EREBOS – A flame that pierces with a deadly cold

EREBOS – A flame that pierces with a deadly cold // © 2019 Northern Silence Productions / Erebos

Atmospheric Black Metal-Bands eilt ja gerne mal der Ruf voraus, jedes Jahr ein Album herausbringen zu müssen. Die Polen EREBOS gehen da sogar noch einen Schritt weiter und veröffentlichen in wenigen Wochen ihr mittlerweile fünftes Album seit 2017. Der große Vorteil bei diesem Tempo war sicherlich, dass man bisher rein instrumental arbeitete, was zum einen das Schreiben von Lyrics ersparte, zum anderen deren Umsetzung. Auf dem neuen Streich „A flame that pierces with a deadly cold“ ändert man diese Heransgehensweise nun etwas. Auf drei der insgesamt sechs Songs hat man mit Lane Chaplin von den US-Blackdoomern Armorer einen Vocalisten mit ins Boot holen können, der dem Projekt auf die nächste Stufe verhilft. Und hier setzt direkt auch der größte Kritikpunkt ein: Denn so sehr der Gesang an Silenius von Summoning in den tieferen Lagen erinnert, so muss man diesen Tracks leider auch zugestehen, dünner als die restlichen zu klingen.

Und dennoch: Dem Reiz des Albums kann man sich schwerlich entziehen – besonders, wenn man eine Affinität zu den Werken J.R.R. Tolkiens hegt, dessen lyrisch anspruchsvolle Atmosphäre aus den Büchern direkt in die Instrumente geflossen zu sein scheint. Sicher: Der Abstand zu einer Band wie Summoning beträgt Welten. Von der Hand zu weisen ist jedoch nicht, dass man Bands wie Caladan Brood oder Emyn Muil durchaus das Wasser reichen kann, bzw. auf deren Wellenlänge schwimmt. Und das sind sicherlich nicht die schlechtesten Referenzen. Doch schauen wir uns die Songs einmal genauer an:

Der Opener „The onslaught of Morgoth“ beginnt bereits mit einer Melodie, die in ihrer Schönheit durch wenig anderes aus dem Genre übertroffen wird. Den Einsatz von (Synth-)Bläsern finde ich ja generell gut in diesem Genre, besonders die tiefen Fanfaren, wie man sie auch von den Österreichern kennt. Die schlichte Romantik hält jedoch nicht lange vor, denn der Mittelpart wird von einer düsteren Marschrichtung dominiert, die sich atmosphärisch richtig gut einfügt, ebenso wie die Vocals. Schön ist auch, dass man diesen romantischen Unterton mit in das folgende „The starless vale“ hinübernimmt, dessen Kontrapunkt die sehr tief gestimmten Gitarren sind. Und hier zeigt sich der große Unterschied zu vielen anderen Bands im Atmospheric Black Metal: Gerade die rein instrumentalen Songs strotzen nur so von Kraft, man scheut sich nicht vor ausufernden Solos und die Übergänge zu ruhigeren Parts verlaufen ohne große Umschweife. Das Intro zu „Of dawn and dusk“ ist die wahrscheinlich größte Referenz an die schon mehrmals erwähnten Österreicher: So kurz es auch ist, man hat dennoch zumindest leicht das Gefühl, dass der Track bald in einen typischen Summoning-Song übergeht. Jedoch begeht man nicht diesen Fehler und bleibt lieber seiner eigenen Marschrichtung treu. Will heißen: instrumentell sehr ausgeprägte Songs und ein Songwriting, dass immer wieder besonders die Gitarrenarbeit in den Vordergrund stellt. Auch sind die Vocals eine Bereicherung des Sounds, trotz der schon bemerkten Soundprobleme. Instrumentelle und mit Vocals unterlegte Tracks wechseln sich ab, so dass „Mists of ruin“ wieder mit seinen wunderbaren Melodien glänzen kann. Die große Überraschung ist allerdings „Whirlwinds of flame“, das aus dem Atmospheric-Korsett ausbricht und seine Wurzeln eher im Melodic Death Metal zu haben scheint. Natürlich hat der Track auch atmosphärische Parts, die weitestgehend dominieren. Eine gelungene Abwechslung ist das Riffing aber allemal, auch die Vocals binden sich wieder gut ein. Das Outro „Ashes and crumbled stone“ ist der düsterste Track auf dem Album (von dessen Grundthema ich mir für die Zukunft mehr wünschen würde), das mit 34 Minuten fast schon ein wenig zu kurz geraten ist und den Hörer mit dem Gefühl zurücklassen wird, dass soundtechnisch ein wenig mehr hätte drin sein müssen, man aber dennoch ziemlich viel Spaß gehabt hat.

Ich muss wieder einmal zugeben, dass es etwas gedauert hat, bis ich mit dem Album warm geworden bin. Das mag zum einen an meinen generellen Vorbehalten liegen, die ich in Bezug auf Atmospheric Black Metal habe, zum anderen hat mich anfangs die Diskrepanz in der Produktion zwischen den rein instrumentalen Songs und den mit Vocals unterlegten gestört. Nach einigen Durchläufen jedoch konnte ich darüber hinweg sehen, da die Songs selbst ausdrucksstark und abwechslungsreich sind. Und das ist letztlich genau das, was man von einem Album erwartet. Und das sage ich als ausgemachte Soundfetischistin, die üblicherweise nicht müde wird zu betonen, wie wichtig eine druckvolle und knallende Produktion ist. Aber, hey: Wenn ein Release es schafft, mir wie im Falle von „A flame that pierces with a deadly cold“ pures Kopfkino zu bescheren und mich förmlich über ganz Mittelerde, Númenor und Valinor schweben zu lassen, dann kann er so schlecht nicht sein. Für die Zukunft ein wenig mehr Feintuning, und ja, auch ein bisschen mehr Druck in die Songs, dann dürfte man sich schon relativ bald auf dem Weg in die erste Riege befinden. KAUFEMPFEHLUNG!!! +++ 8 / 10 Punkten

Das Album bedindet sich bereits in der Pre-order und kann sowohl im Bandcamp-Shop des Labels bzw. dessen Webshop geordert werden. Erhältlich ist es als Digipack-CD sowie digital.

EREBOS // © 2019 Erebos

EREBOS – A flame that pierces with a deadly cold
Atmospheric Black Metal from Poland
Northern Silence Productions
Running time: 34:00 minutes
Release date: April 12th, 2019 (all formats)

Northern Silence Productions Webshop
Northern Silence Productions Bandcamp

Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation

Anregungen? Kritik? Immer her damit...

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.