Es ist seltsam: Fällt der Begriff ‚Death Metal‘, dürften die meisten wohl als erstes an Länder wie Schweden, die USA oder Finnland denken. Eventuell noch Deutschland, Polen und Südamerika. Die Chancen stehen mehr als gut, dass man beim Erraten des Herkunftlandes der jeweiligen Band ins Schwarze trifft. So auch bei ENSNARED, denen man ihre Herkunft aus Schweden unverkennbar anhört, obwohl sie nichts mit dem tyischen Swedeath zu tun haben. Seit 2010 aktiv, hat man in dieser Zeit eine Demo und eine EP veröffentlicht. Zwischen dem EP-Release im September 2013 und dem im Mai diesen Jahres veröffentlichten Debüt „Dysangelium“ vergingen satte 44 Monate, was darauf schließen lässt, dass man sich für die Veröffentlichung viel Zeit genommen hat, um die Qualtiät weiterhin so hoch halten zu können, wie es bereits die ersten beiden Releases versprachen (und was man zwischen 2005 bis 2010 bereits mit Gravehammer ins Rollen brachte). Und das ist definitiv rundum gelungen. Das Jahr 2017 strotzt bisher nur so von erstklassigen Debüts im Death Metal (ebenso wie im Black Metal), so dass manch einer auf Grund des Überangebots sicherlich etwas zurückhaltender in seiner Euphrie wäre. Dagegen spricht allerdings, dass man bereits beim ersten großen Death Metal-Boom Ende der Achtziger / Anfang der Neunziger gut ausgesiebt und die Spreu vom Weizen getrennt hat. Überlebt haben in erster Linie die Bands, die mit Herzblut und voller Überzeugung bei der Sache waren. Und das schlägt sich eben auch in der heutigen Szene wieder. Es gibt nach wie vor Bands, die aus jedem noch so kleinen Trend Kapital schlagen wollen; die gehen heute dankenswerter Weise jedoch ebenso schnell unter, wie sie hochgekommen sind. Die, die es schaffen finden entweder ihre ganz eigene Nische oder aber haben einfach einen unverkennbaren Sound, den man mit nichts anderem vergleichen kann, obwohl man immer noch eindeutig das eine oder andere Genre bedient.
In diese Kerbe schlägt eben auch das ENSNARED-Debüt. Die Schweden brennen förmlich für den Death Metal, wie der Opener „Crushing the meek of heart“ extrem eindrucksvoll beweist. Und nicht nur die starke Produktion unterstreicht diesen ersten Eindruck. Auch die musikalischen Fähigkeiten sind ohne jeden Zweifel extrem gut. Im oberen Midtempo mit fast durchgehender Doublebass, eigenständigem Riffing und in mittleren Tonlagen gegrowlten Vocals angelegt, schafft man von diesen ersten Momenten an richtig viel Spannung auf die etwas mehr als 45 Minuten feinsten Todesmetalls. Das anschließende „Interlude I“ als Instrumental nimmt diese nicht etwa heraus, sondern schafft eine Brücke zum folgenden „Gale of Maskim“: Einen ordentlichen Zacken schneller als der Opener und mit einigen verdammt guten Leads gefüllt (im besten Sinne des Wortes), ist nach dieser knappen Viertelstunde bereits ein erster Höhepunkt erreicht. Alleine schon das letzte Viertel, in dem ein Lead immer und immer wieder wiederholt wird und die Snare unbarmherzig dazu klopft, wirkt regelrecht hypnotisch. „Interlude II“ ist hier das genaue Gegenteil. Vom Rhythmus sehr ritualistisch, nimmt man erstmals das Tempo komplett heraus und verschafft dem Hörer so eine kurze Atempause, bevor man in „Antiprophet“ überwiegend wieder aufs Gas drückt. Der Mittelteil, in dem die Geschwindigkeit kurz herausgenommen wird, sorgt hier für die nötige Abwechslung. Das sehr ruhige, fast schon tranceartige „Interlude III“ ist ein regelrechter Kontrapunkt zum bisherigen Material des Albums, leitet allerdings auch perfekt über zum schon im Vorfeld des Releases vorgestellten „Apostles of dismay“. Und auch im Kontext des Albums gesehen ist dieser Track der absolute Höhepunkt: Das sehr langsame Intro, das nach dem ersten Drittel in die schon bekannten Geschwindigkeitsregionen wechselt, schafft Atmosphäre pur. Man stelle sich Dissection einfach ohne deren typische Melodien vor, dann kommt man auf die Essenz dessen, was ENSNARED und besonders diesen Track ausmachen. Der nahtlose Übergang in „Interlude IV“ ist ebenfalls ein gut geglücktes Kunststück, da man sich auf diese Weise nicht aus dem Track herausgerissen fühlt und somit doch recht eindrucksvoll das letzte Drittel eingeleitet wird. „Impious immance“ schwebt erneut in rasenden Death Metal-Sphären und hat zudem erstklassige Leads und das eine oder andere gut eingestreute Break. Die sind natürlich auch in anderen Tracks vorhanden, aber in „Impious…“ sind sie am effektivsten eingesetzt. Das nun folgende „Interlude V“, das letzte auf „Dysangelium“, ist wie die anderen wieder völlig unterschiedlich zu diesen und ist ein kurzes akkustisches Zwischenstück. Mit dem Album-Closer und gleichzeitig dem Titeltrack wird abschließend der Kreis geschlossen. „Dysangelum“ vereint wunderbar alle Stärken des Albums in seinen sechs Minuten und hat zudem das am stärksten an die schon genannten Dissection erinnernde Lead. Große Klasse!
Ich hatte mich extrem auf „Dysangelium“ gefreut und bin umso glücklicher, jetzt endlich die Zeit gehabt zu haben, mich mit diesem ausgezeichneten Werk zu befassen. Ganz persönlich gilt, dass es in einem reinen Top-10-Ranking der besten Death Metal-Alben dieses Jahres ganz weit oben landen würde und es sicher auch wird. Jeder, der Wert auf eine Mischung aus brutalen und stellenweise melodischen Leads legt, wird an diesem Album seine wahre Freude haben. Definitiv Pflichtkauf!!! +++ 8,5 / 10 Punkten
Wer sich dieses fantastische Album Schwedentods nicht ins heimische Regal stellt, erntet zumindest von mir nur Unverständnis. Daher ab in den Shop von Invictus Productions bzw. deren Bandcamp-Shop und sich das Album endlich geordert.
ENSNARED – Dysnagelium
Death Metal from Sweden
Label / Vertrieb: Dark Descent Records / Invictus Productions / Bandcamp (Download)
Running time: 47:37 minutes
Release date: 12.05.2017