Wenn ich eines wirklich liebe, dann ist es das Wühlen in einer so großen und aktiven Underground-Szene wie der französischen. Kein anderes Land hat im Moment ein so vitales Selbstbewusstsein – und egal, ob man absolut rohen Black Metal sucht oder avantgardistisch angehauchten, man wird definitiv fündig. So ist es auch keine große Überraschung, dass sich mit TRISTE TERRE das nächste Projekt aufmacht, die Szene im Sturm zu nehmen. Nach drei EP’s und einer Compilation erscheint im März nun endlich das Debüt „Grand oeuvre“. Und dieser Titel ist verdammt gut gewählt, da ich selten ein Album im Occult Black Metal gehört habe, dass so selbstverständlich mit Elementen aus dem Atmospheric Black Metal spielt und dennoch düster und erhaben klingt.
Schon das Intro zum Opener „Oeuvre au noir“ ist mit seiner leicht ambient-artigen Atmosphäre ein spannender Einstieg, der sich, sobald TRISTE TERRE voll einsteigen, nach und nach zu einem gewaltigen Track hin entwickelt. Zunächst eher getragen gehalten, führt man den Hörer nach und nach an das Erlebnis dieser gut 13 Minuten heran. In seltenen Fällen zieht man das Tempo minimal an, was in erster Linie durch die immer mal wieder nur sporadisch durchgedrückte Doublebass erzeugt wird. Für einen Opener ist das fast schon mutig, da man sich so vollständig darauf verlassen muss, dass einen die Atmosphäre ins Album hineinzieht. Und das gelingt: Seien es die beschwörenden Vocals, die weder Gekeife noch Gegrunze sind, sondern die für das Genre üblichen, in mittleren Tonlagen gehaltenen oder sei es das ausdrucksstarke Riffing, das stets zwischen Atmosphäre und Okkultismus schwebt – man ist sofort zutiefst beeindruckt. Auch der nahtlose Übergang ins zeitweilig etwas schnellere „Corps glorieux“ funktioniert, da es sich wie eine Fortführung des Openers anfühlt. Gerade die nun noch intensiveren Vocals sowie das sich in okkulte Regionen verschobene Riffing machen hier einen großen Reiz aus. Generell muss man sagen, dass sich das Album wie ein einziger, langer Track anfühlt, da die Übergänge zwischen den Songs fast nicht zu spüren sind und es sich so eher um Breaks hin zum nächsten Element handelt. „Nobles luminaires“ bildet da keine Ausnahme. Der einzige Unterschied ist: Je länger und tiefer man in die Songs eintaucht, desto intensiver wird das Erlebnis. Die Tempiwechsel sind hierbei der große Pluspunkt, da diese stets an den gefühlt richtigen Stellen zur Atmosphäre beitragen. Ein Ausbruch wie zu Beginn des zweiten Drittels des Tracks wirkt somit extrem stark, vor allem durch das relativ schnell wieder heruntergenommene Tempo. Apropos Tempo: Das nimmt seine Anleihen immer auch aus dem Doom, unterlegt dies mit Black Metal-Riffs und pendelt so zwischen Funeral Doom-artigen Passagen und okkultem Black Metal hin und her. Ein perfektes Beispiel dafür ist „Grand architecte“, dass sich größtenteils richtig zähflüssig durch die Boxen bewegt, so dass das sich anschließende „Lueur émérite“ mit seinem wieder etwas angezogenen Tempo ein willkommener Kontrast ist. Der nahtlose Übergang ist fantastisch gelungen und spätestens hier zeigt sich, welchen Einfluss eine gute Produktion auf ein Album haben kann. Denn die ist verdammt gut: Irgendwo zwischen druckvoll und atmosphärisch, hört man jede Nuance heraus, die sich hinsichtlich der Instrumentierung finden lässt, sei sie noch so sehr nur als dezent unterstreichendes Element hinzugefügt worden. Und in Zeiten, in denen nach wie vor viele ähnlich geartete Bands eine eher dumpf klingende Soundkullise auffahren, ist die saubere Arbeit hier ein weiterer Pluspunkt, der für den Anspruch TRISTE TERRE’s spricht, ein rundum gelungenes Werk zu veröffentlichen. Das wird vom Album-Closer „Tribut solennel“ perfekt abgerundet und bildet für die 65 Minuten einen würdigen Abschluß.
Bereits auf den sehr guten EP’s zeichnete sich ab, dass hier etwas ganz Großes entsteht. Selten genug kommt es vor, gerade im Occult Black Metal, dass den Alben ein hohes Maß an natürlicher Atmosphäre innewohnt. Die Verbindung zwischen okkulten und atmosphärischen Stilelementen funktioniert einfach fantistisch. „Grand oeuvre“ spielt auf einem so hohen Niveau, dass sich viele andere Bands aus diesem Segment daran ein Beispiel nehmen dürften, egal, wie hochklassig sie bereits sind. TRISTE TERRE zeigen mit diesem Debüt, dass es gerade die kleinen Underground-Bands sind, in denen noch das wahre Feuer brennt. Wer sich dieses Album entgehen lässt, dem ist definitiv nicht mehr zu helfen. PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten
Das Album wird zunächst als CD und Download erhältlich sein. Wünschenswert wäre definitiv noch ein Release auf LP, aber ob dieser kommt, ist wohl eher fraglich (oder eine Frage der Zeit). Wer sich „Grand oeuvre“ bereits jetzt sichern möchte, kann das per Pre-order tun. Die Links findet ihr wie gewohnt am Ende.
TRISTE TERRE – Grand oeuvre
Occult Black Metal from France
Les Acteurs de l’Ombre Productions
Running time: 65:18 minutes
Release date: March 15th, 2019
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Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation