Review: DREAD SOVEREIGN – Alchemical warfare

DREAD SOVEREIGN – Alchemical warfare // © 2021 Metal Blade Records / Dread Sovereign

Beim Thema Doom Metal gibt es innerhalb der Metal-Gemeindschaft wahrscheinlich den allergrößten Konsens: Egal, ob die betreffenden Bands ultra-langsam durch ihre Soundlandschaften kriechen oder episch in höchste Regionen emporstreben – aus jedem Subgenre zieht man sich eben das, was gefällt. Im klassischen Metal scheiden sich da ja gerne mal die Geister: Die Melodic-Schiene ist entweder zu weichgespült, man kann den US-Metal nicht abhaben oder – am schlimmsten! – man sieht nicht den Sinn hinter purem Band-X-Y-Worshippen. Vom Black Metal fange ich daher gar nicht erst an (dämliche Gatekeeper)… Nein, im Doom sieht das wesentlich harmonischer aus, alleine schon der Überschneidungen mit so vielen anderen Genres innerhalb des Metal-Kosmos. Die Iren DREAD SOVEREIGN können davon ein Liedchen singen, ist doch alleine schon ihr Fronter Alan Averill in musikalisch anders gearteten Regionen unterwegs (Primordial, Twilight of the Gods). Doch auch innerhalb dieses Bandgefüges hat man sich von den schleppenderen und noch düsteren ersten beiden Alben ein Stück weit wegbewegt und ist auf Album Nummer drei, „Alchemical warfare“, etwas direkter und zackiger unterwegs. Zumindest partiell – aber ich will den folgenden Absätzen nicht völlig vorgreifen. Deswegen stürzen wir uns jetzt willig ins Getümmel und schauen uns an, womit das Album punktet.

Mit dem kurzen Intro „A curse on men“ startet man stilgemäß in die Songs und lässt es übergangslos in den Opener „She wolves of the savage season“ übergehen. Und der ist zunächst ein richtig schwerer Brocken: Zäh mäandernde Riffs und schleppendes Drumming bestimmen dieses erste Drittel des Songs, bevor mit Einsetzen der Vocals auch das Tempo angezogen wird. Diese Vocals: Alles, was Alan stimmtechnisch veredelt, hat seine ganz eigenen Vibes, so dass es wohl auch keinen blutigen Neueinsteiger verwundern dürfte, wenn man seinen rauen Gesang (der natürlich viel von der Erfahrung mit den klaren Vocals bei Primordial profitiert) auch hier als das i-Tüpfelchen bezeichnet. Doch zurück zum Song an sich. Tempomäßig bleibt man variabel, so dass sich zähere Momente mit etwas lockereren abwechseln. Die Breaks fließen dabei beinahe unmerklich ineinander über, was für das gute Zusammenspiel des Trios und das Songwriting an sich spricht. Einfach mal das schicke zugehörige Video anschauen.

DREAD SOVEREIGN – She wolves of the savage season // © 2021 Metal Blade Records / Dread Sovereign

Okay, rein stimmungstechnisch hätte „The great beast we serve“ auch bei Primordial seinen Platz finden können, was in erster Linie natürlich an den Vocals liegt. Der Grundton ist einerseits jedoch wesentlich schmutziger und gerade der fette, bratende Bass spricht dann doch eher das Doom-Monster in uns an. Andererseits fällt eben besonders durch das kompaktere Songwriting auf, wie sehr man in der Musik aufgeht, was gerade die instrumentalen Passagen – und derer gibt es auf dem Album viele – zu einem reinen Vergnügen macht. „Nature is the Devil’s church“ wäre in seinen acht Minuten auch gut ohne Vocals ausgekommen, denn unter den wieder grandiosen Vocals verbirgt sich eine fantastische Rhytmus- und Leadarbeit an der Gitarre, die den Track (und alle übrigen natürlich auch) hervorragend trägt. Einer meiner Favoriten auf dem Album ist deswegen auch „Her masters voice“, das sehr schleppend daherkommt und den sechs Saiten viel Platz zum Entfalten gibt. Überhaupt ist der Track sehr offen und kommt stellenweise mit nur wenigen Noten aus (das Black Sabbath-Debüt lässt grüßen!), was die energischeren Parts umso stärker betont.

Mit „Viral tomb“ schiebt man ein kurzes Interludium ein, dann zaubert „Devil’s bane“ dem Hörer das wohl feisteste Grinsen auf diesem Album ins Gesicht: Denn das bedient sich so offensichtlich bei Venom und Bathory (zu Zeiten des ersten Albums), dass man nicht anders kann, als den Track lieb zu haben. Natürlich lässt man seinen ganz eigenen Stil einfließen und gerade der stimmliche Unterschied zu Cronos bzw. Quorthon heben ihn in ganz andere Sphären. Nichtsdestotrotz eine schöne Reverenz, die den zahllosen Plagiaten da draußen zeigt, wie man standesgemäß an seine Einflüsse erinnert, ohne die eigene Substanz zu verlieren! Und wer bis hierhin schon dachte, es mit einem sehr starken Album zu tun zu haben, der bekommt mit „Ruin upon the Temple Mount“ nochmals eine gnadenlose Vollbedienung in gut neun Minuten. Schweres, rituelles Drumming geht nach und nach in ein kriechendes Ungetüm über, das sich schließlich nach vier Minuten in einen richtigen Song wandelt und stilistisch den Kreis zum Opener schließt. Für den Albumabschluss hat man sich dann noch ein kleines Schmankerl einfallen lassen, nämlich ein Cover von Bathory’s „You don’t move me (I don’t give a fuck)“. Selbiges ist 1983 vor deren erstem Album (1984) entstanden und ist noch deutlich punkiger als das spätere Material, was nicht nur aufzeigt, auf welch simple Wurzeln unsere Musik teilweise zurückgeht, sondern auch als perfekter Abschluss für ein fast perfektes Album stehen kann.

„Fast perfekt“… Eigentlich ist das ein Paradoxon, denn im Grunde kann ich mir nicht vorstellen, was DREAD SOVEREIGN in Zukunft noch an ihrem Sound verbessern wollen. „Alchemical warfare“ bietet doch schon von nahezu allem etwas: Langsame, schleppende Parts, Abschnitte voller Energie, instrumentale Entfaltung, knackige Vocals, die exakt richtige, raue Produktion, vom großartigen Songwriting gar nicht erst angefangen. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass sich das Album am Ende des Jahres in vielen Jahrespolls weit oben finden wird, ob nun zentriert auf Doom oder nicht. Ja, ich gehe sogar soweit und sage, dass sich bei dieser Vorlage auch Primordial für die nächste Scheibe ein Stückchen strecken müssen, um hier mitzuhalten. Denn höllisch Spaß machen diese gut 52 Minuten auf jeden Fall und seit Release ist kein Tag vergangen, an dem das Album nicht wenigstens einmal auf dem Plattenteller lag. Ich bin verflucht begeistert – und vielleicht lasse ich mir mit der „fast perfekten“ Einschätzung auch einfach nur Luft nach oben für das nächste Album. In jedem Falle gilt: PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten

Erschienen ist „Alchemical warfare“ am 15.01.2021 bei Metal Blade Records als CD, digital und als 12″-LP in diversen Farbvarianten.

DREAD SOVEREIGN // © 2021 Dread Sovereign

DREAD SOVEREIGN – Alchemical warfare
Doom Metal from Ireland
Metal Blade Records
Running time: 51:52 minutes
Release date: January 15th, 2021 (all formats)

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Review © 2021 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation

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