Es gibt ja durchaus den einen oder anderen Black Metal-Fan, der die Überzeugung vertritt, dass diese Musik mit einem extrem atmosphärischen Ausdruck nur von Bands aus den Staaten (Neu-England und Kaskadien) überzeugend gespielt werden kann. Das Gegenteil beweisen natürlich fast jeden Monat aufs Neue auch Bands aus hiesigen Breitengraden. Die Italiener ENISUM (aus der Gegend um Turin) sind bereits seit 2006 aktiv und legen Ende April ihr fünftes Album vor. Und nicht nur das Cover sowie das Logo spiegeln eine große Natursensibilität wider, auch die zehn Songs auf „Seasons of desolation“ lassen diese in jedem Ton erkennen, ohne dass man dabei in kitschige Romantik abgleitet. Im Gegenteil: Schon der mächtige Opener „Autumn of melancholy“ öffnet mit seinem fast schon erhaben wirkenden Riffing sowie dem konsequent hohen Midtempo das Album auch für jene, die vor allem auf schnellen und aggressiven Black Metal abfahren. Die Melodien lassen dabei das Gefühl aufkommen, an einem diesigen Herbstmorgen über den südlichen Ausläufern der Alpen nördlich der Poebene zu schweben. Das ist fantastisch gemacht und wird durch das angezogene Tempo im folgenden „Road to my home“ noch unterstrichen. Die Tempiwechsel darin bestätigen das Händchen für Atmosphäre noch einmal, so dass man im kurzen, ersten Teil des zweigeteilten Titeltracks „Seasons…“ durch den weiblichen Gesang auch nicht aus dem beschriebenen Gedankenbild gerissen wird. Zumal „…of desolation“ im Anschluss wieder gehörig an Fahrt aufnimmt und zusätzlich zu den meist gekeiften Vocals auch gegrowlte Passagen Einzug halten. Zur Abwechslung tragen hier vor allem die ruhigeren Momente bei und verleihen diesen beinahe neun Minuten eine exzellente Dynamik und lassen erstaunlicherweise oft an Mgla denken. „Snow storm“ und „Balance of insanity“ tragen dieses Konzept weiter und generieren so einen außerordentlichen Albumfluss, in den sich auch das überwiegend instrumentale „Nameless sadness“ (wieder mit kurzem Frauengesang) hervorragend einfügt und in den ruhigen Abschnitten schon fast träumerisch schwelgt, bevor die Aggression wieder hervorbricht. Relativ unerwartet wütet mit „Obscure depths“ plötzlich in einer Mischung aus Black, Death und Doom ein wahrer Sturm über den Hörer hinweg, so dass das bisherige Schwelgen ein abruptes Ende nimmt. Beeindruckend jedoch, dass das dem Album nichts an Stringenz nimmt, sondern viel eher als Erweiterung des Sounds betrachtet werden kann. „Dead star“ geht wieder eher atmosphärisch zu Werke, verliert jedoch trotz erneut eingestreuten ruhigen Momenten nichts von der Aggression des bisher Gehörten. Das abschließende „Lake of tears“ mischt diese ruhigen und intensiven Abschnitte nochmals gut durch und beendet damit ein wahrlich fantastisches Album, dessen Release ich nun kaum mehr erwarten kann.
Ich gebe zu, dass ich ENISUM nicht wirklich auf dem Schirm hatte. Irgendwo weit vergraben im Hinterkopf war da zwar etwas, aber nichts, was mich beim Gedanken an ein neues Album dieser Italiner vor Verzückung hätte aufspringen lassen. Umso erfreulicher ist nun natürlich der Umstand, dass mit „Seasons of desolation“ ein Album vorliegt, dass man sich als Fan von Saor, Wolves in the Throne Room und ganz generell als Liebhaber atmosphären und dennoch aggressiven Black Metals zulegen muss! Pflichtkauf!!! +++ 8,5 out of 10 points
Das richtig schick aufgemachte A5-Digipack erhaltet ihr ab dem 27.04.2017 bei Avantgarde Music sowie als Download bei Bandcamp. Dort könnt ihr bereits jetzt das Album als Pre-Order erwerben. Die auf 100 Exemplare limitierte Fan-Box-Edition ist bereits restlos vergriffen!
ENISUM – Seasons of desolation
Black Metal from Italy
Label / Vertrieb: Avantgarde Music (CD) & Bandcamp (Download)
Running time: 60:38 minutes
Release date: 27.04.2017