Ich werde ziemlich oft gefragt, „Sag mal, hörst du eigentlich permanent ausschließlich Metal?“ Das ist im Grunde eine sehr lustige Frage, würde sich die doch von alleine beantworten, wenn man nur einmal ein bisschen Zeit erübrigen und auf das achten würde, was ich schreibe und poste. Wer neu hier ist: Nein, natürlich höre ich nicht den ganzen Tag Metal (obwohl es viele solche Tage gibt). Generell läuft bei mir ziemlich viel düstere Musik (danke an dieser Stelle an Prophecy Productions für weit über zwanzig Jahre davon) – die Spannweite reicht dabei von treibendem Gothic Rock bis hin zu düsterem Folk. Als Mensch, der sich zu einem großen Teil über die Musik definiert, ist mir eine gewisse Abwechslung einfach wichtig und es gibt nichts Schlimmeres, als ständig und ununterbrochen nur einem einzigen Stil zu frönen. Das schlägt sich auch mehr und mehr auf Black Salvation nieder, wie der eine oder andere von Euch sicher bemerkt haben wird. Und heute gehen wir noch einen Schritt weiter: Denn mit „Fire in the white stone“ erscheint dieser Tage das zweite Album des Dark-Folk-Projekts WOLCENSMEN, das das geistige Kind des Winterfylleth-Gitarristen Dan Capp ist.
Das erste, das unweigerlich auffällt, ist die fantastische Produktion: Die wurde von John A. Rivers realisiert, der bereits mit Dead Can Dance zusammenarbeitete und nun auch WOLCENSMEN zu einem sehr warmen und dynamischen Soundbild verholfen hat. Jede einzelne Note strömt dabei so klar aus den Boxen, dass es völlig unerheblich ist, ob man die Songs nun eher leise oder etwas kraftvoller hört. Das passt wunderbar zu den überwiegend recht ruhigen Songs an sich, die dennoch genügend Abwechslung beinhalten, um dem Album einen spannenden Flow zu verpassen. Auch sind Einflüsse von Tolkien über Wagner bis hin zum Grals-Mythos nicht von der Hand zu weisen und so offensichtlich, dass die dadurch kreierte Stimmung auch eher bereichert wird denn als Abklatsch zu gelten. Denn die Songs stecken voller Inspiration und sind zudem fantastisch arrangiert und instrumentiert. Hier entstehen sie nicht durch Improvisation oder Jams, sondern sind bis in die letzte Note durchkomponiert, was ihnen unglaublich gut tut. Die so erschaffene Atmosphäre ergibt ein rundes Gesamtbild, das das Konzept, auf dem „Fire in the white stone“ aufbaut, noch unterstützt. Leider liegt mir die Kurzgeschichte, die von Dan Capp selbst dafür verfasst wurde, nicht vor, weswegen ich einen kurzen Abriss, um was es geht, aus der Promo zitiere:
„Fire in the white stone“ is a timeless tale of mystery and destiny, in the spirit of Tolkien, Wagner and the Grail mythos (influences which Dan wears plainly on his sleeve). A hapless young man breaks away from home and flees into the wild, forsaking companionship and comfort. He is subjected to a stream of extraordinary happenings, encountering among other things 1 mysterious old man, 2 unusual swans, 3 ghostly maidens and 4 dwarf-like beings. Against this otherworldly backdrop, Wolcensmen’s music and lyrics convey the emotions and atmospheres of a multi-layered story.“
Natürlich ist dies nur ein grober Überblick, doch er versinnbildlicht bereits sehr gut und anschaulich, wieviel Sorgfalt hier auf ein stimmiges Gesamtprodukt gelegt wird. Um dieses mit einem Wort zu umschreiben: Atmosphäre! Denn darum geht es im Grunde bei WOLCENSMEN: Das Erschaffen einer musikalischen Welt, die sich stimmig wie ein Schutzwall über unseren durchtechnisierten und hektischen Alltag legt. Das Hineinfinden in die Musik ist dabei nicht schwer, trotz des feingliedrigen Songwritings, so dass die Songs gut als Alltagsflucht taugen, sich aber vollständig erst bei intensiver Beschäftigung öffnen. Die gut 50 Minuten vergehen dabei jedoch viel zu schnell, so dass jeder erneute Durchgang stets eine weitere kleine Reise ist – in die Musik, aber auch in sich selbst. Dass dies jedes Mal aufs Neue so exzellent gelingt und stets ein wunderbar warmes Gefühl im Hörer hinterlässt, ist nicht zuletzt der klischeefreien Heransgehensweise ans Songwriting zu verdanken, das sich mit keiner anderen Band vergleichen lässt. Und genau dafür kann man – abgesehen von der Musik – nicht dankbar genug sein! Ich bin sehr, sehr begeistert.
Das wirklich Beeindruckende an „Fire in the white stone“ ist seine massive Immersion, die das Konzeptalbum auf den Hörer ausübt. Dass Dan Capp als Musiker wie als Fan sehr von dieser Sorte Alben beeinflusst ist, hört man aus jeder Note heraus und macht die Songs in ihrer Gesamtheit zu etwas, was man in dieser Form eher aus dem Progressive-Bereich kennt: Sie fließen, transportieren Gefühle, wechseln von romantischen und reduzierten hin zu melancholischen Klangkaskaden und wecken im Hörer eine tiefe Emotionalität, die immer stärker wird, je öfter man das Album hört. Die sehr warme Produktion unterstützt dies noch und wer auch nur den Hauch von musikalischer Offenheit verspürt, der sollte sich WOLCENSMEN unbedingt auf die Wunschliste setzen. Eines der ganz, ganz großen Alben dieses Jahr! PFLICHTKAUF!!! +++ 9,5 / 10 Punkten
Erhältlich ist das Album bereits jetzt als Pre-order in den folgenden Formaten: Als Digisleeve-CD, als 12″-Doppel-LP im Trifold-Sleeve auf schwarzem Vinyl sowie auf weißem Vinyl (beide Versionen inkl. einer zusätzlichen EP) und natürlich digital. Am Releasetag gibt es diese Infos natürlich noch einmal als Übersicht auf der Facebook-Seite von Black Salvation zu lesen.
WOLCENSMEN – Fire in the white stone
Dark Folk from the United Kingdom
Indie Recordings
Running time: 49:31 minutes
Release date: September 20th, 2019 (all formats)
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Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation