Review: TRIBULATION – Where the gloom becomes sound

TRIBULATION – Where the gloom becomes sound // © 2021 Century Media Records / Tribulation

Hätte man mir vor zehn Jahren erzählt, dass in meinem zukünftigen Web-Fanzine jemals eine Band wie TRIBULATION stattfinden würde, hätte ich die betreffende Person wohl ziemlich ausgelacht. Zwar habe ich mich schon zu diesem Zeitpunkt wieder für andere Stilistiken als Black Metal interessiert und begeistert, jedoch fand das eher am Rande statt. Dann beginne ich Anfang 2017 damit, dieses kleine, infantile Webzine zu starten und sitze vier Jahre später da und bin restlos gefangen in dem, was im Grund schon in Teenagerjahren die Essenz meines Interesses für Musik war: Eine absolute, unverfälschte und ehrliche Begeisterung für die Musik an sich, noch völlig befreit vom späteren Genredenken. Sich von der Musik treiben zu lassen; das herauszupicken, was einen emotional gerade am meisten berührt oder schlicht und einfach das auf den Plattenteller zu schmeißen, worauf man gerade Lust hat – genau darauf kommt es an, wie ich finde und aus dieser Perspektive heraus gehe ich seit Anfang dieses Jahres auch Black Salvation selbst an. Deswegen freut es mich auch enorm, dass mit „Where the gloom becomes sound“ ein Album vor mir liegt, das genau diese Emotionen in mir hervorruft. Ein Album, das mich wieder 16 Jahre alt sein lässt und gleichzeitig dankbar dafür, mich mit fast 42 Jahren immer noch genauso begeistern zu können.

Ich verfolge TRIBULATION seit ihrem Debüt „The horror“ (2009) und bin langsam mit ihrer Entwicklung mitgewachsen. Die stilistische Entfaltung, die man in diesen zehn Jahren durchlebt hat, kam mir nie seltsam oder gar aufgezwungen vor. Alle Alben seitdem hören sich organisch an und repräsentieren den jeweiligen Entwicklungsstand. Natürlich verstehe ich, wenn es Fans der ersten Stunde bedauern, dass die Death Metal-Wurzeln mittlerweile völlig verschwunden sind. Völlig übertrieben finde ich jedoch, wenn man der Band Anbiederung vorwirft. Aber seien wir doch mal ehrlich: Bands wie In Solitude, Beastmilk oder Idle Hands mögen eine gehörige Portion Gothic Rock in den Metal gepumpt haben – doch ist das angesichts der musikalischen Einflüsse dieser Bands denn wirklich so ungewöhnlich? Schon in alten Interviews aus den goldenen Neunzigern von Paradise Lost, Anathema, Katatonia oder My Dying Bride fielen immer wieder Namen von Gruppen aus dem Post Punk, Wave oder Gothic Rock, deren Einflüsse sich in so manchem Klassiker dieser Zeit niedergeschlagen haben und die wir trotzdem lieben. Damals hat sich darüber niemand aufgeregt, während man sich heute für seinen Musikgeschmack bzw. die Einflüsse, die man als Musiker verarbeitet, rechtfertigen muss. Ja, das regt mich auf; daher diese abschweifende Einleitung.

Denn „Where the gloom becomes sound“ ist in erster Linie eines: Ein Gothic Metal-Album alter Schule, das sich dieser Bezeichnung in keinster Weise schämen muss, sondern ganz im Gegenteil stolz das Banner harter, düsterer Musik emporrecken kann. Alleine schon in die knackige Produktion muss man sich als Hörer sofort verlieben: Wuchtig, treibend, mit jeder Menge Raum zum atmen, so dass die rauhen Vocals als einzig verbliebene Verbindung zur eigenen Vergangenheit einen schönen Kontrast zur instrumentalen Fraktion bieten. Hier zeigt sich auch, wie sehr man ins eigenständige Songwriting hineingewachsen ist und bietet innerhalb dessen reichlich Abwechslung. Das macht man vom Opener ab klar: Dominante Gitarrenriffs, die immer klar zu hören sind, bilden die Basis des Sounds und sind in ihrem Wechselspiel aus Härte und Melodik, aus metallisch verzerrt und klar gespielt im Grunde das wichtigste Trademark. Als typisches Gitarrenduo spielen sich Hultén und Zaars stets die Bälle zu und erschaffen auf diese Weise einen dichten Soundteppich, den man jedoch immer wieder durch locker aus der Hüfte abgeschossene Leads auflockert. Und nein, ich werde jetzt keine Vermutungen darüber anstellen, wie sich der Ausstieg von Jonathan Hultén auf die Zukunft der Band auswirken wird.

Schon im Eröffnungstriple „In remembrance“, „Hour of the wolf“ und „Leviathans“ steckt so viel Energie, wie manche Bands es nicht mal auf Albumlänge ordentlich hinbekommen. Jeder Track kommt direkt auf den Punkt, ein kurzes und ruhiges Intermezzo wie im Mittelteil von „Leviathans“ reißt keineswegs aus dem Albumflow heraus und auch das etwas ruhigere „Dirge of a dying sun“ mit seinen vom Doom beeinflussten Elementen dient lediglich dazu, dem Album eine Vollkommenheit zu schaffen, wie man sie auch auf ansonsten abwechslungsreichen Alben nicht immer zu hören bekommt. Mit „Lethe“ hat man im folgenden ein kurzes Interludium eingestreut, dessen Ruhe den nächsten Kontrast zu den energetischen Songs bildet. „Daughter of the Djinn“ gehört dabei zu meinen persönlichen Favoriten, da es diese Energie perfekt bündeln kann und den Weg zu den nun etwas anspruchsvolleren Tracks freimacht. Und bereits „Elementals“ zeigt, dass das unbändige Nach-vorne-Preschen eben nur eine – wenn auch wichtige – Facette im Sound ist. Etwas gezügelter ist es die perfekte Vorbereitung auf das getragenere „Inanna“, das musikalisch einen wichtigen Ruhepol bildet, da das sich anschließende „Funeral pyre“ von der ersten Note an wieder Gas gibt. Den Höhepunkt hat man sich allerdings für den Albumcloser „The wilderness“ aufgespart: Der klingt, als hätten Dissection zusammen mit Nick Cave gejammt, was zu einem wundervoll intensiven und ergreifenden Ergebnis geführt hat. Was ein Abschluss für ein an Höhepunkten nicht gerade armes Album!

Im Prinzip hätte der letzte Satz schon gereicht, um das Fazit vorwegzunehmen, denn „Where the gloom becomes sound“ gehört zu der Sorte von Alben, die man vom ersten Durchlauf an direkt in sein Herz schließt und nie wieder hinauslässt. Oberflächlich betrachtet ist es natürlich sehr zugänglich, doch die wahren Qualitäten erreicht es eben erst mit der Zeit. Man entdeckt dauernd neue Facetten (besonders in der fantastischen Gitarrenarbeit) und die ganze Grundstimmung des Albums ist darauf ausgelegt, es am Stück zu genießen. TRIBULATION haben dem Begriff „Gothic Metal“ spätestens jetzt wieder neues Leben eingehaucht und stehen ganz oben an der Spitze einer Generation Musiker, die sich nicht mehr im geringsten um irgendwelche Klassifizierungen schert. Ich für meinen Teil bin froh, dass ich das Album in meiner Sammlung stehen habe und denke auch, dass es stilitisch ähnliche Bands verflucht schwer haben werden, an diese Qualtität heranzukommen. ABSOLUTER PFLICHTKAUF!!! +++ 9,5 / 10 Punkten

Erschienen ist „Where the gloom becomes sound“ am 29.01.2021 via Century Media Records als reguläre CD, als Mediabook-CD, digital, in diversen LP-Varianten und als Deluxe-Box.

TRIBULATION // © 2021 Ester Segara / Tribulation

TRIBULATION – Where the gloom becomes sound
Gothic Metal from Sweden
Century Media Records
Running time: 48:17 minutes
Releae date: January 29th, 2021 (all formats)

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Review © 2021 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation

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