HERMANN – Disart Brut: Mausoleum

HERMANN – Disart Brut: Mausoleum // © 2018 Bleeding Heart Nihilist Productions / Herman

Dass ich auch ganz gerne mal in genrefremden Gefilden herumschnüffel, ist ja allseits bekannt. Denn gerade abseits der üblichen Pfade findet man oftmals richtig interessante Bands und Alben. Die Berliner HERMANN gehören zu dieser seltenen Spezies Bands, die sich wenig um Konventionen kümmern und stattdessen lieber ihre eigene Vision verfolgen. Und die heißt Black Metal vermengt mit jeder Menge zähflüssigem Crust, der oftmals die Randgebiete zum Sludge streift. Im August vergangenen Jahres veröffentlichte man das zweite Album „Disart Brut: Mausoleum“ – und das hat mich mehr als nur einmal an die Altväter von Bethlehem erinnert.

Schon das Intro „intrauma“ ist eine verstörende Klangcollage, die sich einfach nur tief ins Hirn windet und vollständig lähmend auf den Rest des Körpers einwirkt. Der Sturm bricht schließlich mit „pervitin“ los: Nach vorne treibende Drums, ein ziemlich nach Frühneunziger-Darkthrone klingender Gitarrensound (dieses Break nach dem ersten Drittel !!) und die fiesen Vocals zwischen Growls und blackigem Keifen sind ein exzellenter Startschuß in das, was noch kommt. Selbst das in diesem Track verwendete Akkordeon wirkt nicht wie ein Fremdkörper, sondern wie ein natürlich dazugehörendes Element. „der marder.angstmilch.die amputation“ fügt sich übergangslos in dieses Konzept ein, nimmt jedoch das Tempo phasenweise ordentlich raus und fühlt sich an wie ein Bastard aus alten Totenmond und Bethlehem auf „Dictius te necare“. Und da dieses Album bekanntlich zu meinen ewigen Top 10 gehört, fühlt sich „Disart Brut: Mausoleum“ schon jetzt seltsam vertraut an. Der pure Wahnsinn tritt allerdings in Form von „die pauke 4 mal“ auf: Ein sich wie Pech ziehendes, fieses Monster aus zähflüssigem Sludge und Crust, bei dem dir jeder Schlag auf die Snare wie ein Hieb in die Magengrube vorkommt. Dass die Grundlage hierfür ein osteuropäisches Totenlied ist, mag man gar nicht glauben, denn so eine Interpretation bekommt man nicht alle Tage präsentiert. Den kompletten Gegenpart gibt das rasend schnelle „herz ungewolft“, das zum ersten Mal auf diesem Album puren Black Metal bietet, ohne Schnörkel und Schwurbeleien, und dem Album somit eine weitere Facette hinzufügt. Besonders die Darkthrone-Einflüsse schimmern hier immer wieder hervor: Die Riffs hätten auch gut auf „A blaze in the northern sky“ oder „Under a funeral moon“ gepasst. Dass man es dennoch schafft, absolut eigenständig zu bleiben, ist den Berlinern hoch anzurechnen. „zitzenwald“ führt die eingeschlagene Richtung fort, tendiert in der Gitarrenarbeit allerdings wieder eher in crustige Gefilde. Ein kurzes Intermezzo von nicht mal drei Minuten, das den Weg frei macht für den Albumcloser „schaedelbourgh halbmast“: Der holt noch einmal alles aus dem zähflüssigen Totenmond / Bethlehem-Mix heraus, was nur geht und ist einfach nur ein gewaltiger Brecher. Dass man zum Ende hin den Kreis zum Intro schlägt und das Album so ausfaden lässt, ist nur das letzte Tüpfelchen auf dem i. Ein in sich geschlossenes Werk, dass definitiv noch viele, viele Durchläufe geschenkt bekommt.

Beim ersten Durchlauf konnte ich gar nicht so recht erfassen, was da gerade über mich hinweggerollt war. Sicher, die Einflüsse HERMANN’s sind eindeutig und dennoch ist das vorliegende Album nichts, was man eben mal so nebenbei hört. Am besten erschließt es sich unter dem Kopfhörer, denn so kann man wirklich jede kleinste Nuance im Sound heraushören. Und dennoch schafft man es, auch für den ‚Alltagsgebrauch‘ geeignet zu sein. Anlage aufdrehen und einfach den ganzen Frust aus sich herauslassen. Dieses Kunststück gelingt heutzutage nur noch den wenigsten Bands im extremen Metal. HERMANN sind eine davon und damit sowohl aus diesem Grund wie auch ihres grandiosen Songwritings wegen eine wirkliche Bereicherung für die Szene. PFLICHTKAUF!!! +++ 8,5 / 10 Punkten

Wer sich dieses Album noch in seine Sammlung stellen möchte, kann es nach wie vor im Webshop von Bleeding Heart Nihilist als CD oder LP erwerben oder es sich sowohl auf LP wie digital im Bandcamp-Shop der Band zulegen.

HERMANN // © 2018 Hermann

HERMANN – Disart Brut: Mausoleum
Black Metal / Crust from Germany
Bleeding Heart Nihilist Productions
Running time: 38:46 minutes
Release date: August 6th, 2018 (all formats)

Bleeding Heart Nihilist Productions Webshop
Hermann Bandcamp

Review © 2019 Beatrice Sophia von Siedler / Black Salvation

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