BELENOS – Argoat

BELENOS – Argoat // © 2019 Northern Silence Productions / Belenos

Zu behaupten, dass ich französischen Black Metal mag, wäre wohl noch stark untertrieben: Natürlich lege ich mir keine Beschränkungen auf, was die Herkunft einer Band angeht oder in welchem Genre sie unterwegs ist – doch gerade die französischen Bands haben die Verquickung von Stilelementen zu wahrer Perfektion gebracht, so dass es äußerst schwer ist, überhaupt noch Einflüsse herauszuhören (es sei denn, man legt sich stur auf ein ganz bestimmtes Subgenre fest). In keinem anderen Land finden sich zudem stark ausgeprägte avantgardistische Züge, die ein ganzes Genre füllen können, wie in Frankreich. Eine Band (oder vielmehr ein Ein-Mann-Projekt) wie BELENOS, bei dem sich klassischer Black Metal skandinavischer Prägung mit zahlreichen Elementen aus dem Pagan Black Metal der Mitt-Neunziger sowie einer sehr Folk-inspirierten Einstellung vermengen, hat daher vom Start weg einen großen Bonuspunkt bei mir. Das Spektrum, das man abdeckt, ist also recht reichhaltig, weswegen es auch nicht verwunderlich ist, dass man hin und wieder auch etwas schwächere Releases veröffentlicht, die ein wenig den Fokus vermissen lassen. So wie das 2016 erschienene „Kornôg“, dem in der Rückschau trotz großer Abwechslung und vieler erstklassiger Ideen etwas die Dynamik fehlte und es somit ’nur‘ ein sehr gutes Album war. Man durfte also gespannt sein, wie sich das neue, in wenigen Wochen erscheinende und mittlerweile achte Album „Argoat“ geben würde.

Um es direkt auf den Punkt zu bringen: Ich bin schwer begeistert! Denn schon der Opener „Karvden“ bricht sich berstend vor Energie seine Bahn aus den Boxen. Und schon hier wird deutlich, dass der Sound deutlich wuchtiger als auf dem Vorgänger ist, was die Riffs sowie das Drumming anbelangt. Das einzige, was mich persönlich etwas nervt, sind die klickenden Kickdrums – aber das mag auch Geschmackssache sein. Viel wichtiger ist, dass auch hier wieder viel Wert auf eine abwechslungsreiche Instrumentierung gelegt wird: So finden sich neben ordentlich angezerrten Gitarren auch beinahe klare Spuren, die das doch recht heftige Geballer in der ersten Hälft angenehm auflockern. Auch stimmtechnisch ist die Palette weit gestreckt: Von (recht tief gehaltenen) Black-Metal-Vocals bis hin zum hymnischen Chanting ist so ziemlich alles vertreten. Und ich kann mir nicht helfen, ich habe ständig ganz alte Borknagar im Ohr (zweites bis viertes Album), wenn ich dieses Album laufen lasse. Was beileibe nicht die schlechteste Referenz ist, geht man im Großen und Ganzen jedoch eigene Wege. Denn wo sich die Norweger recht schnell vom wüsten Black Metal der Anfangstage lösten, ist dieser bei BELENOS unter der Oberfläche immer noch zu spüren, wie man in „Bleizken“ oder auch dem fantastischen Titeltrack „Argoat“ feststellen wird. Die Kompromisslosigkeit, mit der man die Songs nach vorne drückt, ist dabei extrem bemerkenswert. Trotz einiger kleinerer Ruhepole innerhalb der Tracks selbst verlassen diese niemals eine einmal eingelegte Spur. Und die zieht schnurgerade geradeaus. Es bedarf keiner hellseherischen Kräfte, um zu erahnen, was man mit dem Album erreichen und welches Gefühl man in den Hörern selbst erwecken möchte. Wer einmal dem ersten Höhepunkt „Nozweler“ mit seinen atemberaubend schönen Tempiwechseln gelauscht hat, wird wissen, wovon ich spreche. Mit „Huelgoat“ setzt sich diese Erfahrung noch weiter fort und besonders in diesem Track ist das Riffing sehr gelungen, finden sich doch viele verschiedene Schichten, die alle eine etwas andere Stimmung transportieren. Raserei und Epik in sieben Minuten wären wohl die entsprechenden Schlagworte, derer man sich bedienen könnte. Und ja, im Grunde treffen diese auch auf das restliche Album zu, wären sie hier nicht nahe dran an der Perfektion. Etwas erdiger wird es in der zweiten Albumhälfte (die sich praktischerweise auch über die zweite LP erstreckt): Den Folk-Elementen wird hier etwas mehr Raum eingeräumt, auch wirken einige Tracks etwas getragener, was man trotz der durchgezogenen Kickdrum alleine durchs Riffing erreicht. „Dishualder“ ist somit eher im Pagan Black Metal anzusiedeln, was jedoch keinen Bruch im Albumflow verursacht, sondern diesen im Gegenteil bis zuletzt spannend hält. Denn mit dem sehr düsteren „Duadenn“ hält zusätzlich noch ein sehr düster und bedrohlich wirkender Track Einzug in den Reigen hochklassigen Songwritings, der dem Album eine weitere Facette hinzufügt. Für den Albumcloser „Steuziadur“ behält man diese drückende Atmosphäre bei, wechselt jedoch wieder in die höheren Geschwindigkeitsregionen, so dass man den Abschluss schön rund gestaltet hat und ihn mit dem Outro „Arvestal“ noch vervollständigt. Großartig!

Wie schon gesagt: Ich bin erneut schwer begeistert! All die Elemente die sich auf „Argoat“ finden – rasender Black Metal, Elemente aus Pagan und Folk, die generelle Atmosphäre, Riffing, und und und… – verbinden sich zu einem Album, das ebenso essentiell für den aktuellen Black Metal ist, wie so manche Alben der kommerziell erfolgreicheren Bands. Es braucht nicht immer eine überbordende visuelle Präsenz, um authentisch zu sein. Manchmal reicht es, auch einfach nur hohe musikalische Klasse zu besitzen und das bestmögliche aus dem Songwriting herauszuholen. Dass BELENOS sich darauf verstehen wie wenige andere, dürfte nach den ersten Hördurchläufen dieses Album klar sein. PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten

Durch die Umstrukturierungen des Label-Webshops sind Vorbestellungen in diesem derzeit nicht möglich. Zum Glück gibt es die Ausweichmöglichkeit Bandcamp, wo man das Album schon jetzt als reguläre CD, als auf 500 Exemplare limitiertes A5-Digipack, digital, sowie als 12″-Doppel-LP im Gatefold auf schwarzem Vinyl (limitiert auf 200 Stück) vorbestellen kann. Das grüne Vinyl ist zum Zeitpunkt des Reviews bereits vergriffen.

BELENOS // © 2019 Belenos

BELENOS – Argoat
Black Metal from France
Northern Silence Productions
Running time: 52:59 minutes
Release date: September 20th, 2019 (all formats)

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Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation

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