Review: UNGFELL – Es grauet

UNGFELL – Es grauet // © 2021 Eisenwald / Ungfell

Konzeptalben sind im Black Metal eher nicht die Norm; und wenn sich Bands doch an ein solches wagen, dann entstammen sie meistens dem symphonischen oder sehr melodischen Bereich. Natürlich arbeiten viele Bands auch mit einem songübergreifenden Thema über einem Album, was jedoch kein Konzept an sich darstellt, sondern im besten Fall den textlichen Zugang zur jeweiligen Band erleichtert. Dass man auch im klassischen Black Metal eine durchgehende Geschichte erzählen kann, ohne dabei in verkopfte Regionen zu steuern, beweist das Zürcher Duo UNGFELL mit seinem neuen Album „Es grauet“. Über die Schweizer noch viele Worte verlieren zu müssen, dürfte an dieser Stelle auch Zeitverschwendung sein, hat man sich doch mit zwei bereits hervorragenden Alben einen ausgezeichneten Ruf im Underground erspielt. Mit dem aktuellen Werk empfiehlt man sich jedoch durchaus auch für höhere Weihen – und das, ohne sich auch nur ein Jota vom einmal eingeschlagenen Weg zu entfernen.

Wie so oft gilt der erste Höreindruck natürlich der Produktion, die zwar klarer als in der Vergangenheit ausgefallen ist, aber nach wie vor keine „Mainstream“-Ansprüche hat. Denn trotz des etwas differenzierteren Sounds klingt man immer noch roh und unverfälscht. Und das ist auch gut so, denn der spezielle Klang, der die Band seit Beginn begleitet, ist nach wie vor vorhanden. An erster Stelle steht wieder das typisch melodische Riffing, voller Wildheit und geradlinigem Nach-vorne-Preschens. Gefolgt von der Ausgewogenheit, in der Instrumentierung und Vocals stehen, bildet sich von den ersten Tönen an eine herrliche Atmosphäre, die über die komplette Spielzeit hinweg voller Dramatik steckt und den Hörer von einem Verhängnis zum nächsten führt. Die Lyrics (hier natürlich das Konzept) entlehnen sich erneut der lokalen Sagen- und Mythenwelt und werden einfach fantastisch interpretiert. Es sind besonders die kleinen Farbtupfer, die zur Visualisierung beitragen und die Geschichte selbst dann erlebbar machen, wenn man zwar den Dialekt nicht versteht, aber zumindest den Hintergrund der Story kennt.

Es ist hier gerade dieses Zusammenspiel von Musik und Konzept, dass „Es grauet“ so wundervoll als Album funktionieren lässt – und wer sich wundert, dass ich bisher noch gar nicht auf einzelne musikalische Parts eingegangen bin: Man muss das Album definitiv als Gesamtkunstwerk betrachten. Einzelne Versatzstücke herauszupicken wäre einfach nicht angebracht und würde dem Gesamteindruck auch nicht gerecht werden. Jedes Element sitzt an seiner dafür vorgesehenen Stelle: Bricht ein Song in wilde Raserei aus und wechselt beim Einsatz der Vocals zunächst ins Midtempo, hat das genauso seinen Sinn wie der Einsatz von klaren Männerchören in einem anderen Segment. Das große Kunststück jedoch ist, dass trotz dieser vielfältigen Elemente keinerlei Überfrachtung auszumachen ist. Die 38 Minuten gehen schon beim ersten Durchlauf sehr gut ins Ohr – und jeder weitere Durchgang verbessert den tiefen Eindruck, den dieser erste wohl bei den meisten Hörern hinterlassen wird.

Wie schon so oft in der Vergangenheit finde ich es sehr bemerkenswert, eine Band in ihrer Entwicklung zu beobachten, wie sie im Black Metal nicht unbedingt oft anzutreffen ist. Wenigen Bands gelingt es, die Rohheit früherer Tage trotz eines besseren Sounds beizubehalten und die eigenen Trademarks im Songwriting an sich weiterzuentwickeln, ohne dass ein Bruch mit der eigenen Vergangenheit zu bemerken ist. UNGFELL funktionieren in ihrer Eigenständigkeit dabei so gut, dass man sich im Endeffekt keinerlei Gedanken um den Sound macht. „Es grauet“ spricht als Album für sich und wird jeden Fan der Schweizer absolut zufriedenstellen. Allen anderen ist das Werk ebenfalls sehr zu empfehlen; wer es verpasst, hat definitiv einen Höhepunkt dieses Jahres verpasst! PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten

Erscheinen wird „Es grauet“ diesen Freitag via Eisenwald als Digipack-CD sowie digital.

UNGFELL // © 2021 Ungfell

UNGFELL – Es grauet
Black Metal from Switzerland
Eisenwald
Running time: 38:34 minutes
Release date: April 30th, 2021 (all formats)

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Review © 2021 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation

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