Manchmal müssen es einfach ruhigere Töne sein. Wer ebenso wie die Rezensentin das Gefühl hat, dass der übliche Krach, der durch die Boxen dröhnt, doch nicht alles gewesen sein kann, der ist beim zweiten Album des schwedischen Ein-Mann-Projekts NASHEIM genau richtig: „Jord och aska“ ist eine musikalisch sehr aufregende Reise in Gefilde jenseits von Geschrubbe, Gekreische und Tod-und-Teufel-Plärrerei. Black Metal bildet zwar immer noch irgendwie die Grundlage unter dem Ganzen, jedoch ist das nur die unterste Ebene. Denn darüber baut sich Schicht für Schicht ein Klangkosmos auf, der viel zu bieten hat.
Am offensichtlichsten ist dabei eine gehörige Prise Doom. Nicht der schwermütige, finstere Funeral Doom, den man erwarten könnte. Vielmehr ist es die melancholische Variante, die sich über alles legt und etwas beinahe Besinnliches in sich trägt. Dem kommt auch eine gehörige Portion progressiver Elemente zugute, die sich über das Album verstreut immer wieder finden. In erster Linie durch Breaks und Tempiwechsel bedingt, ist es vor allem der verschachtelte Songaufbau, auf dem das Schlagwort „progressiv“ ruht. Dennoch sind die Tracks logisch nachvollziehbar. Denn so anspruchsvoll die Musik auch sein mag – wirklich einsteigen in sie kann man erst nach mehreren Durchläufen; am besten unter Kopfhörern, da die Musik so am besten wirkt. Ich würde allerdings empfehlen, die Lautstärke ein wenig hochzudrehen, da das Album doch ziemlich leise gemischt wurde. Was schade ist, da so die eingestreuten und stets presenten Folkelemente ein wenig untergehen. Die sorgen für einen sehr meditativen Einstieg in den Opener „Att sväva över vidderna“. Dieser 20-Minuten-Brocken schafft es, die vorher genannten Elemente zu einer ganz eigenen Mischung zu verquicken, die in vielen Rhythmus-Parts eher an getragenen Gothic Rock erinnert, denn an ein Projekt aus dem extremen Metal-Umfeld. Und das ist die große Kunst, die sich durch das ganze Album zieht: Man vermittelt Emotionen, ohne dabei emotionellen Weltschmerz auszudrücken. Der melancholische Grundton erinnert viel mehr an die Vergänglichkeit allein Seins, das auch gut im nur fünf Minuten kurzen „Grå de bittert sådda skogar“ umgesetzt wird. Nur sehr schleppend bewegt sich der Track nach vorne und gerade das sich immer wiederholende Riff sorgt hier für einen interessanten Sog bis hinein ins akkustische Ausklingen. Gerade dieses Riff, das sich auch immer wieder im letzten Song „Sänk mig i tystnad“ findet, gibt dem Album zudem eine Kontinuität, die wirklich gut durchdacht wurde. Das abrupte Ende sorgt zudem dafür, dass man zunächst einige Zeit benötigt, um wieder in den Normalmodus zu finden. Hier direkt wieder auf ‚Play‘ zu drücken, ist eher suboptimal, da man in diesen 42 Minuten völlig gefangen wurde und das erst einmal verarbeiten muss. So geht spannendes Songwriting!
Nein, „Jord och aska“ ist kein Album zum einfach mal nebenbei hören. Man muss Zeit mitbringen, um wirklich in diese Klangwelt eintauchen zu können. Ist das jedoch erst einmal gelungen, dann möchte man dieses Kleinod nicht mehr missen. Der einzige Kritikpunkt, den ich anbringen kann, ist der zu leise Mix. Das ist allerdings Kritik auf hohem Niveau. Denn selbst, wenn man die Anlage lauter stellt, sind es gerade die leisen Töne des Albums, die überzeugen. Die Vielschichtigkeit in den Stilelementen ist es jedoch letztlich, die es zu dem machen, was es ist: Eine aufregende Reise in die Vergänglichkeit allen Seins. Wer meditativem und nachdenklichem Black Metal etwas abgewinnen kann, ist hier genau richtig. KAUFEMPFEHLUNG!!! +++ 8 / 10 Punkten
„Jord och aska“ wird sowohl als CD, limitierte LP als auch als Download erhältlich sein. Bereits jetzt könnt ihr es als Pre-Order bei Northern Silence bestellen, wozu ich auch dringend raten würde, gerade, wer sich die LP zulegen möchte. Die würde ich des wärmeren Klanges wegen übrigens empfehlen.
NASHEIM – Jord och aska
Black Metal from Sweden
Northern Silence Productions
Running time: 41: 59 minutes
Release date: February 22nd, 2019 (all formats)
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Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation