Spricht man von isländischem Black Metal, so haben wenige Bands einen solchen Impact auf die Szene gehabt, wie Misþyrming. Natürlich ist die Qualität der Musik von der eisigen Insel generell sehr hoch und es dürfte schwerfallen, auch nur eine Handvoll Bands zu nennen, die unter einem gewissen Qualitätsstandard liegen, unabhängig vom umgesetzten Stil. Was jedoch den puren, unverfälschten Black Metal angeht, so liegt das Quartett aus Reykjavik so gut wie unangefochten an der Spitze. Das Debüt schlug 2015 ein wie eine Bombe, zumal die Band aus dem Nichts kam und sich innerhalb kürzester Zeit einen exzellenten Ruf auch an der Livefront erarbeitete. So durfte man sehr gespannt auf das kommende Album sein, das übermorgen in den Läden stehen und „Algleymi“ (Oblivion) betitelt sein wird.
Schon der Opener „Orgia“ ist ein Ausbruch, wie man ihn nur allzu selten erlebt: Majestätisch brechen sich die ersten Riffs ihre Bahn, das solide und kraftvolle Drumming zementiert ein über das gesamte Album reichendes Fundament, die Keyboards werden punktuiert und sinnvoll eingesetzt und die Vocals sind neben den allgegenwärtigen Melodien erneut die große Stärke. Mit dem folgenden „Með svipur á lofti“ (With whips aloft) halten auch die Breaks Einzug, die dem Bandsound ihre unvergleichliche Atmosphäre geben. Man wird förmlich mitgerissen von der Urgewalt, die Tracks wie „Ísland, steingelda krummaskuð“ (Iceland, castrated dump), „Og er haustið líður undir lok“ (When autumn ceases) oder das Instrumental „Hælið“ (The asylum) aufbauen. Die für isländische Bands so typische Melancholie, ja beinahe schon Weltabgewandheit, findet hier zu ihrem absoluten Höhepunkt. Selten genug kommt es zudem vor, dass man dermaßen von den Songs überwältigt wird, dass einem schlicht die Worte fehlen, um diesem großartigen Erlebnis gerecht zu werden. Natürlich wäre es ein Leichtes, blumige Umschreibungen zu finden – die jedoch allesamt in keinster Weise dem gerecht werden könnten, was den Hörer in diesen 46 Minuten erwartet. Man führe sich nur einmal das gewaltige „Allt sem eitt sinn blómstraði“ (Everything that once prospered) zu Gemüte, das so erhaben und gleichzeitig so unbarmherzig über einen hinwegfegt, dass man sich seiner Unbedeutendheit im großen Ganzen wieder einmal bewusst wird. Dem stehen auch nicht das folgende „Alsæla“ (Ecstasy) sowie der abschließende Titeltrack nach, die beide nochmals betonen, dass Misþyrming eine Macht sind, mit der man hoffentlich noch sehr lange Zeit regelmäßig rechnen darf!
Was für ein furioses Erlebnis! Von der ersten bis zur letzten Sekunde liegt hier ein Album vor, das vielschichtig aufgebaut und dennoch straight ist. Misþyrming stellen somit ein weiteres Mal unter Beweis, dass sie zur ausgewiesenen Speerspitze im aktuellen Black Metal zählen. Ob nun rasend schnell, melodisch oder im Midtempo episch riffend, das Quartett überzeugt in jeder noch so kleinen Nunace, so dass sich eine lange und intensive Beschäftigung mit „Algleymi“ mehr als nur lohnt. Unzweifelhaft hat man es hier mit einem der besten Alben des Jahres zu tun! PFLICHTKAUF!!! +++ 9,5 / 10 Punkten
Im Webshop des Labels ist „Algleymi“ bereits erhältlich, und zwar als CD sowie als Gatefold-LP. Digital ist es unter anderem über Bandcamp zu bekommen.
Misþyrming – Algleymi
Black Metal from Iceland
Norma Evangelium Diaboli
Running time: 46:16 minutes
Release date: May 24th, 2019 (all formats)
Norma Evangelium Diaboli Webshop
Norma Evangelium Diaboli Bandcamp
Misþyrming Bandcamp
Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation