 2019 könnte generell wieder zu einem extrem starken Jahr werden und da ist es nicht verwunderlich, dass auch dieses Label vorne mitspielt. Mit den Norwegern NORDJEVEL hat man zudem den besten Beweis dafür, dass man nichts von der Brutalität eingebüßt hat, für die das Label einst bekannt war. „Necrogenesis“ ist das mittlerweile zweite Album, und nachdem der mit „Nordjevel“ betitelte Vorgänger bereits sehr stark war, durfte man hier einiges erwarten.
Diese Erwartungen trügten auch nicht, was man bereits nach dem ersten Probehören festellen konnte. Und mit den folgenden Wochen entwickelte sich beinahe ein ähnlicher Sog, der die Klassiker bis heute umgibt. Andere Bands bringen den Spirit dieser Zeit zwar wesentlich besser rüber (siehe Gjendød), doch wirft man den Begriff Traditionalismus in den Raum, dann spielen NORDJEVEL auf jeden Fall ganz oben mit. Die Bezüge zur zweiten Welle sind klar gewollt, dem Ganzen wird allerdings mit einer brutalen Produktion erst der richtige Kick verpasst. Und selbst die extrem dominant in Szene gesetzten Drums können den Eindruck eines guten Mixes nicht verwässern. Und mal ehrlich: Jemandem wie Dominator (ex-Dark Funeral) muss man einfach diesen Raum auf einem Release wie diesem zusprechen.
Wirklich gut gefällt zudem, dass man sinnvoll die im Midtempo gehaltenen Passagen in die unbarmherzig nach vorne treibenden integriert hat. So ist der Opener „Sunset glow“ ein Beispiel dafür, wie man dadurch eine unglaublich intensive Dynamik schaffen kann. Selbst, wenn man dem Drumming stellenweise eine deutlich höhere Geschwindigkeit zugesteht, als dem Riffing, wirkt dies nicht verkopft, sondern führt zu Abwechslung. So geschehen in „Devilry“, dass relativ früh auf dem Album einen ersten Höhepunkt setzt. Schwierig ist allerdings, einen wirklich eindeutigen auf dem Album zu benennen. Denn obwohl man in der Grundstruktur brutalen Black Metal spielt, so hat man doch auch viel Varianz in seinem Songwriting, was „The idea of One-ness“ eindrucksvoll beweist, für das man zwei Dekaden früher wahrscheinlich ein Video gedreht hätte. Das Zusammenspiel zwischen den im Tempo variierenden Parts funktioniert hier hervorragend, so dass man es durchaus konsequent nennen kann, dem Flow des Albums noch eine weitere Komponente in Form von komplett herausgenommener Geschwindigkeit in „Black lights from the void“ zu gönnen. Und das, ohne in doom-ähnliche Gefilde abzugleiten, wie das bei anderen Bands gerne geschieht. Diese Verknüpfung von purer Reverenz an die Neunziger mit einem modernen Anspruch an das Songwriting macht den großen Reiz aus, wenn man sich schließlich das mit einem Video veredelte „Amen whores“ zu Gemüte führt.
Ein Track, der alleine für sich steht und den Begriff Black Metal an sich definiert, möchte man sagen. An anderer Stelle betonte ich ja bereits mehrmals, dass diese Art der Musik wesentlich mehr mit der ursprünglichen Intention zu tun hatte, brutale Musik zu spielen und somit der Gesellschaft und auch einem großen Teil der Metal-Szene den Mittelfinger zu zeigen. (Ich weiß, ich wiederhole mich, aber man kann das nicht oft genug sagen.) Und mal ehrlich: Eine Band wie NORDJEVEL dürfte den normalen 08/15-Metaller eher vor den Kopf stoßen, als das irgendwelche Rumpel-Pumpel-trve-Kartoffelkeller-Bands tun. Vom Energielevel gar nicht zu sprechen, der hier geboten wird: Denn man spürt keine Ermüdungserscheinungen, mit „The fevered lands“ geht es ohne Gnade immer weiter vorwärts. Zu einem meiner persönlichen Höhepunkte gehört ohne Zweifel „Nazarene necrophilia“, dass ein wahres Midtempo-Monster und einfach nur ein brutales Stück Musik ist, dass sich ohne Umschweife seinen Weg durch die Hirnwindungen fräst. „Apokalupsis Eschation“ kann da nicht ganz anknüpfen, ist aber nichtsdestotrotz eine ordentliche Ladung schwarzer Stahl, der sich perfekt in das Album einfügt. Warum Marduk niemals einen Track „Panzerengel“ benannt haben, ist mir ein Rätsel, da keine andere Bands sonst für solch einen Titel prädestiniert schien. Und dann kamen NORDJEVEL: Mit diesem Achtminüter setzt man abschließend das Zeichen, dass Black Metal nicht nur durch pure Raserei, tödliche Kälte und einer alles verachtenden Ideologie lebt, sondern vor allem anderen eines ist: Eine musikalische Ausdrucksform, die man nicht mal eben so runterholzt, sondern die womöglich authentischste und leidenschaftlichste (gleich nach Doom Metal), in der man nur überleben kann, wenn man so kompromisslos sein Ziel verfolgt, wie auf diesem Album geschehen. Diesen Track sollte wirklich JEDER gehört haben.
Junge, Junge, was da über den geneigten Hörer hinweg rollt, ist nicht von schlechten Eltern. Es sind gerade einmal zwei Monate im laufenden Jahr vergangen und schon liegt mit „Necrogenesis“ der nächste Hochkaräter vor. NORDJEVEL ist hier ein extrem energetisches und authentisches Stück brutalen Black Metals gelungen, der so überzeugend nur wenigen anderen Bands gelingt. So lange Alben in dieser Qualität erscheinen, ist mir um den Fortbestand der Szene nicht bange. PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten
Wie gewohnt, gibt es auch „Necrogenesis“ bereits jetzt im Vorverkauf zu erwerben. Dabei wird es als normale CD, als limitiertes Digipack, sowie als jeweils auf 250 Exemplare limitierte Doppel-LP auf schwarzem oder rotem Vinyl im Gatefold-Cover, als Tape und natürlich digital erhältlich sein.
NORDJEVEL – Necrogenesis
Black Metal from Norway
Osmose Productions
Running time: 47:15 minutes
Release date: March 29th, 2019 (all formats)
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Osmose Productions Bandcamp
Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation