So sehr ich es auch liebe, bei Bands alleine schon anhand ihrer Herkunft Vermutungen anzustellen, in welchem Genre sie sich bewegen könnten, so langweilig kann das auf Dauer auch werden. Klar, das widerspricht sich und ich habe ja auch schon an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass ich das im Großen und Ganzen nicht mache. Höchstens mal aus Spaß und dann auch nur in gemütlicher Runde mit Freunden. So auch im Falle von CELESTIAL GRAVE: Als vor zwei Jahren deren EP „Pvtrefactio“ erschien, war mir das Duo bis dahin noch kein Begriff und beim ersten Durchhören saß ich gerade mit ein paar Freunden zusammen, die alle beim Schlagwort Finnland auf Melodic Black oder Bestial Black Metal tippten, einschließlich mir. Dass der Stil jedoch wesentlich vielfältiger war, überraschte uns alle und wirklich jeder war ausnahmslos begeistert von den beiden Tracks. Nun liegt das Promomaterial zum Anfang Juli erscheinenden Debüt „Secular flesh“ vor mir und ich war sehr gespannt, inwieweit sich der Sound weiterentwickelt hat.
Eines lässt sich positiv zu Beginn feststellen: Die Songs sind vielschichtiger geworden und fahren ein gerüttelt Maß an Atmosphäre auf, die man diesem sehr rohen, irgendwo zwischen Raw und Atmospheric Black Metal pendelnden Sound erst mal gar nicht zutraut. Doch schon der Opener „Lamentation“ zeigt, wie sehr es das Duo versteht, die einzelnen Komponenten geschickt ineinander zu verweben und somit ein ganz eigenes Klangbild zu erschaffen. Die Riffs sind aggressiv bis melodisch, das Drumming ein in Musik geformter rasender Irrwisch und die Vocals finden ihren Ausdruck sowohl im Black-Metal-typischen Kreischen als auch in gegrowlten Passagen. Durch den (gewollten) extrem rohen Sound scheint jedoch immer auch ein Händchen für die passende Stimmung eines Songs hindurch. Wirkt besagter Opener stellenweise durchaus hymnisch, geht der folgende Titeltrack „Secular flesh“ einen etwas anderen Weg und legt diesem eine etwas düsterere Grundstimmung zugrunde. Denkt man sich hier einen klaren Sound, so hat man ein verflucht starkes Stück Black Metal vor sich liegen, dem es weder an Intensität noch an songwriterischer Klasse fehlt. Alleine schon das morbide Aufheulen am Schluß erinnert an den Ruf einer Banshee und passt so wunderbar ins Soundgefüge, dass einem kalte Schauer über den Rücken gejagt werden. Mit purer Aggression wartet man in „Gasping from lips of night“ auf, die sich jedoch weder in sich überschlagendem Tempo noch in brutalem Riffing niederschlägt, sondern in erster Linie durch die drückende Atmosphäre des Songs, der mit einem zum niederknieen schönen Lead in der zweiten Hälfte aufwarten kann und unterstreicht, wieviel Gespür für aufregende Songs das Duo mitbringt. Der Schlusstrack „Calamitous love“ bringt sogar das Kunsstück fertig, alle genannten Facetten so kunstvoll ineinander zu verweben, dass von Moment zu Moment die eigene Stimmung schwankt wie ein Schilfrohr im Wind: erhabenes Riffing, nach vorne peitschendes Drumming, traurige Leads – das alles macht das Album zu einer gelungenen Sache und zeigt, wieviel kreatives Potential selbst in einer vermeintlich so durchschaubaren Szene wie Finnland steckt. Großartig!
Wie so oft an dieser Stelle habe ich im Großen und Ganzen nur einen Krititkpunkt: Und das ist der Sound. Mir ist natürlich klar, welche Stimmung man damit erzielen will, von daher ist das Kritik auf hohem Niveau. Doch es schmerzt mich, daran zu denken, wie viel Talent unter diesen rohen Soundkaskaden verborgen liegt, das man sich als Hörer mühsam erlauschen muss. Nichtsdestotrotz muss man dem Duo hohe songwriterische Klasse attestieren und zugeben, dass mit „Secular flesh“ ein fantastisches Debüt vorliegt, das den Black Metal zwar auf keine neue Stufe hebt oder neue Impulse setzen wird, aber dafür verdammt viel Spaß macht, sobald man sich an die Rohheit gewöhnt hat, unter der die eine oder andere Perle zu finden ist. KAUFEMPFEHLUNG!!! +++ 8,5 / 10 Punkten
Ab dem Releasetag ist das Album im Webshop des Labels sowie über dessen Bandcamp-Seite zu beziehen, und zwar als CD, 12″-LP sowie digital. Alle Infos gibt es dann natürlich wie gewohnt auch auf der Facebook-Seite von Black Salvation.
CELESTIAL GRAVE – Secular flesh
Black Metal from Finland
Iron Bonehead Productions
Running time: 31:20 minutes
Release date: July, 5th, 2019 (all formats)
Iron Bonehead Productions Webshop
Iron Bonehead Productions Bandcamp
Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation