Black Metal aus Griechenland steht bei mir persönlich ja hoch im Kurs und so dürfte es wohl keinen verwundern, dass ich mir für dieses Album ein paar Tage Zeit genommen habe. Und ohne bereits jetzt allzu viel zu verraten: „Eleven dragons“ ist mit Sicherheit eines der besten Alben des Jahres! Diese unglaubliche Intensität und Atmosphäre, die ACRIMONIOUS in den gut 67 Minuten freisetzen, sucht momentan seinesgleichen. Die Entwicklung, die man seit dem Debüt durchlaufen hat, ist dabei wahrlich beachtlich. War „Purulence“ (2009) noch eher durchschnittlich, steigerte man sich drei Jahre später mit „Sunyata“ schon ins obere Mittelfeld. Nun ist man ganz oben angekommen: Jeder der elf Tracks ist ein absolut eigenständiges Werk und dennoch bilden sie zusammen ein wahres Black Metal-Monster. Grob könnte man die Musik als Mischung aus Acherontas und Watain bezeichnen, würde dem Gesamtklangbild damit aber nicht gerecht. Denn insbesondere die Gitarrenmelodien suchen sich immer wieder Einflüsse aus dem Folk, ohne diesen als Grundelement in den Sound einfließen zu lassen. Die Krönung ist allerdings die richtig arschtretende Produktion: brutal, kristallklar und mit extrem viel Druck versehen; so lässt sich das Album genießen, ohne dabei Zugeständnisse an Soundfetischisten machen zu müssen.
Der Einstieg mit „Incineration initiator“ ist dabei ebenso geschickt wie mutig ausgewählt. Würden die meisten anderen Bands daraus ob des sehr langen instrumentalen Teils zu Beginn eher den Rausschmeißer gemacht haben, leitet es hier ein Album ein, dessen Outstanding-Status man schon in diesen Minuten erahnen kann. Sobald sich das Stück allerdings in den eigentlichen Song wandelt, ist man davon absolut überzeugt! Die flirrenden Gitarren, das rasende Drumming, das stets leicht Hymnische im Riffing und die abwechslungsreichen Vocals lassen einen wohligen Schauer nach dem anderen über den Rücken laufen. „The nortern portal“ knüpft perfekt daran an und fügt dem Sound als weitere Komponente unterschwellige Einflüsse aus dem 90er-Black Metal hinzu, ohne jedoch den eigenen Sound zu ändern. Der Track hätte auch perfekt auf eines der ersten Alben von Darkthrone oder Satyricon gepasst, was ihn somit zu einer kleinen Reverenz erhebt, ihn allerdings nicht als Kopie dastehen lässt. Und auch das muss man erst mal können, lehnt man sich an diesen Zeitrahmen an. Im folgenden „Damnation’s bells“ geht man zeitlich sogar noch ein Stück weiter zurück und präsentiert ein rasendes Monster aus tiefschwarzem Thrash-Riffing und extrem schnellem Drumming, was insbesondere durch das nach gut zwei Dritteln erfolgende Break hin zu einem kurzfrisig langsameren Part aufgelockert wird. Das pfeilschnelle „Satariel’s grail“ ist rein von der Atmosphäre her wieder zutiefst okkulter und ritualistischer Black Metal, den man in dieser Form am ehesten von alten Watain erwarten würde. Und auch hier gilt wieder: keine Kopie, sondern ein zutiefst eigenständiges Gewächs, das in diesen sechs Minuten hervorbricht. Apropos Watain: „Elder of the Nashym“ ist beinahe so etwas wie ACRIMONIOUS‘ persönliches, sehr melodisches „Waters of Ain“: Startet man noch sehr besinnlich, steigert man sich im Verlauf des Tracks immer mehr in dessen Intensität hinein. Und diese kommt nicht aus purer Raserei, sondern in erster Linie aus der Atmosphäre heraus, die man in diesem Midtempo-Brecher kreiert. Das nun folgende Instrumental „Kaivalya“ setzt mit seinen überwiegend akustischen Gitarren einen wohltuenden Kontrapunkt zur sonstigen Raserei auf dem Album. Zum Ende hin wechselt man zwar wieder zur elektrischen Gitarre, doch fügt sich dies gut in den Songaufbau ein und leitet perfekt über zu „Qayin rex mortis“, das eine epische Hochgeschwindigkeits-Raserei par exellence ist. Rein vom Riffing her klingt „Ominous visions of Nod“ sogar noch dunkler und aggressiver, falls das überhaupt möglich ist. „Stirring the ancient waters“ zügelt das Tempo ein wenig, wirkt aber kein bisschen weniger brutal als die Vorgänger, sondern lädt regelrecht dazu ein, die Kelche mit Blut gefüllt dem Gehörnten darzureichen. Rein atmosphärisch ist das extrem gut gelungen. Der Übergang zum hymnischen „Litany of Moloch’s feast“ ist fast unmerkbar und beweißt erneut, dass ACRIMONIOUS ein Händchen für abwechslungsreiches Songwriting haben. Der Album-Closer „Thaumitan crown“ prügelt den Hörer regelrecht in Ekstase, so sehr vereint man schlussendlich noch einmal alle Trademarks, die auf „Eleven dragons“ zum Tragen kommen und entlässt den Hörer schließlich absolut erschöpft und mit dem Wissen, gerade ein außergewöhnliches Album erlebt zu haben.
Es gibt keine Chance, dieses Album einfach mal links liegen zu lassen und es wird in den kommenden Monaten verflucht schwer bis so gut wie unmöglich sein, diesen Höllenritt noch toppen zu können. Wem Watain seit „The wild hunt“ nicht mehr ursprünglich genug sind und wer generell einen hohen Anspruch an zutiefst okkulten Black Metal legt, der MUSS sich dieses Album definitiv zulegen. Absoluter Pflichtkauf!!! +++ 9,5 / 10 Punkten
Da es nichts gibt, was gegen den Kauf dieses absolut gnadenlosen Albums spricht, heißt es ab in den Label-Webshop und sich das Album sofort als CD zugelegt (ein LP-Release ist ebenfalls geplant). Wer möchte, kann sich zudem das digitale Format auf Bandcamp kaufen.
ACRIMONIOUS – Eleven dragons
Black Metal from Greece
Label / Vertrieb: World Terror Committee (CD) & Bandcamp (Download)
Running time: 66:38 minutes
Release date: 20.03.2017