Beginnen wir dieses Review einmal mit einem Spielchen: Über was rege ich mich im Durchschnitt am meisten im Black Metal auf? Richtig: Über Produktionen, die wie im Kartoffelkeller aufgenommen klingen, sich darunter aber teilweise wirklich gutes Material verbirgt. Dem dann das Prädikat „trve“ aufzusetzen und vor allem das dann auch noch „Metal“ zu betiteln schlägt dem Faß regelmäßig den Boden aus. Jeder, der länger auf Black Salvation unterwegs ist, weiß ja, dass ich Produktionen in aller Regel sehr ernst nehme und mir ein durch meine Boxen brüllendes, gewaltiges Riffgewitter tausendmal lieber ist als undefinierbares Rauschen. Jede Regel bedingt allerdings auch Ausnahmen, und hier kommen wir zu KLUIZENAER aus Potsdam. Die haben seit 2015 ein Album, eine Single, eine EP sowie eine Split vorzuweisen und vergangenen November ihre zweite EP, „Das ungebrochene Schweigen“, veröffentlicht.
Und die ist wie schon das Vorgängermaterial wieder richtig gut gelungen. Ja, der Sound ist natürlich nicht optimal. Die Vocals ein wenig zu weit hinten, die Produktion relativ weit am unteren Rand, so dass man mehrere Durchläufe braucht, bis man in die Songs eingestiegen ist. Warum ich dann von gelungen rede? Ganz einfach: Trotz dieser suboptimalen Voraussetzungen kann die Band Songs schreiben, die nicht im Einheitsbrei untergehen. Und ein ganz wichtiger Punkt ist, dass man sich diese jederzeit mit einer voll ausgereiften Produktion vorstellen kann, die dir die Anlage in Stücke prügelt. Dazu muss man einfach mal das Kopfkino anschmeißen. Gehen wir deswegen nun einfach ein wenig mehr auf die einzelnen Tracks ein: Das Intro „Umnachtung“ stellt direkt eine wesentliche Anleihe im Soundgefüge der Band vor: Songübergreifend arbeitet man hin und wieder mit Ambientspielereien, die sich natürlich einfügen und nie als Mittel zum Zweck dienen. Denn mit dem Opener „Selbstquäler“ gibt es in erster Linie Black Metal der harschen Sorte auf die Ohren. Der erinnert in seiner Struktur sehr an die sonst von mir nicht so geliebten Portugiesen (wegen der bekannten Gründe, siehe Einführung). Der große Unterschied ist eben einfach die Präsentation der Songs. Somit kommt auch ein Interludium wie „Allein in götterlosen Wüsten“ gut zum Tragen, welches dem Titel atmosphärisch wirklich gerecht wird und eine Abwechslung zu den sonst weitgehend durchgeprügelten Tracks darstellt. Auch mit langen Songs kommt man sehr gut klar, wie „Es trägt die stille Nacht“ zeigt: Neun Minuten lang baut man diesen von erst langsam tragenden Tönen bis hin zu einem gewaltigen Ausbruch auf. Die typisch hohen und gekreischten Vocals kommen hier besonders gut zur Geltung da man diese ebenfalls in den Tonlagen immer variiert und nicht stumpf herausschreit, was ein weiteres Problem der portugie… Ach, lassen wir das. Mit „Unterwerfung“ schließt die EP so furios, wie sie begonnen hat. Auch zeigt sich hier, dass selbst bei herausgenommenem Tempo nichts von der Energie verloren geht, die man im Laufe der Spielzeit aufgebaut hat. Ein würdiger Abschlus einen starken EP.
Die größte Schwierigkeit bestand am Ende darin, wie ich „Das ungebrochene Schweigen“ denn nun bewerten soll. Rein objektiv spräche die Produktion gegen eine hohe Wertung, wären da nicht die Songs und die generelle Atmosphäre, die die EP aufbaut. Die ganze Zeit über dachte ich, „bitte gebt mir das genauso mit einer ausgereiften Produktion“. Und das schaffen nicht viele Bands in dieser Stilrichtung. Streng genommen, kaum eine. KLUIZENAER bewegen sich mit ihrem Songwriting allerdings auf einem schon relativ hohen Niveau, ohne etwas von der Rohheit zu verlieren, die das Genre ausmacht. Das führte letztlich zu folgender Wertung und ich empfehle wirklich jedem, sich diese EP einmal gründlich zu Gemüte zu führen. KAUFEMPFEHLUNG!!! +++ 8 / 10 Punkten
Momentan ist „Das ungebrochene Schweigen“ nur digital erhältlich. In Kürze wird jedoch via Wolves of Hades Records ein Tape-Release nachgeschoben. Infos dazu wird es zeitnah auf Facebook geben.
KLUIZENAER – Das ungebrochene Schweigen
Black Metal / Ambient from Germany
Self-distributed / Independent
Running time: 25:10 minutes
Release date: November 14th, 2018 (digital)
Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation