TRESPASSER – Чому не вийшло?

TRESPASSER – ому не вийшло? // © 2019 Heavenly Vault / Trespasser

Würde ich meine CD- und Plattensammlung nach Ländern sortieren, dann hätte Schweden neben Norwegen wahrscheinlich den meisten Anteil daran. Die dort ansässigen Bands, die entweder regelmäßig neue hochklassige Alben veröffentlichen oder die komplett neu aus dem Boden schießen und den Alten gehörig Konkurrenz machen, ist wahrlich Legion. Bestes Beispiel dafür sind TRESPASSER, die seit ihrer Gründung 2017 bereits drei Demos rausgefeuert haben und im vergangenen Oktober ihr Debüt „ому не вийшло?“ (ukrainisch für „Why didn’t it happen?“) veröffentlichten. Zuerst auf Tape erschienen bekommt das Album nun dank dem Leipziger Label Heavenly Vault den verdienten Release als LP. Das soll Grund genug sein, sich diesen Release vorzunehmen.

„Hunted like wolves“ ist ein verdammt brutaler Einstieg, so viel sie gesagt. Seit Ewigkeiten, so kommt es einem vor, hat man nicht mehr diese unbändige Energie von den ersten Takten an gespürt. Und die erste Band, die sich einem mehr und mehr ins Hirn windet, ist Marduk. Denn ebenso wie die Landsmänner in ihrer Phase Ende der 90er wird hier gnadenlos nach vorne geballert. Das ganze jedoch immer auch mit einer gewissen Prise Melodie versetzt, wie unter anderem der Beginn von „Black flags on a blood-red horizon“ zeigt. Dieser Abwechslungsreichtum zieht sich durch die kompletten 31 Minuten des Albums und lässt es somit alles andere als stumpf wirken. Denn das immer wieder zurückgenommene Tempo gibt dem Hörer die benötigten Atempausen, bevor man erneut durchstartet. Und auch textlich geht man andere Wege, die man (leider) im Black Metal viel zu selten findet: Die Lyrics sind geprägt von Anarchie, Revolution und Anti-Faschismus, was ein willkommener und vor allem extrem wichtiger Ansatz ist im Gegensatz zu vielen anderen Bands, die Kriegsthemen behandeln. Auch wenn man sich ausschließlich auf den ukrainischen Bürgerkrieg 1917 bis 1921 stützt, macht dies gerade einen Track wie „To the barricades“ noch authentischer, der zudem auch nicht vor dem Einsatz interpretierter Kampflieder am Ende des Songs zurückschreckt. So geht Atmosphäre! „Death to fight death“ ist im Anschluss eine richtige Walze: zunächst im oberen Midtempo angesetzt, treibt man den Song schon bald wieder extrem nach vorne, gönnt ihm ein akkustisches Break im letzten Drittel und führt das Ganze dann brutal zu Ende. Rollende Drums und MG-Feuer sind ja ein immer gern genutztes Element in diesem Segment des Black Metals, aber selten genug passt es so gut wie hier als Intro zu „Tachanka“ (ein von Pferden gezogener Kampfwagen mit einem MG im Heck). Mittlerweile fällt auch auf, dass sich bei dem Album keine Ermüdungserscheinungen einstellen, so wie das oftmals passiert bei ähnlich gearteten Releases. Auch hier gönnt man dem Track ein Outro mit Kampfeshymnen, die, rein vom akkustischen her, sogar von Originalaufnahmen stammen könnten. Großes Kopfkino! Bevor man das Finale einläutet, stellt man diesem noch „The execution of Grigor’ev“ zur Seite, das mit seinen Breaks und Tempiwechseln einer der abwechslungsreichsten Songs dieses Albums ist und fast ohne Übergang den Weg zum Closer „Miscreant dawn“ freimacht. Und der klingt, als ob Asphyx statt Death- nun Black Metal mit ihrem Doom verbinden und außerdem mit Marduk jammen würden. Der Track ist einfach nur pure aggressive Epik! Das ist die Art, mit der man solch einen Gewitterschlag wie „Чому не вийшло?“ beendet…

Da kann man wirklich nur sagen: Leute, holt euch diesen Schatz ins Haus! Denn wer genau wie ich der Meinung ist, dass gerade eine Band wie Marduk mittlerweile keinen Biss mehr hat, der hat mit TRESPASSER nun endlich würdige Nachfolger gefunden! Hier stimmt einfach alles: das Aggressionslevel ist extrem hoch, die Songs sind spannend aufgebaut und man spürt, dass hier wirkliche Enthusiasten am Werk sind. Diese Art von Black Metal wird niemals unmodern oder retro, solange Alben wie „ому не вийшло?“ erscheinen! PFLICHTKAUF!!! +++ 9 / 10 Punkten

Jetzt aber schnell zur Bandcamp-Seite des Labels gewechselt und sich das Album geordert! Natürlich auf LP, so wie sich das gehört; auch wenn ich neidlos anerkennen muss, dass der Sound auch digital ordentlich Wumms hat. Trotzdem: Vinyl ist immer vorzuziehen!

TRESPASSER // © 2019 Trespasser

TRESPASSER – „ому не вийшло?“
Black Metal from Sweden
Heavenly Vault (LP, digital) / Iron Front Productions (Tape)
Running time: 31:33 minutes
Release date: June 14th, 2018 (Tape, self-relased) / October 1st, 2018 (Iron Front Productions) / February 7th, 2019 (Heavenly Vault)

Heavenly Vault Bandcamp

Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation

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