KING – Coldest of cold

KING – Coldest of cold // © 2019 Indie Recordings / King

Fragt man mich mittlerweile, was ich an etwas moderner klingendem Black Metal gut finde, dann lautet meine Antwort meistens: Weil es Black Metal ist, der frisch und aggressiv klingt und nicht an überholten Klischees klebt. Denn seien wir ehrlich: So geil man auch so manche Band findet, die ihr Heil in den Neunzigern sucht, so sehr darf man auf der anderen Seite auch die Frage stellen, ob diese Rückwärtsgewandtheit langfristig gut für die Szene und die Musik an sich ist. Wirklich gute Musik zeichnet es doch gerade aus, dass sie sich ohne Rücksicht auf irgendeine Szenepolizei ganz natürlich entwickelt. Was vor drei Jahren auch zu dem sehr guten Debüt der Australier KING geführt hat, das quasi ein Foreshadowing auf das in diesem Jahr sehr ausgeprägte Revival im Melodic Black Metal war. Revival ist natürlich auch so ein böses Wort, das man vielleicht etwas weniger häufig gebrauchen sollte – und da schließe ich mich selbst mit ein! Fokusieren wir uns also lieber ganz auf die Musik des uns in wenigen Tagen erreichenden zweiten Albums des Trios, „Coldest of cold“.

Sobald die ersten Töne des Openers „Conquer“ aus den Boxen schallen, fühlt man sich direkt in eine Zeit zurückversetzt, als Immortal mit „At the heart of winter“ einer neuen Generation von Fans wunderbare Musik bescherrten und Satyricon sich einem moderneren Klangbild öffneten. Aggressiv, extrem nach vorne peitschend, ohne in blindes Wüten zu verfallen und mit großartigen Breaks und Tempiwechseln ausgestattet setzt man direkt ein gewaltiges Ausrufezeichen, das vom melodischen und epischen Riffing in „Mountains call“ noch getoppt wird. Dank der ordentlich knallenden Produktion schafft es das Trio zudem, dem Sound dieselbe Dichte zu verschaffen, die auch das eben schon erwähnte „At the heart…“ damals auszeichnete. Besonders deutlich wird dies in im Midtempo-Bereichen angesiedelten Tracks wie dem Titelsong „Coldest of cold“, dessen Mix aus Aggression und Melodie extrem kurzweilig ist und schlicht und ergreifend Spaß macht. Richtig: Spaß! Denn dieses effektive und dennoch abwechslungsreiche Songwriting schafft es, den Hörer innerhalb kürzester Zeit ausgepowert und mit höllischen Nackenschmerzen vor der Anlage nach Luft schnappen zu lassen. Tracks wie „One more war“, der Quasi-Signature-Song „King“ oder „In the light of the new sun“ kommen dabei weiterhin so wuchtig aus den Boxen und gönnen keine Atempause, dass selbst das im Tempo etwas reduziertere „In the light…“ unglaublich intensiv wirkt. Das Niveau, auf dem sich das Songwriting bewegt, ist dabei erstaunlich hoch, was sich allerdings erst nach und nach offenbart und man tiefer in die Tracks eingetaucht ist. Mit „Beyond the exosphere“ hat man es zudem geschafft, etwas komplexere Arrangements ebenso durchdringend zu gestalten, dass das Hymnische im Chorus unfassbar episch wirkt. Dies ist im Grunde auch die einzige Stelle des Albums, in der man sich einen etwas wärmeren Sound gewünscht hätte. Das jedoch ist Krititk auf hohem Niveau, denn die durch den Albumtitel implizierte Kälte trifft das moderne Soundbild haarscharf. Zweien der letzten drei Songs des Albums hat man schließlich etwas beinahe rockiges im Unterton mitgegeben, so dass „Star“ und „Ways of the forest“ eine gewisse Lockerheit in das Album einbringen, was man auf einem ansonsten reinrassigen Black-Metal-Album auch erst einmal schaffen muss. Dass man sich für den Albumcloser „My master, my sword, my fire“ für einen nochmals sehr treibenden Track entschieden hat, beendet das Album mit einem Knall und lässt einerseits klingelnde und blutende Ohren zurück – andererseits jedoch auch die Befriedigung, einem der besten Releases im Melodic Black Metal gelauscht zu haben. Ich bin schwer begeistert!

Seit mehr als zwanzig Jahren stellt sich mir permanent die Frage, warum musikalischer Anspruch im Black Metal bei großen Teilen der Szene immer noch so schlecht aufgenommen wird. Die Antwort ist denkbar simpel: Weil man dem Genre immer noch die Philosophie der prägenden zweiten Welle zu Grunde legt. Was meiner Ansicht nach in 2019 denkbar falsch ist, haben sich doch sämtliche Gesetzmäßigkeiten in der Gesellschaft und damit auch im Musikbusiness grundlegend geändert. 25 Jahre nach diesem riesigen Impact auf die Metalszene gehört Black Metal in all seinen Ausprägungen fest dazu – ob das nun so mancher Künstler wahrhaben will oder nicht. Im Grunde ist die modernere Ausrichtung vieler Bands eine Flucht nach vorne: Weg von der Borniertheit des Undergrounds und hin zu einem Songwriting, das unverbraucht, aggressiv und trotz seines modernen Ansatzes tief in den Neunzigern verwurzelt ist. Und genau das macht eine Band wie KING so relevant für die heutige Szene: „Coldest of cold“ ist nicht einfach nur ein frisch und modern klingendes Melodic-Black-Metal-Album. Es ist ein Statement all jenen gegenüber, die lieber in der Vergangenheit als im Hier und Jetzt leben – und wie wenig Relevanz solche Gedanken heute noch haben sollten. Dass zudem eine gewaltige Portion Düsternis im Sound zu finden ist, ist nur ein weiterer Pluspunkt, der für das Album spricht. Wer sich dieses entgehen lässt, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen! PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten

Wer den Release kommenden Freitag gar nicht mehr erwarten kann, darf sich das Album vorab schon als Pre-order im Webshop des Labels sichern, wo es als CD sowie LP erworben werden kann. Alle Infos zu den Formaten (einschließlich des digitalen) gibt es am Releasetag selbst noch einmal auf der Facebook-Seite von Black Salvation zu lesen.

KING // © 2019 King

KING – Coldest of cold
Melodic Black Metal from Australia
Indie Recordings
Running time: 44:02 minutes
Release date: November 22nd, 2019 (all formats)

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Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation

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