Es ist doch wirklich zum aus-der-Haut fahren: Da denkt man, man hat das Jahr soweit gut überstanden und allzu viele Überraschungen können nun nicht mehr kommen – und plötzlich liegt vor einem die Debüt-EP einer bis dato noch unbeschriebenen Schweizer Truppe (die vergangenes Jahr zwar bereits eine Demo herausgebracht haben, die allerdings wohl nur den absoluten Cracks bekannt sein dürfte). TEMPLE OV PERVERSION heißt das Fünfgestirn und deren selbstbetitelter Einstand vereint mal eben das Beste aus Proto-Black-, Proto-Death- und räudigstem Thrash Metal in knapp zwanzig Minuten.
Bereits das instrumentale „Intro“ hätten andere Bands zu einem durchgehenden Song verarbeitet, während man hier in schönster Teutonen-Thrash-Manier unbeschwert losholzt. Das macht direkt eine Menge Spaß, vor allem, da der Gitarrensound ordentlich sägt und das Drumming eine extrem solide Grundlage schafft. Besonders die trocken produzierte Snare gefällt mir ausgezeichnet, da sie somit generell verdammt viel Punch erzeugt und die Tracks ordentlich nach vorne drückt. Mit dreieinhalb Minuten nimmt man sich genügend Zeit, um Spannung aufzubauen, was trotz des sehr nach vorne treibenden Tempos gut gelingt. Der Übergang zu „Arrival ov the horns“ fühlt sich zunächst etwas seltsam an, was aber natürlich nur an ersten einzelnen Bassnoten liegt – ein Element, das man heute schon mit der Lupe suchen muss. Das Gewitter, das sich nach diesen ersten Sekunden über dem Hörer entlädt, ist dann ein ganz gewaltiges: Im oberen Midtempo angelegt, zeigt man all jenen „Retro“-Bands gehörig den Mittelfinger, die ach so trve tun, aber von der eigentlichen Essenz im Metal kaum bis keine Ahnung haben. Meine Freundin nannte den Track beim ersten Hören „Wahnsinn mit Struktur“ – und ich denke, das kann man ohne Weiteres so stehen lassen. Was zwar beim oberflächlichen Hören absolut chaotisch anmutet, offenbart sich sehr schnell als starkes Songwriting, das sich einen feuchten Dreck um irgendwelche Genrekonventionen schert, sondern einfach nur brutal nach vorne zieht. Denn dass man ganz genau weiß, was man tut, entfaltet sich allerspätestens bei „Forever night“, einem Black/Thrash-Monster ohnegleichen, das so manche altgediente Kapelle vor Verzweiflung in den Hades springen lassen dürfte. Das düstere, räudige Riffing erinnert an Bands wie Usurper, die ja ebenfalls in ihren besten Momenten nicht fix einem Genre zugeordnet werde können und ebenfalls diesen Ol-School-Ansatz konsequent umsetzen. TEMPLE OV PERVERSION treiben dies jedoch bis zur Perfektion und so unverkrampft, dass man schon nach dem ersten Hördurchlauf tierische Nackenschmerzen bekommt. Der Titeltrack „Temple ov Perversion“ schließlich fügt als abschließendes Element noch eine gehörige Portion Doom hinzu: Mahlende Riffs, beschwörende Vocals und ein sich nach und nach steigerndes Tempo lassen Assoziationen zu ganz, ganz alten Celtic Frost aufkommen, die genretechnisch ja ebenfalls zwischen allen Stühlen saßen. Wo eine Band wie Totengott sich eher an der „Monotheist“-Phase abarbeitet, gehen die Schweizer noch zwei Schritte weiter zurück. Man ahnt, wie Tom Warrior und Co. auf ihren ersten beiden Alben geklungen hätten, wäre der Produktionsstandard damals so hoch gewesen wie heute (und das will was heißen, waren diese doch damals alles andere als schlecht). Das ist übrigens auch ein gutes Stichwort, denn die Produktion ist bei aller Räudigkeit und allem Wahnsinn im Sound erstaunlich gut ausgefallen. Die Riffs sind jederzeit klar erkennbar, den Bass spürt man schön im Hintergrund und Drums und Vocals übertönen sich nicht gegenseitig. Für eine kleine Underground-Band ist das extrem bemerkenswert und lässt die Finger nach einem kompletten Album ordentlich jucken.
Ich bin schwer begeistert! Kaum einen Satz habe ich in diesem Jahr öfter verwendet auf Grund der hohen Anzahl großartiger Releases und kann dies nach wie vor guten Gewissens für alle diese Alben so bestätigen. Aber kein anderer Release hat mich dermaßen fies und unvorbereitet getroffen und in kürzester Zeit dermaßen mitgerissen wie diese EP. Ich bin ein alles andere als rückwärtsgewandter Mensch, auch wenn ich jederzeit Alben wie „To mega therion“, „Obsessed by cruelty“ oder „Seven churches“ einem Großteil der aktuellen Alben vorziehen würde. Diesen reinen Spirit in die heutige Zeit zu tragen und dabei bis ins Mark authentisch zu sein, das schafft sonst nur ein ganz kleiner Prozentsatz der üblichen Verdächtigen im Black Metal. Und das ist genau der Punkt, der TEMPLE OV PERVERSION so überzeugend macht: Man nimmt ihnen zu der jedem Zeitpunkt die Passion für diese Musik und das Ablehnen sämtlicher Konventionen oder Genres ab. Ob man das nun Retro nennt oder nicht: Ehrliche Musik wird sich IMMER durchsetzen! PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten
Bisher steht als Pre-order nur die digitale Version bereit, ab dem Releasetag sollte die EP jedoch ganz regulär auch als 12″-LP erhältlich sein. Der einfachste Weg führt wie immer über Facebook, auch wenn das – gemessen am Sound – natürlich fast schon ein Sakrileg darstellt. Trotzdem: Spätestens am Releasetag werden alle Infos rund um die Veröffentlichung auch auf der Facebook-Seite von Black Salvation zu finden sein.
TEMPLE OV PERVERSION – Temple ov Perversion
Black Metal from Switzerland
Clavis Secretorvm
Running time: 20:02 minutes
Release date: October 12th, 2019 (all formats)
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Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation