Es gibt wohl kaum eine andere Band, die so überzeugend und mit so viel Passion für ihren ganz eigenen Stil Musik schreibt, wie die dänische Kult-Institution DENIAL OF GOD. Von den Anfängen in den frühen Neunzigern über das Full-length-Debüt 2006 und dem sechs Jahre später erschienenen Nachfolger (dem von einem großen Teil der Metalwelt vom Stand weg zu einem der wichtigsten Alben des Jahres 2012 gehandelten „Death and the beyond“) bis hin zur vor einigen Monaten erschienenen EP „The shapeless mass“: Jede Veröffentlichung strahlt stets etwas absolut Eigenständiges aus, das oftmals obskur und weitab jeglicher Trends ist – und gerade deswegen so viele Menschen mit unterschiedlichen musikalischen Vorlieben anzieht. Ob nun der Black Metaller, der sich vom okkulten und düsteren Stil angezogen fühlt, den die Band ja auch optisch verkörpert, oder ob es der Heavy-Metal-Fan ist, der sein Heil in den düsteren und unzugänglicheren Regionen sucht, die nicht für jemanden etwas sind: Wer sich der Mischung aus Proto-Black Metal und dunklem, okkulten Heavy Metal einmal hingegeben hat, kann sich schwerlich wieder davon lösen. So sind die Wartezeiten zwischen den Alben zwar jeweils recht lange, doch macht dies die Vorfreude auf jedes neue Lebenszeichen nur umso spannender. Nach der schon großartigen letzten EP war sie nun fast schon mit Händen zu greifen, hatte man doch das Gefühl, den auf dem 2012er Album eingeschlagenen Weg noch verfeinert zu haben.
Denn eines sticht seit jeher sehr deutlich hervor, und das ist die Horror-Atmosphäre, die mit zu den Grundelementen zählt, die den Sound so unverwechselbar machen. Auch „The hallow mass“ lebt – wahrscheinlich deutlicher als jemals zuvor – von ebenjener, so dass schon der Opener „Hallowmass“ mit seinen Donnerschlägen und dem recht melancholischen Einstieg für die ersten wohligen Schauer sorgt. Und überhaupt: Mit diesem 14-Minüter einzusteigen, war wohl auch die beste Entscheidung, die man treffen konnte. Bereits in diesem Track vereinen sich so viele Facetten, dass man kaum noch hinterherkommt, sie alle aufzuzeigen. Warum auch? Sind doch die vielen Tempiwechsel, das ausdrucksstarke und solide Drumming, sowie die relativ klaren Gitarrenspuren und die knarzigen Vocals schon Gründe genug, sich erneut direkt in diesen altbekannten und vertrauten und doch auch neuen Kosmos hineinzustürzen. Spätestens mit dem Einsetzen der melancholischen Leads in der zweiten Hälfte ist man dem Album restlos verfallen und kann sich auch in den folgenden Songs, geschweige denn in den zahllosen, sich anschließenden kompletten Durchläufen, nicht mehr davon lösen. Mit dem zehnminüten Folgetrack „Undead hunger“ verändert sich das Riffing, es wird düsterer, beinahe schon hypnotisch, gibt dem Hörer auch ohne Lyrics ein beklemmendes Gefühl angesichts des Titelnamens. Dass man dem Chorus im Gegensatz dazu einen relativ gesehen freundlicheren Ton verpasst, passt ganz gut ins Konzept, leben doch auch gute Horrorfilme (speziell die wirklich alten) von einem gewissen Gegensatz aus hellen und dunklen Momenten. Und auch hier findet in der zweiten Hälfte ein gewisser Umschwung statt, werden die Songstrukturen doch viel geprägter vom klassischen, doomigen Metal, die sich auch im moderneren Black Metal ähnlicher Prägung finden lassen. Old School zeigt quasi der Moderne, wo der Teufel seinen Ursprung hat. Großartig und mitreißend! Das trifft auch auf das schon bekannte „The hallow mass“ zu, das unverändert von der EP übernommen wurde und die etwas aggressivere Note unterstreicht, die sich immer wieder auf dem Album findet. Selbst wenn man die EP in den letzten Monaten mehrere Dutzend Male gehört hat (so wie die Verfasserin), hat sich der Song nicht totgelaufen und ist nach wie vor eine extrem spannende Erfahrung – alleine schon der Zügellosigkeit wegen, die man in dieser Form eher nicht von den Dänen gewohnt ist. Einen Gegenpol dazu schafft man mit „The lake in the woods“, das zu Beginn rein akkustisch, mit sehr meditativen Vocals beginnt und nur langsam und spärlich in den Metalpart eintaucht, der sich dann jedoch mit Wucht entlädt. Zumindestens für den Moment, denn dieses Wechselspiel setzt sich nun für den Rest des Tracks fort, was ihm eine ungewöhnliche und dennoch faszinierende Anziehungskraft verleiht. Gerade die etwas zurückgenommene Gitarrenspur erweist sich als atmosphärischer Pluspunkt, der das tiefe Eintauchen in die Atmosphäre sehr leicht macht. Relativ unaufgeregt zieht man den Schlusspart an und schlägt so eine Brücke zum energischsten und kürzesten (regulären) Song des Albums,„Hour of the worm“. Der dauert keine sechs Minuten und ist zudem der aggressivste Song, den man von dem Trio seit sehr langer Zeit gehört hat. Fast schon ein wenig unspektakulär, würde er sich nicht so unfassbar gut als Kontrast zu den anderen Songs ins Gesamtkonzept einfügen. Dass zudem kein Bruch im Albumflow entsteht, liegt einerseits an dem ruhigen Mittelpart, als auch an der allgegenwärtigen Horror-Atmosphäre, die auch in diesem etwas zackigeren Moment zu Buche schlägt. Das Interludium „A thousand funerals“ leitet schließlich den Schlußtrack „The transylvanian dream“ standesgemäß mit Orgelklängen ein, dessen Melodien man auch in einigen Riffs gehört zu haben scheint. Diese Kontinuität ist wunderbar und gibt dem von unverzerrten Gitarren eingeleiteten Albumcloser einen ganz eigenen Touch. Auch hier sind es wieder die Riffs und Leads, die für ein ganz eigentümliches, herrschaftliches, episches Gefühl sorgen, dass man mit einem Schlagwort wie Transylvanien assoiiert – und man sich bspw. Bram Stoker’s Dracula zum Lesen geschnappt hat. Einen Punkt muss man an dieser Stelle noch anmerken: Sämtliche Songs beschwören Bilder vor dem inneren Auge hervor, es laufen stets kleine Filme davor ab, je tiefer man sich in der Musik verliert. Das ist etwas, was nur den allerwenigsten Bands gelingt und noch weniger schaffen dies in solcher Intensität wie dieses Trio. Dafür gebührt ihnen meine tiefste Anerkennung und wer jetzt immer noch nicht verstanden hat, wie großartig die Band ist, dem schlägt hier wohl nur noch absolutes Unverständnis entgegen. Da bleibt nur noch zu sagen: Repeat-Taste drücken und das Album einfach durchlaufen lassen. Und noch einmal.. Und nochmal…
DENIAL OF GOD sind pure (schwarze) Magie: So einfach das Konzept auch anmuten mag, so unwiderstehlich zieht es den Hörer jedesmal aufs Neue in seinen Bann. Die Kombination aus Horror-Ästhetik, Proto-Black Metal und purem Heavy Metal der düstersten Spielart ist so grandios umgesetzt, dass auch „The hallow mass“ einen vergleichbaren Impact auslösen dürfte, wie sein Vorgänger vor sieben Jahren. Sicher: Das Album ist weniger leicht zugänglich, an vielen Stellen aggressiver und viel mehr ein fast schon cineastisches Erlebnis – doch genau das macht das Album so großartig und unterstreicht den Ausnahmestatus der Dänen. Wer Wert auf spannendes Songwriting legt und weniger in Genregrenzen denkt, wer eine ordentliche Horror-Atmosphäre zu schätzen weiß und zudem lieber ein Album auf dem Plattenteller rotieren lässt, das nicht einfach nur Altbekanntes bietet, sondern auch mit kleinen, aber feinen Neuerungen aufwartet, wird hier definitiv aufs Beste bedient werden. Ich für meinen Teil bin schwer begeistert und kann schon jetzt sagen, dass das Album in meinem Jahrespoll verdammt weit oben rangieren wird! PFLICHTKAUF!!! +++ 9,5 / 10 Punkten
Bereits jetzt kann man sich das Album als Pre-order sichern, und zwar sowohl in den Webshops der Labels als auch auf deren Bandcamp-Seiten. Erscheinen wird „The hallow mass“ sowohl auf CD, digital, als auch auf 100 Stück limitiertes Tape sowie als 12″-Doppel-LP im Gatefold auf Blue Galaxy Vinyl (150 Exemplare), sowie auf 150 Exemplare limitiertem Doppel-Picture-Vinyl und nochmals 150 Stück auf klassisch schwarzem Vinyl. Am Releasetag gibt es alle diese Infos natürlich wie gewohnt noch einmal auf der Facebook-Seite von Black Salvation.
DENIAL OF GOD – The hallow mass
Black / Heavy Metal from Denmark
Osmose Productions / Hells Headbangers Records
Running time: 62:55 minutes
Release date: October 25th, 2019 (all formats)
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Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation