ROTTENDAWN – Occult

ROTTENDAWN – Occult // © 2019 Saturnal Records / RottenDawn

Wenn man von einem wirklich maßgebenden Genre im Metal spricht, dass sich stilübergreifend in allen Richtungen finden lässt, dann ist das natürlich der gute, alte DOOM! Ob nun als reine Lehre, in Verbindung mit Heavy oder Black Metal oder weiß der Geier in wie vielen verschiedenen Kombinationen – die Vielfältigkeit, die sich hier findet, ist für Uneingeweihte beinahe schon beängstigend. Waren es in den Siebziger- und Achtziger-Jahren vor allem Bands wie Black Sabbath, Trouble, Saint Vitus und natürlich Candlemass, die bis heute maßgeblich für das gesamte Genre sind, entwickelte sich in den Neunzigern aus der Verbindung von Doom und Death irgendwann der echte Gothic Metal (Growls statt Elfengeträller und melodische, downgetunte Riffs) sowie in der Folgezeit die riesige Bandbreite an verschiendesten Stilblüten und -richtungen, deren Entwicklung bis heute anhält. Gerade der schwermütige Doom/Death erlebt derzeit wieder seinen x-ten Frühling, auch wenn man ehrlicherweise konstatieren muss, dass es nur eine Handvoll wirklich überzeugender Bands gibt, die trotz aller Schwere im Sound auch mit genügend Dynamik arbeiten, damit man nicht in (meist belanglosen) Funeral Doom abdriftet oder der Hörer vor Langeweile einschläft. Zu den hoffnungsvollen Newcomern, die sich in diese Riege einreihen, gehören nun ROTTENDAWN, die in einigen Wochen ihr schon vor eineinhalb Jahren angekündigtes Debüt „Occult“ jetzt endlich in die Läden hieven können. Obwohl man es mit alten Hasen im Business zu tun hat – die Mitglieder waren bzw. sind in so illustren Bands wie Unholy, Impaled Nazarene und Abhorrence tätig -, kann man guten Gewissens sagen, dass hier etwas ganz Eigenes entstanden ist, was wir nun einmal Stück für Stück auseinandernehmen werden…

Wenn man bereits den Opener „The final lament“ betitelt, spricht das in der Regel für das große Selbstvertrauen der beteiligten Musiker. Dass dies durchaus angebracht ist, kann man bereits den oben aufgezählten Bands entnehmen, jedoch auch rein auf dieses Debüt bezogen herausstellen. Wie ein langsames Mahlwerk arbeitet sich der Track vorwärts, die Riffs atmen stets und viel alten Death Metal und sind mit ihrem Drop-C-Tuning einfach nur mächtig anzuhören. Besonders gut gefällt dabei die immer mal wieder aufblitzende, melodische Note, die zwar nur unmerklich vorhanden ist, jedoch schon die ersten Farbtupfer in diesem sonst pechschwarzen Album setzen kann. Und dass man es hier nicht mit einer sich an Referenzen abarbeitenden Truppe zu tun hat, macht spätestens das folgende „Burn´til burial“ klar: Würde man rein vom Titel her ein etwas zackigeres Stück der Marke Cathedral oder Trouble erwarten, dominiert jedoch auch hier der schwere Doom/Death-Sound, lediglich die Riffs lassen hin und wieder leichte Anleihen erkennen. Was man ROTTENDAWN jedoch schon an dieser Stelle attestieren kann, ist die Eigenständigkeit, mit der man seine Einflüsse verarbeitet. So kann man das Break zu Beginn des letzten Drittels im Song und das sich daraus ergebende Solo zwar durchaus als Referenz an solche Bands betrachten – allerdings ist dies eher ein Statement: „da kommen wir her, aber das ist nicht der Weg, den wir gehen wollen“. Diesen zeigt man mit Tracks wie dem atmosphärischen und mit (Synth-)Orgeln unterlegten „Dusk demons“ oder auch mit einem stellenweise etwas treibenderen wie „Dawn dwellers“ auf. Gerade letzteres mit seinem beinahe schon an klassischen Doom erinnernden Mittelteil bricht die Düsternis des Albums wunderbar auf und fügt dem Album eine Dynamik hinzu, die man nicht sonderlich oft in dieser Sparte findet. Einen kurzen Ausreißer gibt es schließlich mit „Ode to Pjotr“, ein nur eine knappe Minute dauernden Thrash-Klopfer, den man nicht wirklich im Gesamtkonzept betrachten sollte und der auch nicht weiter stört. Denn schon mit „Et voi taas kuollakaan“ hat man wieder einen Track im Gepäck, dessen Riffs dem Hörer zu Beginn so deutlich, wie in keinem anderen Stück, das Siebziger-Flair förmlich ins Gesicht spucken; dies in Verbindung mit dem schon allzu bald wieder einsetzenden schweren Grundsound stellen den Song schon ein gutes Stück über die anderen. Sobald jedoch die hochmelodischen Leads einsetzen, ist es komplett um den Hörer geschehen: So kurz diese Momente auch sein mögen, so unwiderstehlich graben sie sich ins Gedächtnis ein. Und wegen ebensolcher Momente hört man schließlich Musik, oder etwa nicht? Mit „Zero lifes left“ stellt man nochmals einen Track in ebendiese Richtung, dessen Leads so melancholisch und hoffnungsvoll klingen, dass Titel und Lyrics ihnen regelrecht Hohn spotten. Das ist ganz große Kunst und definitiv der Höhepunkt des Albums. Der zehnminütige Schluss- und Titeltrack „Occult“ ist dagegen nochmals ein schwerer, sich nur langsam nach vorne schleppender Ausbund an Dunkelheit und allem, was diese düstere Spielart des Doom ausmacht. Einen stärkeren Kontrapunkt zu den beiden vorangegangenen Songs hätte man nicht finden können und als Albumcloser funktioniert er ebenfalls so gut, als dass er den Hörer vollkommen leer zurücklässt. Ich sage das in den letzten Monaten zwar ziemlich oft, aber erneut bin ich mal wieder schwer begeistert!

Bei aller Begeisterung über die mittlerweile zahllosen hervorragenden Alben im klassichen Metal, oder auch im Black und Death Metal, kann es vor lauter Euphorie schon mal passieren, dass man die graue Eminenz namens Doom etwas unter den Tisch fallen lässt. Das jedoch wäre ein fataler Fehler, würden einem doch sonst solche Doom/Death-Perlen wie „Occult“ entgehen. Die Verschmelzung aus klassischem Doom mit dem Death Metal der Frühneunziger sowie die kleinen, aber feinen Elemente in so manchem Lead aus dem klassischen Metal ist hier so gut gelungen, wie selten zuvor auf einem Album dieser Klasse. Dass man gekonnt Berührungspunkte zu anderen Bands umschifft und lieber etwas Eigenes erschaffen möchte, nimmt man ROTTENDAWN in jedem Moment ab, in dem das Album in der Anlage rotiert. Was man hier auf die Beine gestellt hat, ist jeder Ehre im Genre wert – gerade deswegen, weil man sich für das Album Zeit nehmen muss und man es nicht mal „so nebenbei“ laufen lassen kann. Großartig! PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten

Bereits jetzt ist „Occult“ als Pre-order im Webshop des Labels bzw. auf Bandcamp erhältlich. Am Releasetag selbst gibt es alle Infos rund um die Formate natürlich noch einmal auf der Facebook-Seite von Black Salvation zu lesen.

ROTTENDAWN // © 2019 RottenDawn

ROTTENDAWN – Occult
Doom / Death Metal from Finland
Saturnal Records
Running time: 59:56 minutes
Release date: September 6th, 2019 (all formats)

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Saturnal Records Bandcamp
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Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation

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