SEAX – Fallout rituals


SEAX – Fallout rituals // © 2019 Shadow Kingdom Records

Den meisten Metallern aus meiner Generation (ich selbst bin zarte 40) geht es so: Je älter man wird, desto öfter greift man wieder auf Bands oder Stilrichtungen zurück, die einen in jungen Jahren an den Metal herangeführt haben und irgendwann die Initialzündung gaben, dass es nichts Geileres auf dem Musikmarkt (oder im Leben) gibt, als eben Metal! Im Falle der Rezensentin waren das klassischer Heavy Metal, ruppiger Thrash und atemlos machender Speed Metal. Doom natürlich nicht zu vergessen, aber den habe ich erst später richtig verstehen können – mit ein wenig Lebenserfahrung im Rücken. Die aus Massachusetts stammenden Speedster SEAX gehören zu dieser Sorte Bands, die mir, auch wenn sie erst seit 2009 existieren, einen wohligen Schauer über den Rücken laufen lassen und einfach puren Wahnsinn durch ihren High Speed Metal transportierten. Auf ihrem mittlerweile vierten Album, „Fallout rituals“, das Anfang April bei Shadow Kingdom Records erscheinen wird, geben sich die Hochgeschwindigkeitstracks erneut die Klinke in die Hand.

Und egal, welchen man aus dem Album herauspickt: Vom Intro „Fallout“ bis zum Schlusstrack „Born to live fast“ gibt es nicht einen einzigen Ausreißer nach unten zu verzeichnen. Jeder Track ist absolut over the top, so dass man 42 Minuten später schweißnass vor der Anlage kniet und erneut auf Play drückt. Sobald das Intro wieder aus den Boxen schallt, steht man schon mit gereckter und geballter Faust im Raum und wartet auf den Erstschlag in Form von „Rituals“: Und der ist einfach nur eines: pures Tempo! Die Riffs schneiden dir ins Fleisch, schälen dir die Haut von den Knochen, das Drumming lässt dich vom Zuhören schon ins Schwitzen kommen und der Bass drückt ordentlich von hinten in die Magengrube. Und dann sind da noch die Vocals: Zwischen hoch und schneidend hoch, fragt man sich unwillkürlich, warum manche Zeitgenossen blöd-doofes Kreischen im Black Metal so toll und authentisch finden. Nein, meine Herren, DAS hier ist authentisch! Denn die Stimme von Frontsirene Carmine Blades hat ordentlich Druck in den Stimmbändern, was dem Album einfach nur gut tut. Eine Granate wie „Killed by speed“ kommt so erst richtig zur Geltung, das schlicht und einfach ein Paradebeispiel für das Genre ist und vermutlich recht schnell zur neuen Hymne jeder Menge Speed-Maniacs werden wird. „Bring down the beast“ und das etwas variabler im Riffing arbeitende „Feed the reaper“ sind ebensolche Geschosse, wenn auch um eine Winzigkeit langsamer, um den Schwerpunkt nun auch auf das Songwriting zu legen. Denn das besteht nicht nur als schnellen, zusammengeklopften Riffs, sondern man merkt schon recht schnell, dass hier absolute Könner an den Instrumenten am Werk sind.

In diesem Zusammenhang fällt mir wieder ein Zitat von Charly Steinhauer (Paradox) ein, der vor einer halben Ewigkeit mal in einem Interview sagte, dass „man bei dieser Art von Musik richtig zocken können muss“. Dem kann man sich nur anschließen. Was auch „Interceptor“ und „Winds of atomic death“ unter Beweis stellen. Blendet man einfach mal die Vocals und das Drumming aus und konzentriert sich komplett auf die Gitarrenarbeit, fallen einem erst richtig die vielen kleinen Licks auf, die für viel Akzentuierung im Riffing sorgen. „Legions arise“ zieht das Tempo dann unmerklich wieder ein Stückchen weiter an, was dem Album im letzten Viertel noch mal einen ordentlichen Adrenalinschub verpasst. Dem wird auch mit „Riders of the Oldworld“ Rechnung getragen. Ach ja: Habe ich schon die Backing-Shouts erwähnt, die man übers Album verteilt immer wieder mal in den Refrains findet? Nein? Dann hole ich das jetzt nach, da diese einfach super funktionieren, nicht aufgesetzt wirken und zudem eher selten verwendet werden. Das ist mit ein Grund, weshalb ich „Fallout rituals“ so großartig finde: Man wiederholt sich nicht, sondern jeder Track hat etwas ganz Eigenes und kann sowohl für sich alleine stehen, als auch im Albumkontext überzeugen. Mit dem Albumcloser „Born to live fast“, dessen Riffing wohl noch am ehesten diesen typischen Achtziger-Touch hat, beendet man schließlich einen weiteren Durchlauf, indem man wieder schweißnass vor der Anlage sitzt und ein weiteres Mal auf Play drückt.

„Fallout rituals“ gehört zu der Sorte Metal-Alben, die man nur einmal auf den Plattenteller schmeißen muss, um zu wissen, dass man dieses noch in zwanzig Jahren regelmäßig hören wird. Hier stimmt einfach alles: Produktion, instrumentales Können, Vocals, die einem die Eier abschneiden und natürlich Speed, Speed, Speed! Und dank Bands wie SEAX wird auch dieses Genre weiterleben – und zwar auf einem verdammt hohen Niveau, denn dieses Album dürfte wohl mit zu den absoluten Genrereferenzen zählen! PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten

Abschließend gebe ich jedem Speed-Maniac noch einen Rat: Vorbestellen! Die Erfahrung zeigt, dass gerade das Vinyl verflucht schnell weg sein wird. Das wird es 200-mal auf schwarzem und immerhin 800-mal auf hellblauem Vinyl geben. Desweiteren natürlich auf CD sowie als limitiertes Tape (100 Exemplare). Und ja, digital auch. Aber mal ehrlich: Wer braucht das bei dieser Art Musik schon…

SEAX // © 2019 Seax

SEAX – Fallout rituals
Speed Metal from the USA
Shadow Kingdom Records
Running time: 41:52 minutes
Release date: April 5th, 2019 (all formats)

Shadow Kingdom Records Webshop
Shadow Kingdom Records Bandcamp
Seax Bandcamp

Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation

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