TENEBRAE IN PERPETUUM – Anorexia obscura

TENEBRAE IN PERPETUUM – Anorexia obscura // © 2019 Debemur Morti Productions / Tenebrae in Perpetuum

Auf der großen Black-Metal-Weltkarte gibt es im Grunde keine weißen Flecken mehr; umso erstaunlicher ist es, dass man dort im südeuropäischen Raum immer noch ein Land orten kann, das zwar nicht mehr weiß dargestellt wird, aber doch in einem relativ mittleren, grauen Ton: Italien. Natürlich kann man Bands wie Death SS oder auch Bulldozer nennen, die auf jeweils ihre Weise Einfluss auf die Szene ausübten (die eine ästhetisch, die andere durch ihre Rohheit), jedoch fallen einem auf Handhieb keine wirklich relevanten Bands ein, die durchschlagend für das gesamte Genre waren. Was ein wenig schade ist, denn eine Band wie TENEBRAE IN PERPETUUM stand somit immer ein wenig in der zweiten Reihe und war ausschließlich denen bekannt, die sich nicht nur auf die Bands aus Skandinavien oder Südamerika konzentrierten. Ob dies nach neun Jahren und drei Alben mit ein Grund für den vorläufigen Split in 2010 war, kann ich zwar nicht bestätigen – denkbar wäre es jedenfalls. Zumal man sich nun wieder auf ein neues Album freuen kann, dass zehn Jahre nach dem letzten sehr neugierig auf sich macht. „Anorexia nervosa“ ist somit nicht nur eine nach langer Zeit wieder aufgenommene Kontinuität, sondern fast so etwas wie ein kleiner Neubeginn.

Natürlich arbeitet man immer noch mit den selben Stilelementen, die man auch schon in der Vergangenheit nutzte: Viel Elektronik als Gleichgewicht zum eher langsam sich nach vorne mahlenden Black Metal mit wenigen Tempoausbrüchen, vom heiseren bis zum fast manischen Schreien agierende Vocals und Drumpatterns, die wohldosiert und genau richtig eingesetzt sind. Das scheinbare Fehlen jeglicher Songstrukturen ist dabei ebenso konsequent umgesetzt wie auch irreführend. Man weiß ganz genau, welche Parts eher den gängigen Konventionen entsprechen und welche den Hörer brutal aus eben diesen herausreißen sollen. Die Art und Weise, wie dies geschieht, eröffnet sich allerdings auch erst nach zahlreichen Durchläufen – was nicht nur eine Belastungsprobe für das Gehör, sondern auch für die Nerven ist. Das Album gehört zu der mittlerweile seltenen Art, in der einzelne Hörbeispiele ebenso sinnlos sind, wie das analysieren einzelner Parts. Man kann es nur im Kontext verstehen und nachvollziehen; auch wenn das bedeutet, dass man sich extrem lange damit beschäftigen muss, ehe so etwas wie eine Öffnung entsteht, hinter der sich nach und nach zumindestens einzelne Elemente hervorschälen. Das bedeutet natürlich nicht, dass man „Anorexia nervosa“ dann auf Dauerrotation laufen lassen kann – dafür ist es wahrlich nicht gemacht! Langfristig betrachtet ist es jedoch genau die Art von Release, auf den man jahrelang warten muss und der den Hörer aus der sich zwischenzeitlich gebildeten Komfortzone unbarmherzig herausreißt und aufzeigt, welche dunklen Kräfte im Black Metal wirklich verborgen liegen. Einfach ist der Einstieg in diese Musik zwar nicht; wer jedoch die etwas unkonventionellen Sachen von Mayhem zu schätzen weiß („Grand declaration…“, „Orde ad chao“ und stellenweise „Esoteric warfare“), nur um einiges kränker in Richtung Abruptum verschoben, der dürfte es wohl noch am einfachsten haben. Am Ende bleibt da nur zu sagen: Ben fatto, signori!

Eines sollte man sich unbedingt klar machen, bevor man „Anorexia nervosa“ durch seine Anlage jagt: Dieses Album ist eiskalt, verstörend und (im besten Sinne) krank. Näher an Bands wie Abruptum als am „gewöhnlichen“ Black Metal werden hier Soundungetüme aufgebaut, die den Hörer tief ins Mark treffen und die Verzweiflung ins schier Unendliche treiben. TENEBRAE IN PERPETUUM waren und sind immer noch keine Band, die man aus dem Regal zieht, weil man Bock auf geile Musik hat – man muss definitiv in der richtigen Stimmung dafür sein, sonst machen künstlerisches Wirken und Atmosphäre den Hörer schlagartig absolut kaputt. Diesen (selbst-)zerstörerischen Aspekt findet man in der heutigen Szene viel zu selten und das sollte man auch anerkennen. KAUFEMPFEHLUNG!!! +++ 8,5 / 10 Punkten

Wer sich das Album schon vor Release sichern möchte, der sollte schnellstens den Webshop des Labels bzw. dessen Bandcamp-Shop aufsuchen. Denn gerade die Vinyl-Versionen sind bereits so gut wie vergriffen. Neben der Digipack-CD und dem digitalen Format erscheint „Anorexia nervosa“ noch als 12″-LP auf schwarzem Vinyl (150 Exemplare) sowie als Sonderedition auf weißem Vinyl entweder im weißen Slipcase (53 Exemplare) oder im schwarzen Slipcase (54 Exemplare). Am Releasetag selbst wird es alle Infos um die dann noch verfügbaren Formate natürlich auch auf Black Salvation geben.

TENEBRAE IN PERPETUUM // © 2019 Tenebrae in Perpetuum

TENEBRAE IN PERPETUUM – Anorexia obscura
Black Metal from Italy
Debemur Morti Productions
Running time: 40:37 minutes
Release date: August 30th, 2019 (all formats)

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Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation

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