CURSE UPON A PRAYER – Infidel

CURSE UPON A PRAYER – Infidel // © 2020 Saturnal Records / Curse upon a Prayer

Anti-Christentum und Anti-Judaismus gehören im Black Metal ja von Anfang zum guten Ton, obwohl gerade letzteres immer die Gefahr birgt, ideologisch aufgeladen zu sein. Es gibt sie zwar, die Bands, die ihre Ablehnung rein auf theologische und philosophische Basis stellen – viel deutlicher im Vordergrund steht jedoch meistens irgendein Rotz aus dem NSBM, dessen Protagonisten meistens weder etwas von der Religion an sich etwas verstehen, geschweige denn vom Tuten oder Blasen generell Ahnung haben. Eine Religionsrichtung findet dort ebenfalls zuhauf ihre „Kritiker“: der Islam. Doch auch hier findet sich eine Handvoll Bands, die ihren Anti-Islamismus theologisch begründen und ihrem Hass eine ordentliche Portion Misanthropie beimengen. So wie die Finnen CURSE UPON A PRAYER, die seit einigen Jahren durch ihre Bühnenauftritte auf sich aufmerksam machen, bei denen fleißig der Koran zerfleddert wird. Jedoch sind dies nur Äußerlichkeiten, denn gerade die Texte sind alles andere als plakative Abziehbilder, sondern drücken die Ablehnung meist zwischen den Zeilen aus – und diese kann man unschwer auf die anderen Religionen übertragen. Mit „Infidel“, ihrem in Kürze erscheinenden dritten Album in sechs Jahren nimmt man nun den nächsten Schritt auf der Karriereleiter. Und ob das Album ebenso mitreißend ist, wie die 2018 veröffentlichte EP „The three woes“, ergründen wir jetzt einfach mal.

Bereits das von einem Muezzin eingeleitete Intro „Call to prayer“ zieht den Hörer mit einem düsteren Riff unausweichlich in seinen Bann, und bereits in diesen zweieinhalb Minuten merkt man, dass die Band erneut eine Weiterentwicklung vollzogen hat. Das bestätigt der Opener und Titeltrack „Infidel“ anschließend aufs vorzüglichste: Das auch vorher schon gute Songwriting ist kompakter geworden, dem rasenden Black Metal wurde eine zusätzliche düstere Note verliehen, die sich durch das komplette Album zieht und die Band etwas aus dem reinen Black-Metal-Kontext heraushebt, der auf den vorigen Veröffentlichungen noch stärker präsent war. Was den Finnen ebenfalls gut steht und den Songs zugute kommt, sind die verstärkt eingebauten Melodieführungen wie in „Taste ye the penalty of burning“: Man setzt diese nur punktuell, ohne ganze Songs darauf aufzubauen, wie das andere Vertreter aus dem Land der tausend Seen sehr gerne tun. Melodien finden sich hier eher im jeweiligen Chorus oder in den sehr starken Leads. Bei diesen fällt auch auf, dass die Produktion etwas klarer ausgefallen ist. Man fährt nach wie vor keine wirklich moderne Schiene, ist jedoch druckvoll und differenziert genug, um das kratzbürstige der ersten Alben zu umgehen. Dankenswerterweise verzichtet man aber nicht ganz auf ein wenig ungestüme Rohheit: So ist „Haram“ ein wüster und schwerer Brocken, dessen Finsternis erst erschlossen werden will und nicht mehr ganz so leicht ins Ohr läuft, wie die ersten Tracks. Großartig! Ebenso das Intermezzo „The portrait of Iblis“, das ein mit nur angedeuteten arabischen Elementen unterlegter düsterer Vorbote des folgenden „Al-Masih ad-Dajjal“ ist: Wenn CURSE UPON A PRAYER jemals einen headbang-kompatiblen Midtempo-Brecher geschrieben haben, dann diesen. Wütendes Riffing, das fast schon etwas post-punkiges hat. Eine bitterböse Atmosphäre, die dennoch nicht frei von etwas unbestimmt Erhabenem ist. Und ein trauriges, klagendes Lead, das in ein das Mainriff wiederholendes akustisches Outro mündet. Statt daran anzuknüpfen, holt die Band jedoch wieder den Knüppel aus dem Sack und haut mit „Prophetic poison“ und „Fitna“ die wohl typischsten Tracks finnischer Prägung raus. Jedoch auch dies auf einem so hohen Level, dass der Großteil der „Melodien-über-alles-Schwarzheimer“ sich verschämt in die Ecke stellen muss. Denn auch hier gilt: Melodien ja, aber nur punktuell zur Untermalung. Das Outro „Jahannam“ führt abschließend wieder mit akustischen Gitarren aus dem Album heraus, das glücklicherweise nur den einen Wunsch weckt: Sofort wieder die Repeat-Taste zu drücken! Ich bin extremst begeistert!!!

Zugegeben: Wenn ich mich als Jüdin begeistert zu einem Album äußere, dessen Kern die Ablehnung einer Religion ist, deren Anhänger zu einem nicht gerade kleinen Teil meiner eigenen alles andere als wohlgesonnen sind, klingt dies selbst in meinen Ohren ziemlich abstrus. Persönlich lehne ich zwar jede Art religiöser Indoktrination ab, unabhängig davon, in welchem Buch sie nun festgehalten wird – das ändert jedoch nichts an meiner eigenen spirituellen Heransgehensweise an den Glauben an sich. Jedoch kann ich den Zorn und den Hass nachvollziehen, den CURSE UPON A PRAYER hier festgehalten haben und sowohl musikalisch (Songwriting, Produktion) als auch rein atmosphärisch ist „Infidel“ ein wahnsinnig intensives Album, mit dem sich jeder Black-Metal-Fan wohl fühlen dürfte, der Musik rasend schnell und gerne unterlegt von einer tollen Melodieführung bevorzugt. Ein großartiges Album, dass sich sicherlich in vielen Top-Listen am Ende des Jahres finden dürfte. In meiner auf jeden Fall! PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten

Bereits jetzt ist das Album im Vorverkauf im Webshop des Labels erhältlich, wo man es sich als CD sichern kann. Desweiteren wird es noch einen digitalen Release geben, der ab Veröffentlichungsdatum verfügbar sein wird. Alle Infos gibt es dann wieder wie gewohnt noch einmal auf der Facebook-Seite von Black Salvation.

CURSE UPON A PRAYER // © 2020 Curse upon a Prayer

CURSE UPON A PRAYER – Infidel
Black Metal from Finland
Saturnal Records
Running time: 35:25 minutes
Release date: April 10th, 2020 (all formats)

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Review © 2020 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation

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