Zu den release-freudigsten Bands gehören ohne jeden Zweifel die Norweger GJENDØD: Seit deren Gründung 2015 sind insgesamt fünf Demos, zwei Compilations sowie eine Full-length erschienen. Und obwohl gerade ein Teil der Demos nur in absoluten Kleinstauflagen erschienen ist, hat sich das Duo in dieser kurzen Zeit den Ruf einer kompromisslos agierenden Band erarbeitet, die konsequent ihrer musikalischen Vision folgt. Und die lautet ohne jeden Zweifel: Black Metal in seiner pursten Form zu zelebrieren. Bereits das vor zwei Jahren erschienene Debüt „Nedstigning“ war ein extrem bemerkenswertes Album, das sehr viele aufhorchen ließ und das weltweit fast durchgehend positive Resonanzen erntete. Dass man sich dieser Erwartungshaltung nicht beugte, dafür sind nicht nur die vier folgenden Demos ein Zeichen, sondern vor allen Dingen das nun in wenigen Tagen auch als CD und digital erscheinende zweite Album „Krigsdøger“, das bereits im vergangenen Oktober als Tape veröffentlicht wurde.
Wenn man mit einem Opener wie „Om å tro“ in ein Album einsteigt, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder hat man nach wenigen Tracks sein Pulver verschossen oder aber hier sind Könner am Werk, die diese Urgewalt über die komplette Albumdistanz hinweg halten. Und ohne jeden Zweifel trifft hier die zweite Annahme zu. Ohne Umschweife wird hier purster norwegischer Black Metal in seiner reinsten Form präsentiert, der an allen Ecken und Enden den Spirit zu Beginn der zweiten Welle Anfang der Neunziger wieder erweckt. Dabei ist es vor allem nicht das Festlegen auf ein bestimmtes Element im Sound, der den Reiz ausmacht, sondern das Bewegen innerhalb eines festgelegten Radius. Ist der Opener noch ein gewaltiger Ausbruch an Energie, so kanalisiert man diese im folgenden „Livet ditt“ in ein zähes vor sich hin brodelndes Stück schwarzer Kunst. Wo andere Bands ihr Heil in variablen Tempis innerhalb der Songs suchen, geht man hier größtenteils einen anderen Weg: Varianz erreicht man ausschließlich durch einzeln abgegrenzte Tracks, die jeweils ihre ganz eigene Stimmung haben und auch tempomäßig eigenständig agieren. Will heißen: Gibt man Gas, bleibt das die Spielzeit des Tracks über so; reduziert man das Tempo im nächsten Song, bleibt man ebenfalls in diesem. Ist „Når sårene er renset“ wieder pure Raserei, so folgt mit „Hold pusten“ ein wieder eher in mittleren Regionen angelehntes Stück. Dieses hat zudem eines der wenigen wirklichen Breaks des Albums zu bieten, in welchem man die Geschwindigkeit herausnimmt und dadurch sogar noch einiges an Atmosphäre gewinnen kann. Und dieses Wechselspiel ist wirklich reizvoll; egal, wie vorhersehbar es vielleicht sein mag. Denn die musikalische Klasse ist bemerkenswert. Da ist es schon ein wenig schade, dass die Drums extrem dominant sind, ein Teil der Gitarrenspuren dadurch zu weit hinten agiert und dies ausgerechnet diejenigen sind, die durch klare Tonalität oder melodischere Parts viel Farbe in den Gesamtsound bringen. Unerheblich, ob es sich dabei um einen Hochgeschwindigkeitsausbruch wie „En pålagt byll“ oder einen etwas reduzierteren wie „Skill deg ad“ handelt. Nicht falsch verstehen: Man hört alles mehr oder minder klar heraus, nur ist es nicht immer einfach. Da hätte ein wenig mehr Feinschliff im Mix wirklich gut getan. Denn an sich ist hier eine sowohl brutale als auch stimmungsvolle Produktion gelungen, die sowohl jedweder Anbiederei an die Moderne als auch den ganzen Neunziger-Worship-Bands gepflegt den Mittelfinger zeigt. Ein Hassausbruch wie der Titeltrack ist da nur die logische Konsequenz, auf den nur das schleppende „Å puste liv i råttent kjott“ folgen kann. Der Albumcloser „Ut fra livet“ ist der einzige Ausreißer, da er Midtempo- und Uptempopassagen gekonnt verknüpft und zudem als ausgedehntes Outro dient. Und wer hier nicht sabbernd vor der Anlage hockt, der hat entweder das falsche Album gehört, oder ist taub. Für alle anderen dürfte gelten: Sofort wieder auf Play drücken!
GJENDØD sind nicht ohne Grund „the bloodiest band in Black Metal“. Denn kaum eine andere Band atmet und lebt diesen einzigarten Spirit, der uns vor nahezu dreißig Jahren restlos diesem Stil verfallen ließ. Es ist zudem eine Kunst, dieses Stück roher Gewalt so authentisch leidenschaftlich zu zelebrieren, dass absolut kein Zweifel daran bestehen kann, dass mit „Krigsdøger“ vermutlich eines der besten Alben in diesem Genre überhaupt veröffentlich wurde. Wäre dieses Album vor 25 Jahren erschienen, wäre es heute mit Sicherheit Kult. Aber wer sagt, dass es das nicht werden kann? Für meinen Teil liegt hier ein verdammt erinnerungswürdiges Album vor, dass sich jeder in seine Sammlung holen sollte. PFLICHTKAUF!!! +++ 8,5 / 10 Punkten
Wem auch abseits der Musik die Gestaltung eines Albums wichtig ist, der dürfte mit diesem Release ebenso glücklich sein wie ich. Denn das verwendete Gemälde von August Capellen (1827-1852) passt alleine schon atmosphärisch sehr gut, auch wenn das auf den ersten Blick nicht so offensichtlich ist. Schade, dass man auf die Veröffentlichung auf Vinyl noch warten muss, da das Album neben dem Tape-Release nun zuerst auf CD und digital erscheinen wird. Sobald der Release-Termin für die Vinyl-Editon vorliegt, wird dies natürlich auch auf Black Salvation kommuniziert werden.
GJENDØD – Krigsdøger
Black Metal from Norway
Darker than Black Records (Tape, Vinyl) / Hellthrasher Productions (CD, digital)
Running time: 38:26 minutes
Release date: October 27th, 2018 (Tape) / March 9th, 2019 (CD & digital, vinyl t.b.a.)
Hellthrasher Productions Webshop
Hellthrasher Productions Bandcamp
Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation