Es gibt einfach Bands, die bekommt man nicht mehr aus seinem Kopf heraus. Im besten Falle liegt das natürlich an der (guten wie schlechten) Musik, die sich den meisten Menschen wohl am ehesten einprägt. Aber auch der Bandname spielt dabei eine nicht unwesentliche Rolle. Manche sind kurz und sofort einprägsam, hin und wieder einfach total albern und wieder andere können wegen des beinahe unaussprechlichen Namens für viele auch ein Hindernis bei der Aussprache darstellen. So wie die seit 1999 regelmäßig den Underground aufmischenden Chilenen UNAUSSPRECHLICHEN KULTEN, die gerade über Iron Bonehead Productions ihr viertes Album „Keziah Lilith Medea (Chapter X)“ veröffentlichten. Klar ist: Für unsere des Deutschen mächtigen Ohren (mal mehr, mal weniger) klingt der Bandname nun zwar eher ungewöhnlich; aber habt ihr ihn schon mal einen Südamerikaner sagen hören? Glaubt mir: Wer keine Ahnung hat, um wen es sich handelt, wird verzweifeln. Und da Namen letztlich Schall und Rauch sind und am Ende stets nur die Musik zählt, wenden wir uns nun lieber den wirklich relevanten Dingen zu, die diesen Death Metal-Brecher ausmachen. An erster Stelle muss hier einfach stehen, dass die visuelle Umsetzung des Albumkonzepts extrem gut gelungen ist. So werden in dem aufwendigen Booklet zu jedem Song Erläuterungen geboten, die Hintergrundwissen über das jeweils behandelte Thema beinhalten. Besonders gut wirkt das natürlich im Vinyl-Format, das ich hiermit jedem einfach ans Herz legen muss. Konkret beinhaltet „Keziah Lilith Medea (Chapter X)“ ein loses Konzept, in dem die Verfolgung von Frauen durch die Inquisition, ihrer Rolle in Mythen und Legenden, der Beteiligung am Hexensabbath sowie der tiefsitzenden Angst, die sie unter den Menschen verbreiten, Raum gegeben wird. Dabei wird dankenswerterweise auf plakatives Frauengekreische verzichtet, sondern einzig und allein der pure, morbide Death Metal beherrscht die Stimmung.
Das wird bereits beim Midtempo-Opener „The abjuration of faith“ deutlich, der bereits in diesen ersten Minuten eine einpräsame Duftmarke setzen kann. Leicht technisch angehauchte, von Breaks durchzogene Riffs, die dennoch nie den Grat hin zum kopflastigen Tech-Death überschreiten, sondern vor allem eines sind: brutal und modrig. Ebenso zur Atmosphäre trägt das über die komplette Spielzeit von gut 39 Minuten hinweg sehr abwechslungsreiche Drumming bei. Richtig gut gefallen mir besonders die Vocals, die tief aus der Kehle kommen, jedoch kein einfaches Growlen sind. Und apropos Midtempo: Die acht Tracks bewegen sich überwiegend in der Schnittmenge von mittlerem zu oberem Midtempo, was einen weiteren Pluspunkt im Gegensatz zu vielen stumpf in einer einzigen Geschwindigkeit runtergeholzten Alben darstellt, wie man gut an „The woman, the devil and God’s permit“ feststellen kann, sowie am sich daran anschließenden „Dentro del círculo“. Letzteres nimmt erstmals stellenweise das Tempo komplett raus und ist eine gute Vorbereitung auf „Firma el libro de la muerte“. Hier spielen die Chilenen ihr technisches Können fast bis zur Perfektion aus und lassen den Hörer in den siebeneinhalb Minuten teilweise mit offen stehender Kinnlade zurück. Eindeutig einer der besten Tracks auf dem Album und ein würdiger Abschluss der A-Seite.
„Sacrificio infanticida“ eröffnet den Reigen der B-Seite und knüpft im Grunde da an, wo man wenige Augenblicke zuvor zurückgelassen wurde. Die morbide Grundstimmung des Albums kommt hier am besten zum Tragen und lässt vor dem inneren Auge Bilder von Scheiterhaufen, zu Unrecht verurteilter und verbrannter Frauen, sowie der Scheinheiligkeit und Ekstase der grölenden Masse aufleuchten. Man empfindet ob dessen regelrecht Abscheu und solch ein Gefühl hervorrufen zu können, gelingt nur ganz wenigen Ausnahmebands. Das folgende „Sabbatical offering“ ist da ein gelungener Kontrapunkt. Ein wenig schneller, etwas direkter und fast schon im klassischen Death Metal wuchernd, bereitet er gut auf das Abschlussdoppel vor. „The mark of the devil“ spielt wieder ausgezeichnet mit Tempiwechseln und der Album-Closer „Lujuria carnal con incubos“ fasst abschließend grandios die Essenz des Albuns zusammen.
Eines steht jedenfalls fest: Zu den Death Metal-Alben, die in diesem Jahr Pflicht sind, gehört dieses definitiv dazu. Und zwar weit oben auf der Wunschliste. Layout, Produktion und nicht zuletzt die Musik selbst machen „Keziah Lilith Medea (Chapter X)“ zu einem verdammt starken Release. Mir persönlich gefällt zwar die aktuelle Necroblood noch einen Zacken besser, aber UNAUSSPRECHLICHEN KULTEN spielen in genau der gleichen hohen Liga. Wem diese Band daher bisher kein Begriff war: unbedingt antesten! Für alle anderen Death Metal-Maniacs gilt: Pflichtkauf!!! +++ 8,5 / 10 Punkten
Da bleibt nur noch zu sagen: Ab in den Webshop von Iron Bonehead und sich das Album entweder auf CD oder auf Vinyl im schicken Gatefold gesichert. Und obwohl ich immer sage, ihr bekommt das Album auch im Bandcamp-Shop des Labels: Dieses hier solltet ihr euch alleine schon der hochwertigen Aufmachung wegen im physischen Format kaufen.
UNAUSSPRECHLICHEN KULTEN – Keziah Lilith Medea (Chapter X)
Death Metal from Chile
Label / Vertrieb: Iron Bonehead Productions (CD + LP) & Bandcamp
Running time: 38:27 minutes
Release date: 02.06.2017 (all formats)