AVERSIO HUMANITATIS – Behold the silent dwellers

AVERSIO HUMANITATIS – Behold the silent dwellers // © 2020 Debemur Morti Productions / Aversio Humanitatis

Es ist schon komisch: Spanien gehört für mich persönlich nicht gerade zu den Ländern, an die ich als erstes denke, wenn jemand das Genre Black Metal in den Raum wirft. Mag sein, dass da eine gewisse Voreingenommenheit mit hinein spielt, sind die nordwestlichen Mittelmeerländer Spanien und Portugal doch eher berüchtigt für so manch ach-so-trve-Rumpel-Kapelle. Und wie jeder weiß, der mich oder zumindest meine Reviews kennt, halte ich nicht viel bis überhaupt nichts von Soundverbrechen wie Raw Black Metal, der völlig undifferenziert aus den Boxen scheppert und rauscht. Man beachte halt immer, dass ich auf das übergeordnete Genre in den Begrifflichkeiten hohen Wert lege: nämlich METAL! Und der muss, selbst wenn er in der Produktion roh belassen wurde, mit einem gewissen Druck aus den Boxen schallen. Natürlich tut man der mediterranen Szene unrecht, schert man alles über den Raw-Kamm; schließlich gibt es hochklassige Bands wie AVERSIO HUMANITATIS, die rau, aber druckvoll dem puren Black-Metal-Spirit erlegen sind und ihre Soundkaskaden ansprechend verpackt unters willige Schwarzkuttenträgervolk bringen. Nach einem schon sehr starken Debüt 2011, den beiden darauffolgenden Splits und dem bisher letzten Lebenszeichen, der 2017er EP, erscheint nun in Kürze Album Nummer zwei: „Behold the silent dwellers“. Dieses führt den eingeschlagenen Weg konsequent fort; will heißen, dunkler, mahlender Black Metal, der durch seine okkulte Spielweise oft an die Trondheimer Schule denken lässt und den Hörer relativ schnell in seinen Bann zu schlagen weiß.

Ob auch die kurze Spielzeit von gerade einmal 36 Minuten dazu beiträgt, dass man schon im Opener „The weaver of tendons“ ordentlich aufs Gas drückt, den typischen, immer mal wieder eingewebten leicht dissonanten Akkorden genügend Platz lässt, mit einem wuchtigen Break das Tempo rausnimmt, den Hörer kurz verschnaufen lässt, nur um im nächsten Moment ein zäh fließendes und alles verschlingendes Monster loszulassen, sei dahingestellt. Jedoch sind die sechs Songs so packend arrangiert, dass es schwerfällt, sich überhaupt auf irgendwelche Zeitfenster zu konzentrieren. Das Album prescht wie aus einem Guss vorwärts, was vor allen Dingen dem starken Songwriting zu verdanken ist. Die drückende Atmosphäre in „The presence in the mist“ will erst einmal erschaffen werden – was die nächste enorme Stärke der Band hervorhebt: die Vocals von A., dessen finstere Stimmlage weder Growlen noch Kreischen ist, sondern eher einem beschwörenden und aggressiven Chanting gleicht, was eine hervorragende Ergänzung zur Musik darstellt. Und wie wuchtig diese ist, zeigt man in „The sculptor of thoughts“, dessen Energie dermaßen raumfüllend ist, dass man damit locker dem einen oder anderen norwegischen Genrekollegen angst und bange machen dürfte. Rasendes, peitschendes Drumming, flirrende und dennoch nachvollziehbare Riffs sowie eine über alles erhabene Finsternis füllen den Raum komplett aus und lassen nicht die kleinste Spur von Licht hinein. Wenn, wie in „The wanderer of abstract paths“, dieses Zusammenspiel auch ein wenig offener wirkt durch die spannenden und etwas lockerer gesetzten Drumpatterns, gibt es jedoch keinen Zweifel daran, wie ausgeprägt das Gespür der Musiker für düstere Parts an den genau richtigen Stellen ist. Je mehr sich der Track dem Ende zuneigt, desto beschwörender werden die Gesangslinien, bis sie in einer wahren Klimax gipfeln und dem folgenden „The watcher in the walls“ den Boden bereiten, den musikalisch komplexesten Song des Albums („komplex“ natürlich innerhalb der Stilgrenzen). Während das Drumming ein solides Fundament legt, schwebt eine sehr präsente Leadgitarre zunächst über allem, selbst im gemäßigten Mittelteil, dessen leichte Dissonanz recht bald in pure Energie mündet. Hier braucht es zwar ein oder zwei Durchläufe mehr, bis es richtig klickt, dann jedoch fügt sich wieder alles zusammen, was dem Albumflow sehr zugute kommt. Der Schlusstrack „The scribe of dust“ beginnt mit einem fast schon an epische Dunkelheit gemahnenden Eröffnungsriff und behält diese Atmosphäre bis zum Ende bei, nur unterbrochen von rasenden Sequenzen, die das Hauptthema dieses Riffs immer wieder aufgreifen und so ein Album ausklingen lassen, dass in seinen 36 Minuten so viel Feuer versprüht, wie es nur einer Handvoll anderer Bands ähnlicher Gangart gelingt. Großartig!

Ich bin absolut perplex, wie eine Band es schafft, in diesem doch recht abgegrasten Genre noch Impulse zu setzen und dabei ein Album zu veröffentlichen, dass hart an der Grenze zur Perfektion liegt. AVERSIO HUMANITATIS sind ein weiterer Beleg dafür, wie wichtig Energie, durchdachtes und packendes Songwriting sowie das perfekte Zusammenspiel aller Musiker auch und besonders im Black Metal ist. Mit „Behold the silent dwellers“ jedenfalls liegt ein Paradebeispiel vor, wie diese Musik in all seiner Finsternis anno 2020 zu klingen hat. PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten

Schon jetzt lässt sich das Album als Pre-order sichern, und zwar in den folgenden Formaten: Als CD, digital und als 12″-LP auf schwarzem Vinyl sowie auf schwarz-in-weiß-verlaufenem Vinyl (limitiert auf 100 Exemplare). Am Releasetag selbst gibt es alle Infos wie gewohnt noch einmal gebündelt auf der Facebook-Seite von Black Salvation.

AVERSIO HUMANITATIS // © 2020 Aversio Humanitatis

AVERSIO HUMANITATIS – Behold the silent dwellers
Black Metal from Spain
Debemur Morti Productions
Running time: 35:59 minutes
Release date: June 19th, 2020 (all formats)

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Review © 2020 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation

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