HORRESQUE – Chasms Pt. I – Avarice and retribution

HORRESQUE – Chasms Pt. I – Avarice and retribution // © 2020 The Crawling Chaos Records / Horresque

Zu sagen, dass der heimische Underground vital ist, dürfte eine dieser Untertreibungen sein, über die man in geselliger Runde bald nur noch die Augenbrauen heben dürfte. So vielfältig in seiner Ausprägung, so voller starker bis überragender Releases und mit sehr vielen mehr als nur motivierten Bands ausgestattet, die alle etwas reißen wollen, ist man international so stark aufgestellt wie noch niemals zuvor. Ich wage sogar zu behaupten (und das nicht erst seit heute), dass die aktuelle Szene ungleich besser und mitreißender ist, als vieles, was wir allgemein als Klassiker bezeichnen. Zu der Sorte junger Bands zählen auch die seit 2015 aktiven Limburger (aus Hessen) HORRESQUE, die mit ihrem tiefschwarzen Death Metal eine sehr beeindruckende Soundwand kreieren, was man auf ihrem in Kürze erscheinenden Debütalbum „Chasms Pt. I – Avarice and retribution“ sehr deutlich in die Gehörgänge gedrückt bekommt.

Dabei startet man mit dem Intro „Praeludium“ noch relativ zurückhaltend, allerdings durchaus atmosphärisch, bevor „The guts of the Falun Gong“ für die ersten finsteren Momente sorgt. Im Midtempo beginnend, steigert sich der Track alsbald zu purer Raserei, wechselt dabei immer wieder geschickt das Tempo und überzeugt – wie im übrigen der Rest des Albums auch – vor allen Dingen durch das sehr straighte, aber nie stumpfe, Songwriting. Fast so, als würden Belphegor immer noch wie zu „Pestapokalypse VI“ klingen… Der Vergleich zwingt sich förmlich auf, jedoch auf eine sehr angenehme Weise, sind doch gerade die Black-Metal-Einflüsse hier wesentlich deutlicher vorhanden. Dass man die Thematik Serienmörder nicht nur in schlechtem Death/Grind verwursten kann (jawohl, ich finde bspw. so was wie Macabre ziemlich sinnbefreit), sondern auch in mit melodischen Leads versetztem Black/Death, finde ich zudem sehr sympathisch. Besonders die Konzentration auf das nur stellenweise unterbrochene Midtempo macht den großen Reiz von „Gary Heidnik“ aus, was man sich bei erstbester Gelegenheit unbedingt anhören sollte (natürlich am besten, indem man sich das Album kauft!). Nach dem kurzen „Interludium I“, das die vorigen zu den nun folgenden Tracks abgrenzt, fährt man in „The murder castle“ ein amtliches Death-Metal-Brett auf. Und meine Herren, dies beherrscht das Trio einwandfrei! Man stelle sich einfach eine Verschmelzung von den schon erwähnten Österreichern mit Hail of Bullets vor, abzüglich deren Doom-Anteil. Jedoch ist dies nur eine grobe Richtung zur Orientierung, geht man doch sehr eigenständig vor, was ein absolut bösartiger Track wie „Collateral murder“ aufzeigt. Für Abwechslung ist also definitiv gesorgt, da auch „MQ-1 Predator“ sowie „Of pride and Kazim“ ganz eigene, kleine Werke sind und sich dennoch äußerst gut zu einem schlüssigen Ganzen verbinden. Eine weitere kurze Ruhephase in Form von „Interludium II“ läutet schließlich die Endphase des Albums ein: „Deepwater Horizon“ ist erneut brachialster Death Metal, wie er beeindruckender kaum zu spielen wäre. Nach vorne peitschend, scharf am Black Metal kratzend und immer dieses Agieren haarscharf an melodischen Parts vorbei, die man als Hörer an vielen Stellen erwarten könnte. Und auch der Albumcloser „My Lai ’68“ bewegt sich in diesem Schema, gibt sich allerdings noch einmal dem stampfenden Midtempo hin und lässt – zumindest mich – denken: Es ist fantastisch, die heutige Vitalität in der Szene erleben zu dürfen. Was für ein großartiges Album!

Mich beschäftigt schon seit einiger Zeit die Frage, warum gerade in den letzten Jahren so viele junge und hungrige Bands wie Pilze aus dem Boden schießen und mit einem starken Album nach dem anderen aufwarten können. Die Antwort ist denkbar simpel und gliedert sich in zwei Teile: Zum einen gelingt es ihnen, den alten Helden langsam aber sicher den Rang streitig zu machen, so dass sich eine völlig neue Generation an Musikern und Fans bildet, die ihren eigenen Weg zu gehen in der Lage und dabei unbelastet von irgendwelchem Szenedenken ist. Zum anderen – und hier schließt der vorige Punkt an – zählt endlich wieder vor allem eines: Ehrliche Musik, die dir brutal die Schädeldecke spaltet oder je nach Genre andere Assoziationen hervorruft. Dass eine Band wie HORRESQUE all dies in sich zu vereinen vermag und quasi vom Schlag weg ein gewaltiges Ausrufezeichen bar jeden Kompromisses setzt, ist dabei der schönste Nebeneffekt von „Chasms Pt. I – Avarice and retribution“. So brutal die Musik auch ist: Wer es gerade dadurch schafft, mich debil grinsend vor der Anlage hocken zu lassen und ab und an auftauchende Erinnerungen an andere Bands ganz schnell wegzuwischen in der Lage ist, hat definitiv etwas richtig gemacht! Wem leicht angeschwärzter Death Metal gut reinläuft, wird hier eh zuschlagen müssen; allen anderen sei gesagt: Reinhören! PLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten

Schon jetzt ist das Album im Webshop des Labels als auf 500 Exemplare limitiertes Digipack erhältlich. Vermutlich wird es auch einen digitialen Release geben, mehr dazu am Releasetag selbst wie immer auf der Facebook-Seite von Black Salvation.

HORRESQUE // © 2020 Horresque

HORRESQUE – Chasms Pt. I – Avarice and retribution
Blackened Death Metal from Germany
The Crawling Chaos Records
Running time: 49:24 minutes
Release date: February 7th, 2020 (all formats)

The Crawling Chaos Records Webshop
The Crawling Chaos Records Bandcamp
The Crawling Chaos Records Facebook
Horresque Facebook

Review © 2020 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation

Anregungen? Kritik? Immer her damit...

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.